Bamf-Affäre:Barley will Asylbescheide überprüfen lassen

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Bundesjustizministerin Barley will in der Bamf-Affäre verlorenes Vertrauen wieder herstellen. Foto: Kay Nietfeld/dpa (Foto: Kay Nietfeld/dpa)
  • Ein Generalverdacht gegen alle Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration sei aber fehl am Platz, sagte die Bundesjustizministerin.
  • Dem CSU-Landesgruppenchef Dobrindt warf die Ministerin vor, mit seinen Äußerungen den Rechtsstaat zu schwächen.
  • Im Bamf im rheinland-pfälzischen Bingen sollen überdurchschnittlich viele Iraner Flüchtlingsschutz oder Asylanerkennung erhalten haben.

Als vertrauensbildende Maßnahme hat Justizministerin Katarina Barley in der Affäre um das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) angeregt, Asylbescheide stichprobenartig in ganz Deutschland zu überprüfen. Dies könnte helfen, Vertrauen wiederherzustellen, sagte die SPD-Politikerin der Bild am Sonntag. Ein Generalverdacht gegen alle Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sei allerdings fehl am Platz. Von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erwartet Barley, dass er Missstände umfassend aufklärt und Strukturen schafft, die eine Wiederholung unmöglich machen.

Mitarbeiter der Bremer Außenstelle des Bamf sollen Angaben der ermittelnden Staatsanwaltschaft zufolge zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Menschen ohne ausreichende Grundlage Asyl gewährt haben. Auch zehn andere Außenstellen werden nun überprüft. Barley warf zugleich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt vor, mit seiner Äußerung zu einer "Anti-Abschiebe-Industrie" den Rechtsstaat beschädigt zu haben. "Gerade staatliche Repräsentanten sollten sich sehr genau überlegen, was sie sagen und tun", so die Ministerin. "Solche Äußerungen schwächen den Rechtsstaat. Richter, Staatsanwälte und Rechtsanwälte fühlen sich verunglimpft."

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Der Innenminister sagt, man sei mit Hochdruck dabei, "die ganzen Dinge aufzuklären". Ob und welche Folgen der Skandal für betroffene Mitarbeiter haben könnte, hält der CSU-Politiker offen.

Unterdessen kommen durch die Ermittlungen im Bremer Flüchtlingsamt immer neue Verdachtsfälle und Schlampereien ans Licht. Wie aus internen Emails hervorgeht, hatte ein Asyl-Entscheider der Außenstelle des Bamf im rheinland-pfälzischen Bingen bereits vor Monaten bei Vorgesetzten in Nürnberg Alarm geschlagen, weil ihm die stark vom Bundesdurchschnitt abweichenden Schutzquoten für einige Nationalitäten suspekt erschienen. Ob diese Praxis eher auf Überlastung - Anerkennungen sind für die Mitarbeiter weniger aufwendig als Ablehnungen, die hinterher oft vor Gericht landen - oder auf andere Beweggründe zurückzuführen war, bleibt aber unklar.

Den Aufzeichnungen zufolge erhielten in Bingen zwischen Januar und Oktober vergangenen Jahres 97 Prozent der Iraner Flüchtlingsschutz oder eine Asylanerkennung. 90 Prozent der Antragsteller aus Afghanistan erhielten in der einen oder anderen Form Schutz. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2017 lag die Gesamtschutzquote für Iraner bundesweit bei knapp 50 Prozent. Von den Antragstellern aus Afghanistan erhielten rund 44 Prozent Schutz.

Nicht ganz sauber lief es offensichtlich bei der Schulung neuer Mitarbeiter, die in Asylverfahren zur Prüfung von Ausweisdokumenten eingesetzt werden. Interne Dokumente belegen, dass - womöglich versehentlich - auch Zertifikate für die Teilnahme von Mitarbeitern ausgestellt wurden, die am Tag der Schulung gar nicht anwesend waren.

Die im Zentrum der Affäre stehende Bremer Bamf-Außenstelle darf vorerst keine Asylanträge mehr bearbeiten. Das Amt steht nach Angaben der ermittelnden Staatsanwaltschaft im Verdacht, zwischen 2013 und 2016 mindestens 1200 Menschen ohne ausreichende Grundlage Asyl gewährt zu haben.

Wie aus einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Bremen vom 3. April hervorgeht, wird ein unter der inzwischen abberufenen früheren Bamf-Leiterin in Bremen eingesetzter Dolmetscher verdächtigt, von Ausländern, die ihm ein zweiter Beschuldigter vermittelte, 500 Euro dafür erhalten zu haben, dass er "falsche Angaben insbesondere zur Identität und den Einreisedaten aufnahm, beziehungsweise übersetzte". Der Vermittler soll von den Antragstellern angeblich selbst auch noch 50 Euro kassiert haben.

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