Bangladesch:Angriff auf die Freiheit

Das Blutbad in der Hauptstadt Dhaka zeigt eine neue Dimension des internationalen Terrors: Es geht gezielt gegen alle, die beruflich reisen. Damit ist ein Kernelement der Globalisierung im Visier.

Von Arne Perras

Terroristen haben im südasiatischen Staat Bangladesch ein bei Ausländern beliebtes Restaurant überfallen und Dutzende Geiseln genommen. Der Versuch einer Befreiung ist auf grauenvolle Weise missglückt, sodass die Welt geschockt auf ein Blutbad blickt, bei dem vor allem Italiener und Japaner ihr Leben ließen. Die Tat erinnert in ihrer Gnadenlosigkeit an bekannte Muster des islamistischen Terrors - auch wenn die Herkunft der Hintermänner im konkreten Fall zunächst unklar blieb. Zugleich aber rückt der Angriff in der Hauptstadt Dhaka einen Aspekt des Terrors in den Blick, dessen Tragweite bislang unterschätzt wurde. Die Tat zeigt, wie unberechenbar die Risiken für jene Menschen geworden sind, deren Job es ist, im Ausland zu arbeiten.

Die einen versuchen dort, die Armut zu bekämpfen oder Entwicklungsprojekte anzuschieben, die anderen sind unterwegs, um Geschäfte zu machen und den Handel auszuweiten. All diese Formen der Zusammenarbeit sind entscheidende Merkmale einer globalisierten Gesellschaft, deren Wohl von einer starken Vernetzung über die Grenzen hinweg abhängt.

Wenn es aber für diese Akteure keinen Schutz mehr gibt, wenn Staaten nicht mehr in der Lage sind, sie gegen Gewalt abzuschirmen, so hat dies verheerende Auswirkungen fürs grenzübergreifende Geschäft. Die Angst wird dann viele Versuche bremsen, Handelsbeziehungen auszuweiten und Firmen stärker zu vernetzen.

Wenn Ausländer bei Terrorattacken in fernen Ländern sterben, so waren dies bislang häufig Urlauber, von den Attacken auf die Nachtklubs in Bali 2002 bis hin zum Massaker am Strand von Tunesien im vergangenen Jahr. Das Ziel der Terroristen war stets offenkundig: Der Tourismus als ökonomische Säule einer Volkswirtschaft sollte zerstört werden. Der Horror in Bangladesch zeigt, dass die zersetzende Wirkung solcher Angriffe aber noch viel weiter reicht. Denn es traf dort keine Urlauber, sondern europäische Geschäftsleute der Textilindustrie, Manager, Consultants, Bauunternehmer sowie Vertreter der japanischen Entwicklungshilfe.

Die Angst vor dem Terror hält Menschen vom Reisen ab

Was dies bedeutet? Der islamistische Terror entfaltet seine zersetzende Wirkung nicht nur an Urlaubsorten. Er ist auch und besonders eine wachsende Gefahr für Geschäftsreisende und im Ausland stationierte Mitarbeiter. Zwar ist dieses Phänomen keineswegs neu, die Gefahren für Gesandte ins Ausland sind vielfältig. Sie reichen von tödlichen tropischen Infektionen über Lösegelderpressungen bis hin zu mörderischen Raubüberfällen. Der islamistische Terrorismus aber erweitert diese Risiken, wobei es kaum möglich ist, irgendwelche Orte abzustecken, die noch als gesichert gelten können. Gefährlich ist es besonders in jenen Staaten, in denen der Terror ein Werkzeug innenpolitischer Auseinandersetzungen geworden ist, in diesen Machtkämpfen ist es noch schwerer als anderswo, Ausländer vor Anschlägen zu schützen.

Und genau in dieser sehr nebulösen Unsicherheit liegt die psychische Schlagkraft des Terrors. Hilfsorganisationen müssen sich sehr genau überlegen, wen sie noch wohin schicken. Firmenkosten steigen, weil es im Klima der Angst immer aufwendiger wird, Mitarbeiter ins Ausland zu entsenden. In einer zunehmenden Zahl von Staaten fällt es den Behörden schon schwer, ihre eigenen Bürger zu schützen. Bangladesch ist hier kein Einzelfall. Wenn dann auch noch Ausländer ins Visier von Terrorgruppen rücken, wird es für Unternehmen außerordentlich schwierig, solche Posten zu besetzten und Reisen zu verantworten.

Das alles ist Gift fürs Geschäft und für die Globalisierung, denn unkalkulierbare Gewalt lähmt einen ihrer wichtigsten Antriebe: den unternehmerischen Geist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: