Süddeutsche Zeitung

Bamf-Zahlen:Immer mehr Türken suchen in Deutschland Asyl

  • Waren es im Jahr 2015 noch 1767 Asylanträge von Menschen aus der Türkei insgesamt, sind es dieses Jahr alleine bis Oktober schon 4437.
  • Ein Zusammenhang mit dem Kurs der Regierung nach dem Putschversuch liegt nahe, ist aber laut Bamf nicht eindeutig belegt.
  • Schon bis zum Sommer nahmen die Asylanträge zu. Damals waren es hauptsächlich Kurden, die vor den Kämpfen in ihrer Heimat nach Deutschland flohen.

Von Leila Al-Serori

Dass Recep Tayyip Erdoğan seit dem Putschversuch im August mit aller Härte gegen Opposition und Kritiker vorgeht, ist bekannt. Der Kurs der türkischen Regierung zeigt seine Folgen offenbar auch bei der Zahl der Asylanträge in Deutschland: Immer mehr Menschen aus der Türkei beantragen Asyl in Deutschland. Waren es im Jahr 2015 noch 1767 Anträge insgesamt, sind es dieses Jahr alleine bis Oktober schon 4437. Das geht aus Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen. Am Donnerstag wurde bekannt, dass in Deutschland stationierte Nato-Soldaten aus der Türkei hierzulande Asyl beantragen.

Das Bamf betont allerdings, dass anhand der Zahlen keine automatischen Rückschlüsse auf einen Zusammenhang mit dem Putschversuch möglich seien. Antragsteller im August können beispielsweise schon Monate früher eingereist sein. Die Aslygründe werden nicht statistisch erfasst.

Allerdings deuten auch die Registrierungen im System zur Erstverteilung der Asylbegehrenden (EASY) auf einen solchen Zusammenhang hin. So ist bei den EASY-Registrierungen erkennbar, dass die Zahl der Asylsuchenden aus der Türkei seit dem Putschversuch stark zugenommen hat. Im Juli gab es beispielsweise 275 Registrierungen, im August - dem Monat nach dem Putschversuch - schon 375 und im September 446. Allerdings sind diese Zahlen insofern nicht exakt, da diese Registrierungen anonymisiert erfolgen und dadurch Fehlerfassungen nicht ausgeschlossen sind.

CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer geht nach eigenen Worten davon aus, dass sich die Entwicklung fortsetzt. "Wir müssen damit rechnen, dass die Zahl der Türken, die in Deutschland politisches Asyl suchen, noch weiter steigen wird." Das Außenministerium hatte zuvor an die Adresse türkischer Oppositioneller ausdrücklich darauf hingewiesen, dass politisch Verfolgte in Deutschland Asyl beantragen könnten. Die türkischen Behörden gehen seit dem Putschversuch im Sommer mit großer Härte gegen Opposition und Regierungskritiker vor. Mehr als 110 000 Personen in Armee, Verwaltung, Justiz und Sicherheitsbehörden wurden entlassen oder suspendiert. Am Freitag haben türkische Behörden die Festnahme von 103 Akademikern an der Technischen Universität Yildiz in Istanbul angeordnet. Ihnen wird Mitgliedschaft in einer Terrororganisation vorgeworfen.

Im Sommer waren die Antragsteller überwiegend Kurden

Aber es gibt tatsächlich noch andere Hintergründe für einen Zuwachs bei den Asylanträgen. Bereits im Sommer - vor dem Putschversuch - nahmen die Anträge aus der Türkei zu. Der überwiegende Teil der Antragsteller war damals laut Bamf kurdischer Herkunft. Viele kurdische Flüchtlinge aus der Türkei kämen wegen der Kämpfe in ihrer Heimat nach Deutschland, erläuterte die Behörde. Dort kommt es immer wieder zu Gefechten zwischen der Armee und Rebellen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Der blutige Konflikt hat sich seit 2015 wieder massiv verschärft.

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