Baden-Württemberg:"Klotz am Bein"

Baden-Württembergs Grüne stellen drei Monate vor der Landtagswahl klar, dass sie künftig gerne mit der SPD regieren würden - nicht mehr mit der CDU. Ministerpräsident Winfried Kretschmann wurde von dem Vorschlag offenbar überrumpelt.

Von Claudia Henzler, Stuttgart

Die Parteivorsitzende der Grünen in Baden-Württemberg hat am Montag mit einer Koalitionsaussage überrascht und damit drei Monate vor der Landtagswahl am 14. März die heiße Phase des Wahlkampfs eingeläutet. Landeschefin Sandra Detzer sagte bei einer Pressekonferenz in Stuttgart, dass ihre Partei am liebsten wieder mit der SPD regieren würde - so wie schon von 2011 bis 2016. Ihr Co-Vorsitzender Oliver Hildenbrand bezeichnete die CDU, mit der die Grünen seit 2016 eine Koalition aus fast gleich starken Partnern bilden, als "Klotz am Bein" in der Klimapolitik.

Nun ist es kein Geheimnis, dass sich die Grünen ein Ende dieser Koalition wünschen. Das Bündnis mit der CDU war immer eine ungeliebte Arbeitsbeziehung, in der hart um Kompromisse gerungen werden musste. Beim Klimaschutz haben sich die Parteien genauso gezofft wie über Ganztagsschulen. Differenzen gab es bei Fahrverboten, der Landarztquote im Medizinstudium, der Flüchtlingspolitik, dem neuen Polizeigesetz. Und, und, und.

Überraschend ist aber, dass sich Detzer vor der Wahl nicht auf die üblichen Parolen zurückzieht, nach dem Motto: "Wir sind bereit, mit allen demokratischen Parteien zu sprechen." Genau das haben die Parteichefs am Montag aber selbstverständlich auch gesagt. Und man kann davon ausgehen, dass der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der offenbar von Detzers Aussage überrumpelt wurde, diese am Dienstag bei der wöchentlichen Regierungspressekonferenz weiter relativieren wird.

Detzer und Hildenbrand scheinen es kurz vor der Landtagswahl mit einer Aufgabenteilung zu probieren, die in den vergangenen Jahren schon punktuell zum Einsatz kam. Auf der einen Seite die freche Parteispitze, die Angebote nach links machen kann. Auf der anderen der moderierende Ministerpräsident, der den Laden zusammenhält und zeigt: Wenn's sein muss, dann können wir auch mit den Schwarzen. Dieses komplementäre Zusammenspiel passt zum zentralen Wahlkampfmotiv, "Ambition und Verlässlichkeit".

Detzer hat es jedenfalls geschafft, die Aufmerksamkeit für den Landesparteitag am Wochenende zu erhöhen. Die Grünen wollen dort ihr Wahlprogramm beschließen und zeigen, was sie beim Klimaschutz machen würden, wenn sie alleine regieren könnten. Detzer betont dabei, dass alle Vorschläge "anspruchsvoll und umsetzbar" seien.

Co-Parteichef Hildenbrand gab sich am Montag ebenfalls als Tabubrecher. Er warf der CDU vor, sich in der Corona-Pandemie zu viel um Einzelinteressen gekümmert zu haben. Er habe einen "Rückfall in die alte Klientelpolitik, wie man sie von der CDU speziell in Baden-Württemberg kannte", erlebt. Kretschmann und die CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann haben eigentlich vereinbart, dass sie keinen Corona-Wahlkampf führen werden. Andererseits hat die Disziplin ohnehin abgenommen. Je näher die Wahl rückt, desto öfter tragen die Ministerien ihre Auseinandersetzungen über Pressemitteilungen aus.

CDU-Generalsekretär Manuel Hagel wertete die Äußerungen als Zeichen "dass die Grünen-Spitze nervös wird und mit Rundumschlägen in den Wahlkampfmodus schaltet". Von der SPD wurde die Sympathiebekundung prompt erwidert. Ob es für so ein Bündnis reicht, ist eine andere Frage. Bei der Infratest-Umfrage vom Oktober lag die SPD bei elf Prozent, die Grünen kamen auf 34 Prozent.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: