Drei Monate vor der Landtagswahl haben die Südwest-Grünen ihren Kurs festgelegt und empfehlen sich als "neue Baden-Württemberg-Partei". Zwar habe sich die CDU mit klugen Köpfen wie seinen Vorgängern Lothar Späth und Erwin Teufel in den vergangenen Jahrzehnten um das Land verdient gemacht, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann bei einem Parteitag am Wochenende in Reutlingen. Doch ihre Zeit sei vorbei. Als selbstzufriedene "Dagegenpartei" gehöre die CDU weiter auf die Oppositionsbank. Der Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 13. März 2016 betonte: "Der Wettstreit um die besseren Ideen, Konzepte und Köpfe für die nächsten fünf Jahre ist heute eröffnet." Der Parteitag verabschiedete am Sonntag einstimmig das Wahlprogramm mit dem Titel "Grün aus Verantwortung". Schwerpunkte sind innovative Wirtschaft, gesunde Natur, starke Familien und eine offene Bürgergesellschaft.
Die mehr als 200 Grünen-Delegierten beschlossen unter anderem den Erhalt des achtjährigen Gymnasiums im Zwei-Säulen-Modell mit Real- und Gemeinschaftsschule. Sie setzten die Direktwahl der Landräte, eine Wahlrechtsänderung für mehr Frauen im Parlament sowie die anonymisierte Kennzeichnungspflicht für Polizisten bei Großeinsätzen erneut auf die Agenda. Durch eine Mobilitätsgarantie sollen alle Orte an Wochentagen von 5 bis 24 Uhr mindestens stündlich an den öffentlichen Verkehr angebunden sein - sei es mit Bus, Bahn oder Ruftaxi. In ein Lobbyregister sollen Interessenvertreter aufgenommen werden, die sich im Landtag und in der Regierung Gehör verschaffen wollen.
Die AfD müsse ins politische Abseits gestellt werden, fordert der Parteitag
Die Grüne Jugend brachte den Wegfall der landesweiten Sperrstunde durch. Die Kommunen sollen aber eigene Regeln erlassen dürfen. Nicht erfolgreich war der Jugendverband mit seinem Plädoyer, langfristig das Gymnasium abzuschaffen, um die Gemeinschaftsschule als wirkliche Schule für alle durchzusetzen. Die große Mehrheit folgte der Linie Kretschmanns. Dieser hatte das Gymnasium verteidigt und dessen Rolle für den Zusammenhalt in der Gesellschaft herausgestrichen. Der Ministerpräsident nannte als wichtigste Erfolge seiner Regierungszeit 3800 neue Hochschulstellen, 26 000 neue Kita-Plätze, fast 300 Gemeinschaftsschulen und 45 000 Erstaufnahmeplätze für Flüchtlinge.
Die Grünen verstehen die Wahl auch als Zeichen gegen "populistische und polarisierende Stimmungen" in der Flüchtlingskrise. Die Freiburger Bundestagsabgeordnete Kerstin Andreae sagte, es gehe auch darum, die AfD ins politische Abseits zu bringen. Auch die CDU müsse sich diese Haltung zu eigen machen. Nach der jüngsten Umfrage liegen die grün-rote Regierung und die schwarz-gelbe Opposition nahezu gleichauf. Laut Infratest dimap erhalten Grüne (25 Prozent) und SPD (18 Prozent) zusammen 43 Prozent. CDU (37 Prozent) und FDP (5 Prozent) stehen bei 42 Prozent. Die Alternative für Deutschland (AfD) würde mit acht Prozent erstmals in den Landtag einziehen.