Balkan:Kosovo beschließt Aufbau einer Armee

Kosovo Armee

Die bislang für Katastrophenfälle vorgesehenen kosovarischen Sicherheitskräfte sollen in eine reguläre Armee umgewandelt werden.

(Foto: dpa)
  • Das Parlament Kosovos hat mit großer Mehrheit den Aufbau einer eigenen Armee beschlossen.
  • Die serbischen Abgeordneten boykottierten die Abstimmung.
  • Während die USA den Schritt befürworten, gibt es von Seiten der Nato Kritik.

Das Parlament im Pristina hat einstimmig ein Gesetzespaket zur Schaffung einer regulären Armee beschlossen. Die bislang für Katastrophenfälle vorgesehenen und leicht bewaffneten Kosovo-Sicherheitskräfte (KSF) sollen zu einer Streitkraft mit 5000 Mann und leichter Bewaffnung ausgebaut werden. Damit wird die Truppenstärke verdoppelt. Die Serbische Liste, die die serbische Minderheit im Kosovo vertritt, nahm mit ihren neun Abgeordneten nicht an der Parlamentssitzung teil.

Das Parlament muss noch über ein Gesetzesvorhaben abstimmen, in welchem die künftige Organisationsstruktur der neuen Armee festgelegt ist. Dem neuen Gesetz zufolge erhält die neue Armee mit der Umwandlung ein "Mandat zur Verteidigung des Landes".

Die Neuausrichtung der bisherigen Schutztruppe sorgt beim Nachbarn Serbien für Widerspruch und Empörung. Das Land lehnt eine Kosovo-Armee entschieden ab, erklärte nach dem Votum in Pristina aber, "auf dem Pfad des Friedens bleiben" zu wollen. Belgrad sieht dadurch die rund 100 000 Serben im sonst fast ausschließlich albanisch bevölkerten Kosovo existenziell bedroht. Zuletzt hatte die serbische Regierungschefin Ana Brnabić Kosovo wegen der Gründung einer Armee indirekt mit Gewalt gedroht. Serbiens Präsident Aleksandar Vučić bezeichnete die Kosovo-Frage am Donnerstag als seinen "schlimmsten Albtraum".

Nato will Einsatz in Kosovo überprüfen

Die Regierung in Pristina wies die Behauptung zurück, dass die künftige Armee eine Bedrohung für die Serben in Kosovo darstelle. Sie verweist darauf, dass auch Serben in den KSF dienen. Die Streitkräfte seien multiethnisch und inklusiv ausgerichtet. Im Norden Kosovos, einem kompakten Siedlungsgebiet der Serben, beflaggten am Freitag viele Bewohner ihre Häuser mit serbischen Fahnen. Damit wollten sie ihren Unmut über den Parlamentsentscheid in Pristina ausdrücken.

Das in großer Mehrheit von Albanern bewohnte Kosovo gehörte früher zu Serbien und hatte sich vor zehn Jahren für unabhängig erklärt. Serbien hat die Abspaltung seiner ehemaligen Provinz nie anerkannt.

Die Nato-Militärallianz will ihren Einsatz in Kosovo überprüfen. Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte am Donnerstag, er bedauere die Entscheidung, die trotz Bedenken der Nato gefasst worden sei. Die Umwandlung der leicht bewaffneten Sicherheitskräfte in eine reguläre Armee sei zwar Pristinas Angelegenheit. Die Nato habe aber klargemacht, dass dies zu einem schlechten Zeitpunkt erfolge.

Die USA und Großbritannien unterstützen hingegen die Bemühungen Kosovos um die Schaffung eigener Streitkräfte. Deshalb müsse die Allianz nun das Ausmaß ihrer Unterstützung für die KSF erneut prüfen. Die Nato bleibe durch die von ihr geführte Kfor-Truppe der Sicherheit in Kosovo und der Stabilität auf dem westlichen Balkan verpflichtet.

Alle Seiten müssten dafür Sorge tragen, dass die Entscheidung des kosovarischen Parlaments keinen weiteren Anstieg des Spannungen in der Region zur Folge habe. Notwendig seien Fortschritte durch Reformen und Dialog. Stoltenberg bekräftigte seinen Aufruf an Pristina und Belgrad, Ruhe zu bewahren und nichts zu unternehmen, was zur Eskalation beitragen könne.

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