Baden-Württemberg:Kretschmann vertagt Entscheidung zu Dieselfahrverboten

Winfried Kretschmann

Winfried Kretschmann (Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, begrüßt die Jamaika-Verhandlungen in Berlin.

(Foto: dpa)
  • Baden-Württemberg geht gegen das Dieselfahrverbots-Urteil vor, damit wird es vorerst keine Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge in Stuttgart geben.
  • CDU und Grüne einigen sich darauf, die Entscheidung der Justiz zu übertragen.
  • Der Schritt sendet ein wichtiges Signal für die anstehenden Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition im Bund.

Von Karin Janker

Eigentlich sollten bereits zum 1. Januar 2018 Diesel-Fahrverbote in Stuttgart in Kraft treten, nun allerdings wird dieser Termin nicht mehr zu halten sein. Denn die schwarz-grüne Landesregierung in Baden-Württemberg hat sich darauf verständigt, gegen das Urteil des Stuttgarter Verwaltungsgerichts mit dem Mittel einer Revision vorzugehen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU) haben zu dieser Lösung gefunden, nachdem der grün-schwarze Koalitionsausschuss am Freitag im Streit auseinandergegangen war. Viele Grüne hatten dafür plädiert, das Urteil anzunehmen. Die CDU dagegen drängte darauf, erst einmal in die Berufung zu gehen, um zusätzliche Zeit zu gewinnen. In der sogenannten Sprungrevision werden nur die rechtlichen Aspekte des Urteils geprüft - also die Frage, ob das Land überhaupt berechtigt ist, in eigener Verantwortung alte Diesel aus Stuttgart auszusperren. .

Das Stuttgarter Verwaltungsgericht hatte entschieden, dass die vorgesehenen Maßnahmen für die Landeshauptstadt nicht reichten, um die seit Jahren mit Stickoxiden und Feinstaub verschmutzte Luft nachhaltig zu bessern. Diesel-Autos gelten als Hauptverursacher von Stickoxiden.

Die nun angekündigte Sprungrevision überspringt die Instanz des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim und bringt die Entscheidung direkt vor das Bundesverwaltungsgericht. Voraussetzung dafür, dass dem Antrag auf Sprungrevision stattgegeben wird, ist die Zustimmung des Klägers. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hatte schon nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart Ende Juli grünes Licht für eine mögliche Sprungrevision gegeben.

Hintergrund dürften auch Jamaika-Verhandlungen im Bund sein

Die Sprungrevision beschleunigt das Verfahren und ermöglicht der DUH im Fall eines Erfolgs auf Basis einer höchstrichterlichen Entscheidung für das rasche Umsetzen des Stuttgarter Urteils zu Fahrverboten zu sorgen. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig dürfte im Frühjahr 2018 fallen.

Die Einigung in Stuttgart ist auch vor dem Hintergrund der anstehenden Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition in Berlin zu sehen. Kretschmann und Strobl gelten als Befürworter dieser Koalition, zudem haben sie vereinbart, sich bei diesen Verhandlungen gemeinsam für die Einführung einer Blauen Plakette einzusetzen. Sie würde bundeseinheitlich die Voraussetzungen für eine Diesel-Umweltzone schaffen und damit den Ländern Rechtssicherheit geben, was Fahrverbote betrifft. Bislang hatte sich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) dagegen gesperrt.

Die Oppositionparteien in Stuttgart forderten, genau wie die CDU, eine Berufung gegen das Fahrverbotsurteil, um es auch inhaltlich noch einmal zu überprüfen. Dabei könnten auch kürzlich geplante Maßnahmen berücksichtigt werden. Dazu zählen insbesondere Software-Updates für Diesel-Autos, die die Industrie angekündigt hat. Kritiker halten die Software-Updates aber für nicht ausreichend, um die Luft wesentlich sauberer zu bekommen. Das Verwaltungsgericht hatte allerdings erkennen lassen, dass diese Updates nicht ausreichen.

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