Süddeutsche Zeitung

Mitarbeiterin der deutschen Botschaft stirbt in Beirut:"Unsere schlimmste Befürchtung hat sich bestätigt"

Außenminister Maas muss den Tod einer Mitarbeiterin der deutschen Botschaft mitteilen. Eine weitere Diplomatin wurde schwer verletzt. Die Bundesregierung hat Hilfskräfte nach Libanon beordert.

Von Daniel Brössler und Mike Szymanski, Berlin

Als die gewaltige Explosion große Teile von Beirut in eine Trümmerlandschaft verwandelt, sind viele Mitarbeiter der deutschen Botschaft zu Hause. Für den Krisenstab im Auswärtigen Amt in Berlin ist es daher nicht leicht, sich einen Überblick zu verschaffen. Klar ist von vornherein, dass die Katastrophe auch die deutschen Diplomaten kaum verschont haben dürfte. Doch sind nur Wohnungen zerstört? Oder haben manche auch Verletzungen davongetragen, sind gar Todesopfer zu beklagen? "Unsere schlimmste Befürchtung hat sich bestätigt. Eine Angehörige unserer Botschaft in Beirut ist durch die Folgen der Explosion in ihrer Wohnung ums Leben gekommen", muss Außenminister Heiko Maas dann am Donnerstag mitteilen. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien "in tiefer Trauer um die Kollegin".

Über die Diplomatin werden aus Rücksicht auf die Familie keine weiteren Angaben gemacht, aber die Betroffenheit ist groß im Ministerium. "Allen, die wie unsere verstorbene Kollegin jeden Tag auf der ganzen Welt im Dienst für unser Land große persönliche Risiken eingehen, gilt mein Dank", versichert Maas. Eine weitere deutsche Diplomatin ist schwer verletzt worden und wurde in eines der völlig überlasteten Krankenhäuser gebracht. Sie sollte noch am Donnerstag nach Deutschland ausgeflogen werden.

Weitere Botschaftsmitarbeiter wurden leichter verletzt. Viele ihrer Wohnungen seien allerdings stark beschädigt, heißt es in einem Schreiben des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Niels Annen, an den Auswärtigen Ausschuss des Bundestages. Auch das Bürogebäude im Stadtteil Dekwaneh, in dem die Kanzlei der Botschaft untergebracht ist, wurde in Mitleidenschaft gezogen. Die Diplomaten konnten allerdings ausweichen in ein bisher für Konsulatsaufgaben genutztes Gebäude in Rabieh. Dort wurde ein Krisenstab eingerichtet.

Angelaufen ist mittlerweile auch die deutsche Hilfe. Um 10.29 Uhr stieg am Donnerstag auf dem Flughafen Köln-Bonn eine Global 5000 der Flugbereitschaft auf. An Bord der Maschine, mit der sonst Politiker unterwegs sind, ist ein medizinisches Erkundungsteam. Es sollte noch im Laufe des Tages eine erste Lageeinschätzung geben. In Köln-Bonn steht auch ein Airbus A-310 bereit, der der Bundeswehr als "fliegende Intensivstation" dient. Bis zu 44 Patienten kann der Flieger aufnehmen, sechs davon können versorgt werden wie auf einer Intensivstation. Gedacht ist die Maschine eigentlich für den Fall, dass Soldaten im Einsatz verwundet werden. Aber wenn die Bundesregierung Ländern in Not Hilfe anbietet, dann schickt sie häufig diesen Flieger. Auch die Korvette Ludwigshafen am Rhein, die sonst vor der Küste Libanons auf UN-Mission ist und zum Zeitpunkt der Explosion in Limassol auf Zypern ankerte, ist um sieben Uhr Ortszeit wieder in Richtung Beirut in See gestochen. Außerdem könnte die Bundeswehr ein Feldlazarett dorthin bringen. Das Angebot steht. Auch das Technische Hilfswerk ist im Einsatz.

"Unsere erste Priorität ist nun schnelle Hilfe. Sorgen machen wir uns aber, welche Folgen die Katastrophe für die Stabilität Libanons hat", sagte Staatsminister Annen der Süddeutschen Zeitung. Das werde "auch von Reformen im Land abhängen".

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SZ vom 07.08.2020/kit
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