Süddeutsche Zeitung

Imagekampagne:Baden-Württemberg will jetzt "The Länd" sein

Die Landesregierung stellt eine neue Imagekampagne vor. Aber nicht immer ist ein neuer Slogan auch eine gute Idee.

Von Claudia Henzler

"Wir können alles. Außer Hochdeutsch." Mit diesem bekannten Slogan hat Baden-Württemberg Maßstäbe gesetzt: So kann gelungenes Regionalmarketing also aussehen. Der selbstironische und selbstbewusste Spruch hat es geschafft, die in anderen Teilen Deutschlands oft als bieder empfundenen Schwaben in ein neues Licht zu rücken; plötzlich wurde ihnen auch Humor zugetraut.

Doch das ist mehr als zwanzig Jahre her. Beim Start war der Ministerpräsident noch von der CDU und hieß Erwin Teufel. Das inzwischen grüngeführte Staatsministerium hat die Kampagne leise auslaufen lassen. Es will die Eigenwerbung stärker international ausrichten, um ausländische Fachkräfte anzuwerben. An diesem Freitag hat sie ihre neue Imagekampagne vorgestellt.

Die Latte liegt hoch, Scholz & Friends hat für die flotte Werbung von 1999 viele Preise bekommen. Obwohl die Marketingleute den Spruch damals erst dem Freistaat Sachsen angeboten hatten, wirkte er wie maßgeschneidert für das eigenwillige "Ländle" im Südwesten, das andernorts gerne verspottet wird und sich selbst als Heimat der Tüftler versteht. Hier wurde das Automobil erfunden, hier werden bis heute bundesweit die meisten Patente angemeldet.

Dass Imagekampagnen auf positive Resonanz stoßen, ist jedoch selten. Oft werden sie gar nicht wahrgenommen oder sogar als peinlich empfunden. Sachsen-Anhalt zum Beispiel hat es mal mit großen Schildern an Autobahnen versucht, auf denen es sich als "Land der Frühaufsteher" bezeichnete. Der Spruch ging nach hinten los, weil sich viele Menschen in Sachsen-Anhalt nur deshalb sehr früh den Wecker stellten, weil es zu Hause nicht genug Jobs gab und sie in andere Bundesländer pendeln mussten.

Wir können alles. Außer Hochdeutsch. Und Englisch.

Geräuschlos eingestellt wurde auch eine Kampagne, mit der Niedersachsen einst warb: "Sie kennen unsere Pferde. Erleben Sie unsere Stärken." Ebenfalls in der Versenkung verschwand ein Slogan, mit dem die Hauptstadt Sinnfragen aufwarf: "Be Berlin."

Als die Universität Hohenheim untersuchte, wie solche Sprüche ankommen, kam sie zu einem ernüchternden Ergebnis: Nicht einmal ein Viertel der Befragten fanden es wichtig, dass ein Bundesland überhaupt einen Slogan hat. Und mehr als 70 Prozent sagten, dass es besser wäre, auf einen Werbespruch zu verzichten, als einen schlechten auszuwählen.

Warum die Länder dennoch viele Millionen dafür ausgeben? Im besten Fall kann so ein Spruch die Identität einer Region und den Zusammenhalt der Bevölkerung stärken. Er kann Touristen anlocken oder für einen Wirtschaftsstandort werben. Ganz selten füllt er sogar die Kassen, wie im Staat New York, der Lizenzen für ein Logo vergibt, das auf dem bis heute berühmtesten Slogan im Regionalmarketing basiert: "I love New York".

In Stuttgart soll die neue Kampagne erneut Maßstäbe setzen, so steht es in der Ausschreibung. Die Agentur Jung von Matt ließ bereits Plakate aufhängen, die kontrovers diskutiert werden. "Willkommen in The Länd" steht da. Was anders gesagt wohl heißt: Wir können alles. Außer Hochdeutsch. Und Englisch.

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