Bahrain:Aufstand gegen die Dynastie

Hinrichtungen heizen den Konflikt zwischen dem sunnitischen Königshaus und der schiitischen Bevölkerungsmehrheit an.

Von Dunja Ramadan

Weiße Blütenblätter landen in der Menge, im Hintergrund erschallen Klagerufe, es sind Videobilder eines Trauerzugs. Die Menschen beklagen den Tod zweier Männer, die am Wochenende in Bahrain hingerichtet worden sind. Die schiitischen Aktivisten Ali al-Arab und Ahmed al-Malali waren in einem Massenprozess 2018 zum Tode verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft warf ihnen Terrorunterstützung sowie den Mord an einem Polizisten vor. Sie wurden am Wochenende zusammen mit einem Mann erschossen, der einen Imam getötet haben soll.

Die Hinrichtungen sorgten in der schiitischen Bevölkerung für Aufruhr. In der Nacht auf Montag kam es in der Hauptstadt Manama zu gewaltsamen Ausschreitungen zwischen Polizei und Demonstranten. Die Polizei setzte Tränengas ein, am Sonntag starb ein 22-Jähriger.

Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch hatten die autoritär regierte Golfmonarchie zuvor aufgerufen, die Hinrichtungen zu stoppen. Die Geständnisse seien unter Folter erzwungen worden. Sicherheitsbeamte hätten die Männer durch Elektroschocks und Schläge gefoltert, schreibt Amnesty. "Die Zehennägel von Ali Mohamed al-Arab wurden herausgerissen", heißt es weiter.

Oppositionsgruppen wurden aufgelöst, sie haben haben keinerlei Mitsprache mehr

Die jüngsten Hinrichtungen vertiefen die konfessionelle Spaltung zwischen dem sunnitischen Königshaus und der schiitischen Bevölkerungsmehrheit. Als im Frühjahr 2011 der sogenannte Arabische Frühling begann, forderten Zehntausende Bahrainer demokratische Reformen. Das Königshaus in Manama setzte auf Konfrontation statt auf Annäherung und erhielt dafür prompt Unterstützung aus Riad und Abu Dhabi. Mit der Hilfe von saudi-arabischen und emiratischen Truppen wurden die Proteste blutig niedergeschlagen. Gemeinsam beschuldigten sie das schiitische Regime in Iran, die Unruhen angezettelt zu haben. Seitdem wurden Hunderte Oppositionelle in Bahrain inhaftiert.

Dieses Vorgehen hat auch den bahrainischen Widerstand in Teilen radikalisiert. Die Al-Aschtar-Brigaden, denen eine enge Verbindung mit den iranischen Revolutionsgarden und der Hisbollah konstatiert wird, verübten in der Vergangenheit Attentate auf bahrainische Polizisten. US-Präsident Donald Trump ließ sie im vergangenen April gemeinsam mit den Revolutionsgarden als Terrororganisation einstufen.

Bahrain wird seit dem 18. Jahrhundert fast durchgängig von der sunnitischen Al-Chalifa-Dynastie regiert, die alle wichtigen Ämter besetzt. Parteien gibt es keine, lediglich politische Vereinigungen. Doch nachdem 2016 sowohl die größte schiitische Oppositionsvereinigung, die Al-Wifaq-Bewegung, sowie 2017 die säkulare demokratische Bewegung al-Waad aufgelöst wurden, haben die Schiiten keinerlei politische Mitsprache mehr. Vor allem junge Menschen wollen die strukturelle Diskriminierung nicht hinnehmen und fordern gleiche Bürgerrechte.

Iran, das sich als Schutzmacht der Schiiten begreift, kritisierte die jüngsten Hinrichtungen und warf Bahrain vor, eine "Politik zur Beseitigung von Regierungskritikern" zu betreiben. Ein Sprecher des Außenministeriums beschuldigte Bahrain, Regierungskritiker zu unterdrücken, "statt die hausgemachte Krise durch einen Friedensschluss mit der Bevölkerung zu lösen". Bis 1970 erhob Iran einen historischen Anspruch auf Bahrain, wegen seiner Perlenfischerei auch "Perle des Persischen Golfs" genannt. Doch Schah Mohammad Reza Pahlavi gab den Anspruch auf die sogenannte 14. Perser-Provinz auf Druck Großbritanniens auf.

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