Bagnoli bei Neapel: Schöne Schande

Seit mehr als 20 Jahren rotten die alten Industriebauten in Bagnoli vor sich hin.

(Foto: AFP)

Im Westen Neapels rottet ein Viertel vor sich hin, das einmal die größte Industrieanlage Süditaliens war. Jetzt macht Premier Renzi die Modernisierung von Bagnoli zur Chefsache. Nicht alle spielen mit.

Da liegt sie im schönen Dunst des Morgenlichts, die Schande Italiens. Umweht von einer sanften Meerbrise, die salzig und feucht herüberzieht. Von Posillipo, hoch über der Bucht von Pozzuoli, wirkt die Ebene unten wie das Set aus einem apokalyptischen Film. Die alten Industriehallen von Italsider und Cementir, manche so groß wie Großstadtbahnhöfe, stehen da wie ausgeschlachtete Kadaver, schon lange tot. Die Skelette rosten vor sich hin. Am Fuß der Schornsteine wächst Gras, zwischen den Gleisen der ausrangierten Fabrikzüge auch, und in allen Ritzen der Sozialbauten, die einen Kranz um das große Gelände bilden. In den Straßen von Bagnoli, diesem Stadtteil im Westen Neapels, liegen Reifen, Abfall, Autowracks. Die ganze Trostlosigkeit einer verpassten Chance unter freiem, blauem Himmel.