Baden-Württemberg:Terrorverdächtiger in Karlsruhe inhaftiert

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In diesem Auto wurde der Verdächtige zum Bundesgerichtshof gebracht. (Foto: dpa)
  • Ermittler haben den Terrorverdächtigen Dasbar W. in Karlsruhe einem Richter vorgeführt - er muss in U-Haft.
  • Der Mann war zweimal in den Irak gereist und nach seiner Rückkehr vier Monate überwacht worden.
  • Die Beweise gegen den 29-Jährigen sind dünn.

Von Ronen Steinke, Berlin

Schon zwei Mal war der junge deutsche Islamist in den Irak gereist. Und zuvor war er bereits im Zusammenhang mit den Koran-Verteilern der salafistischen "Lies!"-Aktion in Deutschland aufgefallen; das Bundesinnenministerium hatte diese Organisation 2016 verboten. Bundesweit seien schon etwa 140 junge Islamisten nach einer Radikalisierung durch "Lies!" in die Kampfgebiete der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gereist, heißt es.

Doch der 29-jährige Dasbar W. war bei keiner Wiedereinreise nach Deutschland verhaftet worden. Im Juni 2015 verließ er Deutschland zum ersten Mal in Richtung Irak. Im März 2016 kehrte er zurück, dann reiste er im Juli 2016 gleich wieder aus. Für ein ganzes Jahr diesmal, bis er im Juli 2017 wieder in Karlsruhe auftauchte. Es sind Daten, die sich zu einer Frage addieren, nachdem Dasbar W. am Mittwoch von einem Spezialeinsatzkommando des baden-württembergischen Landeskriminalamts in Karlsruhe unter Terrorverdacht festgenommen worden ist: Warum lief so einer überhaupt frei herum?

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Kaum eine Gruppe von Islamisten bereitet den Sicherheitsbehörden schließlich größere Sorgen als jene, die aus dem Bürgerkriegsgebiet im Irak und in Syrien zurückkehren. Wer dort den IS unterstützt hat, der kann auch in Deutschland hart bestraft werden, die Paragrafen liegen bereit. Bei Dasbar W. kommt nach Informationen der Süddeutschen Zeitung hinzu, dass er im Irak sogar zeitweise in Haft gesessen haben soll. Jedenfalls sei dies aus seiner Familie heraus Behörden gesagt worden.

Zwei Antworten geben Sicherheitsbeamte am Tag danach. Erstens hatte der gebürtige Freiburger Dasbar W. wohl eine plausible Erklärung für seine Irak-Reisen. Seine Eltern kommen beide aus dem Land, und sein Vater lebt seit zehn Jahren wieder dort. Bei seinem jüngsten Aufenthalt im Irak soll er sich zudem in Erbil aufgehalten haben. Erbil ist kein Kriegsgebiet, sondern liegt im kurdischen Nordirak und ist eine vergleichsweise wohlhabende Millionenstadt, auch wenn der IS dort immer wieder Anschläge verübt. Viele Deutsche mit irakischen Wurzeln reisen dorthin.

Zweitens: Die Hinweise darauf, dass Dasbar W. im Irak mit IS-Leuten zu tun hatte, kamen erst im August 2017 über einen deutschen Nachrichtendienst - und sie bleiben, bei Lichte betrachtet, bis heute dünn. Der junge Mann soll sich vor deutschen Gesinnungsbrüdern gebrüstet haben, er habe in Erbil Anschlagsziele für den IS ausgespäht. In Kreisen süddeutscher Islamisten soll er Videos auf seinem Handy gezeigt haben, die ihn angeblich bei Schießübungen im Irak zeigen. Daraufhin fuhr in Baden-Württemberg sofort die Observationsmaschinerie hoch: Der 29-Jährige wurde auf Schritt und Tritt überwacht, vier Monate lang, mit fast allen technischen Mitteln, welche die Strafprozessordnung hergibt. Dennoch bleibt zweifelhaft, was dran ist an den Geschichten. Dasbar W. hat den IS mit Klicks unterstützt, das schon. Er hat Propaganda im Netz geteilt. Aber er gilt als psychisch auffällig; vielleicht bildet er sich auch Dinge ein.

Verdächtiger spähte den Karlsruher Schlosspark aus

Hingegen verdichteten sich die Anzeichen, dass er in Deutschland eine Tat plane. Erst erzählte Dasbar W. von Überlegungen, sich eine Waffe zu kaufen oder Sprengstoff. Dann: Er habe die Idee, in eine Menschenmenge hineinzufahren wie der Attentäter vom Berliner Weihnachtsmarkt. Hintermänner oder IS-Instrukteure haben die Ermittler trotz sehr guter Einblicke bei Dasbar W. nicht finden können, auch Waffen oder Sprengstoff nicht. Nur diese Indizien: Von Ende August an spähte er immer wieder den Karlsruher Schlossbezirk aus, und er bewarb sich erfolglos bei den Paketdiensten UPS und DHL als Fahrer. Um an ein Fahrzeug zu kommen?

Nach vier Monaten beendeten die Ermittler die Überwachung nun, sie führten den Mann einem Richter vor. Der bestätigte am Donnerstag den Haftbefehl. Wie viel man aber an Beweisen in der Hand hat gegen Dasbar W., das wird jetzt erst sorgfältig zu prüfen sein.

© SZ vom 22.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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