Als Oliver Rathkolb im NS-Gaupresse-Archiv in Wien die Rede von Arthur Greiser findet, läuft es selbst ihm, dem erfahrenen Zeithistoriker und Kenner der NS-Geschichte, kalt den Rücken herunter. Greiser, Gauleiter des Warthelands von 1939 bis 1945 und in Polen später als Kriegsverbrecher hingerichtet, hatte 1942 bei einem Besuch in Wien einen vor Zynismus triefenden, anderthalbstündigen Vortrag gehalten. Erst Tage zuvor hatte er selbstgefällig an Heinrich Himmler rapportiert, dass unter seiner Verantwortung etwa 100 000 Juden umgebracht worden seien. Damit brüstete er sich nun in Anwesenheit des Wiener Reichsstatthalters Baldur von Schirach: "Ein Teil von ihnen wollte durchaus nicht im Ghetto bleiben, weil es ihnen dort nicht gefallen hat, sie wollten sich mit ihrem Judengott besser stellen und aussöhnen, und wir haben auch dazu die Hand geboten."
Baldur von Schirach:Die totale Hingabe
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Baldur von Schirach war 17 Jahre alt, als er Hitler zum ersten Mal traf - und ihm sofort verfiel. Eine neue Biografie zeigt den Einfluss des späteren Reichsjugendführers, auch lange nach 1945.
Rezension von Cathrin Kahlweit

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Sein Vater wollte vom Krieg nichts mehr hören. Bis er kurz vor seinem Tod begann, darüber zu sprechen. Unser Autor über die Spuren des Traumas, das sein Vater an der Front erlitt - und wie diese auch den Sohn prägten.
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