COP 26:"I want you to stay angry"

UN-Klimakonferenz COP26 in Glasgow

"Macht mehr und mehr Druck": Barack Obama appelliert an die junge Generation.

(Foto: Christoph Soeder/dpa)

Beim Klimagipfel in Glasgow liest Ex-Präsident Barack Obama den Staaten die Leviten - und schöpft Hoffnung aus den vielen "Gretas" weltweit. Eine davon kommt aus Deutschland.

Von Michael Bauchmüller, Glasgow

Nein, auf den Titel des Time-Magazins habe er es nicht geschafft mit 16 - anders als die Schwedin Greta Thunberg. Und wenn er mal die Schule geschwänzt habe, "dann nicht wegen des Klimas". Für einen kurzen Augenblick hat Barack Obama sichtlich gute Laune an diesem Nachmittag. Ansonsten ist seine Stimmung eher trüb.

Der einstige US-Präsident ist nach Glasgow gekommen, zum Klimagipfel der Vereinten Nationen. Er ist hier immer noch ein Popstar, der Andrang ist mindestens so groß wie bei seinem Nachfolger eine Woche zuvor, wenn nicht größer. Er komme als Privatmann, sagt Obama. Er stehe nicht mehr in der ersten Reihe, und er komme nicht mehr mühelos durch jeden Stau. "Verkehr ist wieder eine Sache für mich. Aber ich kann eine Rede geben, ohne eine Krawatte zu tragen und damit einen Skandal zuhause auszulösen." Was vor allem heißt: Er kann freier reden.

Er kann etwa zugeben, dass er manchmal entmutigt sei, weil alles so langsam geht. Er kann einräumen, dass es zwar überall Klimaleugner gebe, dass sie aber in den USA besonders zäh seien. Er kann der fossilen Industrie unterstellen, dass sie nur auf den schnellen Dollar aus sei - trotz aller grünen Bekenntnisse im Fernsehen. Und er kann seine Enttäuschung darüber äußern, dass Chinas Staatspräsident Xi Jinping und Russlands Wladimir Putin der Eröffnung des Gipfels ferngeblieben sind: "Wir können uns nicht leisten, irgendwen an der Seitenlinie zu lassen."

Vor sechs Jahren, in Paris, hatte Obama zuletzt eine Rede bei einer Klimakonferenz gehalten. Die Konferenz damals machte den Weg frei zum ersten wirklich weltumspannenden Klimaabkommen. Doch schon ein Jahr später war Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten gewählt, auch mit ihm geht Obama nicht zimperlich um: Trumps Wahl habe "vier Jahre aktiver Feindseligkeit" nach sich gezogen, aber das Paris-Abkommen nicht zerstören können. Nur: Von einem Durchbruch fehle jede Spur. "Wir sind nicht annähernd da, wo wir sein müssen", sagt Barack Obama.

"Die meiste Energie hier kommt von jungen Menschen"

Und hier kommt nicht nur Greta Thunberg ins Spiel - sondern auch ihr deutsches Pendant Luisa Neubauer. "Die meiste Energie hier kommt von jungen Menschen", sagt Obama. "Sie arbeiten nicht nur für ihre eigenen Länder, sondern sie formen eine globale Bewegung." Die Welt sei "voll von Gretas". Zum Beispiel sei da die deutsche Klimaaktivistin Luisa Neubauer. "Luisa hat geholfen, eine Demo von 270 000 Menschen in Berlin zu organisieren", erzählt Obama, "um Druck auf die Parteien auszuüben, damit sie den Klimawandel ernst nehmen." Später traf er Neubauer auch noch persönlich, zusammen mit einer Reihe anderer junger Leute.

Mehr solcher jungen Führungsfiguren seien nötig. "Denn die kalte harte Nachricht ist, es wird nicht bessere Klimapläne von Regierungen geben, wenn Regierungen nicht mehr Druck von Wählern bekommen." Und dafür brauche es junge Menschen, sie sind für Obama der Schlüssel zur Lösung all dessen, was die Staaten in den vergangenen Jahren nicht hinbekommen haben - was sich als einst mächtigster Mann der Welt natürlich leicht sagen lässt.

"I want you to panic" - ich möchte, dass ihr panisch werdet, hat Greta Thunberg 2019 beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos von der globalen Elite verlangt. In Glasgow spielt Obama den Ball zurück: "I want you to stay angry", verlangt er am Ende seiner Rede von den jungen Menschen "da draußen": "Ich möchte, dass ihr wütend bleibt, dass ihr frustriert bleibt", sagt Obama. Anders lasse sich das Problem nicht bewältigen. "Macht mehr und mehr Druck. Und haltet durch."

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