Arbeitskampf:Bahn kündigt Einstellung des Fernverkehrs für Montag an

Grund ist der Aufruf der Eisenbahngewerkschaft und Verdi, die Arbeit zu Wochenbeginn im Verkehrssektor großflächig niederzulegen. Auch an Flughäfen und im Nahverkehr droht Chaos. In Frankfurt und München werden keine Flugzeuge starten.

Von Benedikt Peters

Deutschland steht vor einem flächendeckenden Warnstreik im Verkehrssektor. Verdi und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) rufen für den kommenden Montag die Beschäftigten bei der Bahn, an Flughäfen und im öffentlichen Nahverkehr dazu auf, die Arbeit ganztägig niederzulegen. Auch die Schifffahrt und die Autobahngesellschaft des Bundes sind betroffen.

Bei der Deutschen Bahn wird deswegen am Montag der gesamte Fernverkehr bundesweit eingestellt. Auch im Regionalverkehr werde "größtenteils kein Zug fahren", teilte der Konzern mit.

"Bereits am Sonntagabend sind laut Aussagen der Gewerkschaft erste Auswirkungen durch streikende Mitarbeitende möglich", hieß es. Der Warnstreik werde sich demnach auch am Dienstag noch auf den Bahnverkehr auswirken. Fahrgäste, die für Montag oder Dienstag eine Bahnreise gebucht haben, könnten das Ticket noch bis einschließlich zum 4. April flexibel nutzen, kündigte die Bahn an. Sitzplatzreservierungen könnten kostenlos storniert werden. Der Konzern versprach, so bald wie möglich ausführlicher über die Warnstreik-Auswirkungen zu informieren.

Nach Schätzungen des Flughafenverbands ADV werden durch den Streik auch mindestens 380 000 Fluggäste betroffen sein. Am Frankfurter Flughafen wird am Montag kein regulärer Passagierverkehr stattfinden, teilt die Betreibergesellschaft Fraport mit. In München wird es am Sonntag und Montag keinen regulären Passagier- und Frachtverkehr geben. Die Gewerkschaften bestätigen mit ihrem Aufruf frühere Medienberichte, in denen bereits von einem großflächigen Verkehrsstreik die Rede war.

Hintergrund des massiven Warnstreiks sind mehrere Tarifrunden, in denen aus Sicht der Gewerkschaften nichts vorangeht. Verdi verhandelt unter anderem für die 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen, dazu zählen unter anderem Bus-, U-Bahn- und Tramfahrer sowie einige Mitarbeiter an Flughäfen. Die EVG ringt mit mehreren Zugverkehrsunternehmen um höhere Gehälter, allen voran mit der Deutschen Bahn.

Angesichts der stark gestiegenen Inflation, die im vergangenen Jahr bei 6,9 Prozent lag und auch in diesem Jahr hoch bleiben soll, verlangen die Gewerkschaften besonders kräftige Lohnsteigerungen. Verdi fordert 10,5 Prozent mehr, aber auch ein Mindestplus von monatlich 500 Euro, das für viele Beschäftigte mit kleineren Einkommen eine Gehaltserhöhung von bis zu 25 Prozent bedeuten würde. Noch etwas höher ist die Forderung der EVG, sie liegt bei zwölf Prozent und monatlich mindestens 650 Euro mehr für die 180 000 Beschäftigten bei der Bahn.

Die Arbeitgeber sind in beiden Tarifrunden mit ihren Angeboten bisher deutlich hinter den Erwartungen der Gewerkschaften zurückgeblieben. Bund und Kommunen hatten den Beschäftigten im öffentlichen Dienst für die kommenden 27 Monate fünf Prozent mehr Lohn in zwei Schritten in Aussicht gestellt, zusätzlich sollte es eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von 2500 Euro geben. Die Bahn bietet ihren Beschäftigten das Gleiche an.

Wann die entscheidenden Gespräche stattfinden

Verdi-Chef Frank Werneke hatte das Angebot an den öffentlichen Dienst als "respektlos" zurückgewiesen. EVG-Chefverhandler Kristian Loroch nannte die Offerte der Bahn "unverschämt". Die Gewerkschafter stören sich vor allem an der Inflationsausgleichsprämie, die - anders als Lohnerhöhungen - nur einmal gezahlt wird. Sie helfe den Beschäftigten wenig, da die Teuerung dauerhaft hoch bleibe, argumentieren sie.

Verdi hatte bereits in den vergangenen Wochen immer wieder zu Warnstreiks aufgerufen, neben Flughäfen waren unter anderem Kitas, Verwaltungen und Krankenhäuser betroffen. Die Arbeitgeber kritisierten die Aufrufe als übertrieben. "Sie spiegeln nicht den Verhandlungsverlauf wider", sagte die Chefverhandlerin der kommunalen Arbeitgeber, Karin Welge (SPD), die im Hauptamt Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen ist. Bahn-Personalvorstand Martin Seiler forderte die EVG dazu auf, die Verhandlungen schnellstmöglich fortzusetzen.

Im öffentlichen Dienst beginnt die entscheidende Phase der Tarifverhandlungen am kommenden Montag, wenn sich Vertreter von Bund, Kommunen und Gewerkschaften in Potsdam treffen. Die nächsten Gespräche zwischen Bahn und EVG finden voraussichtlich erst Ende April statt. Bis dahin könnten noch weitere Warnstreiks folgen.

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