Süddeutsche Zeitung

Barak gründet eigene Partei:Konkurrenz für Israels Falken

Lesezeit: 2 min

Mit der Gründung einer Partei namens "Unabhängigkeit" hat sich Israels Verteidigungsminister Barak eine neue Machtbasis geschaffen. Im Streit war er aus der traditionsreichen linken Arbeitspartei ausgetreten.

Peter Münch

Mit der offiziellen Gründung einer Partei namens "Unabhängigkeit" hat sich Israels Verteidigungsminister Ehud Barak eine neue Machtbasis geschaffen. Im Januar war er im Streit als Vorsitzender aus der traditionsreichen linken Arbeitspartei ausgetreten, nun versucht er sich in der politischen Mitte zu positionieren. "Wir wollen eine demokratische und zionistische Partei sein, inspiriert vom Geist Ben Gurions und der israelischen Unabhängigkeitserklärung", sagte er auf der Gründungsveranstaltung in Tel Aviv. Applaus jedoch kam nur von bislang 80 Mitgliedern.

Inhaltlich grenzt sich die neue Partei deutlich von der rechtsnationalen Regierung ab, in der Barak an prominenter Stelle sitzt. Sie bietet den Palästinensern ein Abkommen nach den Grundsätzen der Camp-David-Verhandlungen aus dem Jahr 2000 an, in denen Barak als damaliger Premier weitreichende Zugeständnisse angeboten hatte. Alle politischen Grundsätze der Partei, die vielen Vieles bieten will, sind prägnant auf einer Seite zusammengefasst. Den Frauen wird eine größere Beteiligung an Führungsaufgaben versprochen. Die Ultra-Orthodoxen, die zum Leidwesen vieler Israelis oft allein von sozialen Hilfen leben, sollen stärker ins Arbeitsleben integriert werden.

Als Kontrast zu solch modernen Tönen wird jedoch von Kritikern der zentralistische Zuschnitt der Partei bemängelt. Nach den vielen aufreibenden Querelen in seiner alten Arbeitspartei hat sich Barak nun eine Organisation auf den Leib geschneidert, in der er weitgehend ungehindert agieren kann. Er muss sich keinen parteiinternen Vorwahlen stellen und könnte zum Beispiel auch im Alleingang Koalitionsverträge abschließen.

Bis dahin allerdings ist es noch ein weiter Weg. Denn nach jüngsten Umfragen würde die Unabhängigkeits-Partei nicht einmal die niedrige Zwei-Prozent-Hürde zum Einzug ins israelische Parlament schaffen. Barak jedoch versuchte bei seinem Auftritt in Tel Aviv, auch das ins Positive zu wenden. "Die schlechte Nachricht ist, dass wir sehr miese Werte haben", sagte er, "die gute Nachricht aber ist, dass es nur aufwärts gehen kann." Wenn jeder der 80 Versammelten 80 neue Mitglieder für die Partei werbe, könnten am Ende 20 Parlamentssitze stehen, gab er als Ziel aus.

Nach der Beteiligung an den unterschiedlichsten Koalitionen und dann noch einem Parteiwechsel gilt Barak vielen Israelis als Wendehals, dem es in der Politik vor allem um die eigenen Posten geht. Dennoch traut ihm ein Kommentator der Tageszeitung Haaretz sogar ein Comeback als Premier zu. In einer aufkommenden Krisenzeit würde der ehemalige Generalstabschef Barak mit seiner Erfahrung als Führungsfigur gebraucht. Er selbst bastelt nach Kräften an seinem Image des Mahners und Machers. Die politischen Konkurrenten verhöhnte er vor den neuen Parteifreunden schon einmal als "Opportunisten und Scharlatane".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1097331
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 14.05.2011
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.