Baden-Württemberg:Kandidaten-Duell in Stuttgart: Nur der Ministerpräsident überrascht

Baden-Württemberg: Die Kandidaten (v.l.n.r.) Guido Wolf (CDU), Nils Schmid (SPD), Hans-Ulrich Rülke (FDP), Jörg Meuthen (AfD), Bernd Riexinger (Linke) und Winfried Kretschmann (Grüne).

Die Kandidaten (v.l.n.r.) Guido Wolf (CDU), Nils Schmid (SPD), Hans-Ulrich Rülke (FDP), Jörg Meuthen (AfD), Bernd Riexinger (Linke) und Winfried Kretschmann (Grüne).

(Foto: AFP)

In Baden-Württemberg treffen die Spitzenleute der etablierten Parteien erstmals auf den Vertreter der AfD. Die Premiere zeigt: Auf echten Meinungsaustausch will sich keiner einlassen.

Von Josef Kelnberger, Stuttgart

Winfried Kretschmann, der Ministerpräsident, verhaspelte sich immer wieder, als er zu Beginn aus dem Landtagswahlprogramm der AfD Baden-Württembergs vorlas. Vielleicht war das seine Art, Abscheu auszudrücken.

In dem Papier ist von "Massenpsychologie und Massensuggestion" die Rede, mittels derer die etablierten Parteien sowie die Kanzlerin das Volk "täuschen" wollten, unterstützt von einer "weitgehend gleichgeschalteten Medienlandschaft". Alles angeblich mit dem Ziel, "Hunderte Millionen Armutsflüchtlinge" nach Deutschland zu locken. "Das ist Demagogie", sagte Kretschmann. Leute mit solchen Ansichten hätten seit jeher "Unglück über die Völker" gebracht.

Kretschmann: Ich bete manchmal für die Kanzlerin

Damit war in der Stuttgarter Liederhalle der Ton gesetzt bei der Wahlrunde der Stuttgarter Nachrichten am Mittwochabend. Erstmals diskutierten die Anführer der etablierten Parteien mit dem Chef der AfD, Wirtschaftsprofessor Jörg Meuthen. Man hatte Meuthen auf dem Podium ausgerechnet neben Bernd Riexinger von der Linken platziert, dem Kandidaten mit der größtmöglichen politischen Distanz. Außerdem dabei: Kretschmann, Herausforderer Guido Wolf von der CDU, SPD-Chef Nils Schmid sowie FDP-Kandidat Hans-Ulrich Rülke.

Man müsse die AfD mit der Kraft des Wortes entzaubern - dem Argument haben sich Schmid und Kretschmann gefügt, nachdem sie es ursprünglich abgelehnt hatten, mit Meuthen ein Podium zu teilen. Noch zwei weitere Runden dieser Art wird es geben, nächste Woche bei einer Veranstaltung der Stuttgarter Zeitung, drei Tage vor der Wahl am 13. März dann in der Elefantenrunde des SWR. Die Premiere zeigte: Echten Meinungsaustausch darf man nicht erwarten.

Meuthen musste sich anhören, Teile seiner Partei seien rechtsextremistisch oder gar rassistisch. Vor allem Nils Schmid hatte sich gut vorbereitet und belegte seine Anschuldigungen mit Äußerungen einiger AfD-Landtagskandidaten. Meuthen entgegnete, wenn seine Partei rechtsextrem wäre, "dann wäre ich nicht ihr Bundessprecher".

Es gebe viele hochvernünftige Menschen in der AfD. Er wünschte sich "Fairness im Umgang", wobei er einschränkte, gleichgeschaltet seien nur die öffentlich-rechtlichen Medien. Als es um den Respekt vor Flüchtlingen ging, sagte Meuthen sogar: "Wir sind ja gar nicht so riesig weit auseinander." So ging das eine ganze Weile, der AfD-Mann als verfolgte Unschuld, die fünf Konkurrenten scharf auf Distanz.

Aber wie lässt sich der AfD wirklich der Wind aus den Segeln nehmen? FDP-Mann Rülke forderte, die Kanzlerin müsse ihre Willkommenskultur korrigieren. Guido Wolf konnte das, nach dem verheerenden Echo auf sein Flüchtlingspapier, nicht mehr tun. Er prangerte Kretschmann als vermeintlichen "Kanzlerinnenversteher" an, der in der Praxis zu lasch abschiebe und zu zögerlich der Ausweisung in Staaten zustimme, die von der Regierung als sichere Herkunftsländer definiert werden.

Der Ministerpräsident, höchst erregt, antwortete, ihn treibe die Sorge um Europa um. Niemand außer Merkel sei derzeit in der Lage, den Kontinent politisch zusammenzuhalten. Und ja, deshalb bete er manchmal für die Kanzlerin. Er erntete dafür den größten Applaus des Abends.

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