Süddeutsche Zeitung

Bayernheim:Wo Anspruch und Wirklichkeit weit auseinanderliegen

Die CSU will natürlich auch beim Wohnungsbau vorangehen. Doch die bayerischen Ziele liegen noch in weiter Ferne. Immerhin: Das Tempo erhöht sich.

Von Johann Osel

Eine rege Bautätigkeit der bayerischen Staatsregierung erkennt die Opposition durchaus. Allerdings geht es da nicht um Wohnungen. "Markus Söder ist einer der besten Luftschlossbauer der Welt, aber in einem Luftschloss kann halt leider niemand wohnen", sagte dieser Tage der Grünen-Abgeordnete Jürgen Mistol im Landtag. Angesetzt war dort eine Debatte vor allem wegen der Bayernheim - der staatlichen Wohnungsbaugesellschaft, die Söder 2018 gegründet hat. Und deren Ziele voraussichtlich kolossal verfehlt werden. Im Herbst wird in Bayern gewählt, Umfragen zeigen für die CSU und ihren Koalitionspartner Freie Wähler eine klare Mehrheit. Und doch zieht eben mit der Wohnungspolitik eine Baustelle auf, die im Wahlkampf noch unangenehm werden könnte für die CSU. Weil sie direkt mit der Person Markus Söder verbunden wird, Tenor: Ankündigungsministerpräsident.

10 000 neue bezahlbare Wohnungen bis zum Jahr 2025 soll die Bayernheim in Städten und Ballungsräumen bauen, so hatte Söder vor fünf Jahren getönt. Bisher aber wurde kein einziger Schlüssel einer selbstgebauten Bude an Mieter übergeben. Die Gesellschaft zählt etwas mehr als 200 Wohnungen im Bestand, diese wurden alle ins Portfolio zugekauft; zudem befinden sich gut 800 aktuell im Bau, rund 3500 weitere seien in Planung oder Entwicklung, lautet die Bilanz der Regierung. Insgesamt seien also jetzt 4500 Wohnungen "auf den Weg gebracht". Der Bayerische Rundfunk rechnete neulich aus, wie viele Wohnungen 2025 konkret gebaut sein könnten - nur sieben Prozent von Söders Marke. 93 Prozent Ausfallquote.

Klar, dass Grüne, SPD, AfD und FDP diese Bilanz ständig in neue Begriffe gießen, "Desaster", "Rohrkrepierer", "Realsatire", "Mogelpackung". Oft begleitet von einem historischen Verweis: Als Finanzminister zeichnete Söder einst für den Verkauf Zehntausender Wohnungen der Landesbank an private Investoren verantwortlich; es folgten teils drastische Mieterhöhungen. Alternativlos wegen EU-Bestimmungen nannte die Regierung den Verkauf. "Tafelsilber verscherbelt", urteilt die Opposition bis heute.

Zur Wahrheit gehört auch: 4500 auf den Weg gebrachte Wohnungen sind nicht nichts

Zur Wahrheit bei der Bayernheim gehört aber auch: 4500 auf den Weg gebrachte Wohnungen sind nicht nichts. Beim Start der Gesellschaft und in der Pandemie ging wenig voran. Aber bliebe es beim jetzigen Tempo, dürfte man die Marke irgendwann in den Zwanzigerjahren erreichen. Es läppert sich, Vertragsabschlüsse etwa in Nürnberg und München, kürzlich hat man sich Baufelder in Regensburg gesichert, 120 Wohnungen bis Ende 2026. Söders Problem: Wäre er 2018 nicht so großspurig gewesen, hätte die Bayernheim heute nicht ein mieses Image.

"Neuen Schwung", Zitat Söder, bringt auch ein Wechsel im Bauministerium im vergangenem Jahr. Christian Bernreiter (CSU) ist übrigens schon der vierte Ressortchef seit 2018. Er könne "nicht zaubern", sagt er. Doch die Bayernheim nehme "massiv an Fahrt auf", während die private Baubranche wegen der Krise Projekte streiche. Ein bayerischer "Wohnbau-Booster" soll nun zudem Bauherren und Kommunen helfen. Das könne sich alles sehen lassen, meint Bernreiter, gerade im Vergleich zur Ampel. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) scheiterte gerade "auf ganzer Linie".

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