Süddeutsche Zeitung

Balkan:Es fährt ein Zug nach nirgendwo

Serbien will eine provozierend beschriftete Bahn nach Kosovo schicken, stoppt sie dann aber kurz vor der Grenze.

Nach 18-jähriger Unterbrechung wollte Serbien am Samstag den Zugverkehr nach Kosovo wieder aufnehmen - mit einem Propagandazug in den serbischen Nationalfarben. Nach heftigen Reaktionen des Nachbarn stoppte der serbische Regierungschef Aleksandar Vučić jedoch kurz vor der Grenze die Weiterfahrt. Er habe gewaltsame Auseinandersetzungen verhindern wollen, sagte Vučić in Belgrad. Er warf Priština vor, Polizeikräfte an die Grenze entsandt zu haben, um einen "weitreichenden Konflikt zu provozieren". Der Zug mit der Aufschrift "Kosovo ist Serbien" in mehreren Sprachen war am Morgen vom Hauptbahnhof in Belgrad gestartet. Er sollte nach Kosovska Mitrovica in den vorwiegend von Serben bewohnten Norden Kosovos fahren.

Das mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnte Kosovo hatte sich im Jahr 2008 einseitig für unabhängig von Serbien erklärt. Die serbische Regierung und die Kosovo-Serben erkennen die Unabhängigkeit jedoch nach wie vor nicht an. Kosovo-Präsident Hashim Thaçi rief am Samstag die serbische Führung auf, den Zug zu stoppen. Dieser bedrohe die Souveränität Kosovos. Priština bat auch die EU, einzugreifen. Bei der Wiederaufnahme des Zugverkehrs handele es sich um eine Einmischung, "die beweist, dass Serbien Kosovo destabilisieren will", sagte die Beauftragte für Verhandlungen mit Serbien, Edita Tahiri. Der serbische Minister für Kosovo, Marko Đurić, wies das zurück und entgegnete, dass es auch viele Busverbindungen zwischen Serbien und Kosovo gebe.

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Quelle:
SZ vom 16.01.2017 / AFP
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