Bäcker:Sonntägliche Anarchie

Der Streit um die Semmel ist alles andere als kleinkariert.

Von Michael Kläsgen

Zwar hat das Oberlandesgericht München nun geurteilt - entschieden aber ist im Streit um den sonntäglichen Semmelverkauf noch nichts. Über die zentrale Frage, ob die unbelegte Semmel eine zubereitete Speise ist oder nicht, wird nun wohl der Bundesgerichtshof ein abschließendes, für ganz Deutschland geltendes Urteil fällen müssen. Und bis dahin werden voraussichtlich einige Jahre vergehen.

So lange findet der sonntagnachmittägliche Semmelan- und Verkauf jedenfalls in Bayern sozusagen im rechtsfreien Raum statt. Gelegenheitsanarchisten mögen dabei einen gewissen Kitzel empfinden, Juristen aufblühen, dem Durchschnittsverbraucher dürfte es aber letztlich wurscht sein. Leider. Denn von der kleinkariert anmutenden Frage hängt letztlich ab, welche Bäckereien in Deutschland überleben. Das wären nach derzeitiger Lage bedauerlicherweise eher die großen Ketten mit ihrer Industrieware: Die gibt es auch am Sonntagnachmittag "frisch", also aufgebacken.

Dass es überhaupt zu dem Streit um die Semmel kam, ist ein Versagen der bayerischen Landespolitik. Sie hätte schon vor Jahren regeln müssen, ob die Semmel eine zubereitete Speise ist oder nicht. Dafür hätte sie sich aber mit den Bäckern anlegen müssen. Dazu war sie offenbar zu feige.

© SZ vom 15.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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