Bei Treffen mit Lammert:Neuer Vorstoß gegen übergroßen Bundestag

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Eine Helferin sortiert Briefwahlstimmen zur Bundestagswahl. (Foto: Inga Kjer/dpa)

Der Bundestag könnte auf 700 Abgeordnete anwachsen. Norbert Lammert fordert deshalb eine Änderung des Wahlrechts. Jetzt hat die SPD einen Vorschlag präsentiert.

Von Robert Roßmann, Berlin

Wie wichtig ihm das Thema ist, hat Norbert Lammert bereits in der ersten Sitzung des aktuellen Bundestags deutlich gemacht. Gleich nach seiner Wiederwahl zum Parlamentspräsidenten forderte Lammert die Abgeordneten auf, das Wahlrecht zu ändern. Das war am 22. Oktober 2013, doch passiert ist praktisch nichts. Lammert hat seitdem einen Vorstoß nach dem anderen unternommen, um die drohende Vergrößerung des Bundestags von regulär 598 auf bis zu 700 Sitze zu verhindern - doch bei den Fraktionen stieß er damit nicht gerade auf Gegenliebe. Jetzt ist der öffentliche Unmut über die Untätigkeit aber zu groß geworden. Am Donnerstagabend kamen Vertreter von Union und SPD zusammen, um über Änderungen des Wahlrechts zu beraten.

Auf der Präsidialebene des Bundestags trafen sich die Generalsekretäre von SPD und CSU, Katarina Barley und Andreas Scheuer, sowie Christine Lambrecht und Gabriele Fograscher für die SPD-Fraktion und Stephan Harbarth und Hans-Peter Uhl für die Unionsfraktion. An der Sitzung nahmen auch Lammert und Bundestagsdirektor Horst Risse teil. Beschlüsse gab es keine. Die SPD präsentierte aber einen Vorschlag, der nun von den Fachleuten im Innenministerium begutachtet werden soll. Am 15. Dezember will die Runde dann wieder zusammenkommen.

Derzeit gibt es 630 Abgeordnete. Wenn die Wahl 2017 so ausgeht, wie es die aktuellen Umfragen vorhersagen, säßen im nächsten Parlament nach einer Prognose des Portals election.de 687 Abgeordnete. Das liegt unter anderem daran, dass seit der Wahl 2013 alle Überhangmandate ausgeglichen werden müssen.

Der jetzt von der SPD ins Spiel gebrachte Vorschlag setzt seinen Hebel aber nicht daran, sondern an einer anderen Stelle an. Bisher wird bei der Ermittlung des Mindestmandatsanspruchs, den ein Bundesland im Bundestag hat, die Zahl der deutschen Einwohner in diesem Land zur Grundlage genommen. Das heißt, diese Mindestmandatszahl ist nicht von der Wahlbeteiligung abhängig. Der SPD-Vorschlag will dies ändern. Künftig soll nicht mehr die Bevölkerungszahl berücksichtigt werden, sondern nur noch die Zahl der Zweitstimmen, die in diesem Land für Parteien abgegeben wurde, die die Fünf-Prozent-Hürde übersprungen haben. Bei der Wahl 2013 hätte es mit dieser Methode lediglich 614 Sitze im Bundestag gegeben.

Die Wahrscheinlichkeit, dass das Wahlrecht noch geändert wird, ist aber gering. Das liegt nicht nur daran, dass die Zeit inzwischen knapp geworden ist. Die Bereitschaft zu Änderungen ist auch aus einem profanen Grund nicht ausgeprägt: Eine Verkleinerung des Parlaments bedeutet auch eine kleinere Chance, wieder in den Bundestag einzuziehen. Aber auch ohne neues Wahlrecht werden es die Abgeordneten 2017 schwerer haben als bei der Wahl 2013.

Damals profitierten Union, SPD, Grüne und Linke davon, dass FDP und AfD - wie viele Kleinparteien - an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten. Insgesamt fielen damals wegen der Sperrklausel mehr als 15 Prozent der Zweitstimmen bei der Mandatsverteilung unter den Tisch. Entsprechend höher fiel der Anteil der Abgeordneten von Union, SPD, Grünen und Linken im Bundestag aus. So kam etwa die Union mit 41,5 Prozent der Stimmen auf 49,3 Prozent der Mandate. Bei der Wahl 2017 dürfte dieser Sondereffekt wegen eines Einzugs der AfD und vielleicht auch der FDP deutlich kleiner ausfallen.

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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