Süddeutsche Zeitung

Journalismus:Kein gutes Zeichen für die Pressefreiheit

Der Einstieg der Investmentfirma KKR beim Springer-Verlag ist alarmierend. Denn schneller Profit verträgt sich schlecht mit Zukunftsfähigkeit und journalistischer Qualität.

Von Laura Hertreiter

Was unabhängige Medien täglich leisten, lässt sich mit Geld nicht aufwiegen. Wer liest, streamt, zuhört und fernsieht, kann mitreden, kritisieren und entscheiden - egal, ob es um Klimaschutz, Zuwanderung, politisches Personal oder Kapitalanlagen geht. Unabhängige Medien sind das Fundament für Meinungsvielfalt und Machtkontrolle. Letztlich sind sie die Grundlage einer funktionierenden Demokratie.

Diese Grundlage aber bröckelt jedes Mal, wenn eine weitere Zeitung in finanzielle Nöte gerät oder eingestellt wird, weil die Auflagenzahlen und Werbeerlöse sinken, weil Information im Netz gratis verfügbar ist. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage hat nun die New Yorker Investmentfirma KKR 27,8 Prozent der Aktien des Axel-Springer-Verlages eingesammelt. Das ist alarmierend.

Klar, Geld muss her. Aber eine Beteiligungsgesellschaft, die Unternehmen aufkauft, aufmöbelt und nach ein paar Jahren wieder abstößt, kann eine gefährliche Wahl sein. Vor vierzehn Jahren übernahm der Brite David Montgomery den Berliner Verlag und damit als erster ausländischer Investor ein deutsches Zeitungshaus. Vier Jahre später stieß er die Blätter, desaströs und ohne verlegerische Vision zusammengespart, wieder ab. Schneller Profit ist das eine, Zukunftsfähigkeit und journalistische Qualität sind etwas völlig anderes.

Was eine Zusammenarbeit mit KKR bedeutet, können die Mitarbeiter des Münchner Medienkonzerns Pro Sieben Sat 1 berichten, die zum Teil bis heute unter den Folgen des Umbaus leiden. Gemeinsam mit dem Finanzinvestor Permira hatte KKR 2006 die Mehrheit übernommen und auch im Programm kräftig abgebaut. Der Nachrichtensender N 24 wurde abgestoßen, weil er zu wenig Gewinn erwirtschaftete. Jetzt gehört er zu Springer - und seine Zukunft ist dort ebenso ungewiss wie die einiger anderer journalistischer Produkte.

Der Springer-Konzern besteht aus zwei großen Bereichen, von denen wahrscheinlich nur einer für KKR interessant ist. Einerseits die Presseerzeugnisse: Bild gilt noch immer als starke Boulevardmarke, erlebt jedoch große Auflagenverluste. Hinzu kommt die schwächelnde Welt-Gruppe, einst das journalistische Aushängeschild des Verlages. Andererseits ist da das florierende Rubrikengeschäft, also Job-, Partner- und Immobilienbörsen, das auch international Erfolge verspricht.

Nicht umsonst gelten Medienfirmen als Tendenzbetriebe. Als Unternehmen also, bei denen nicht Gewinne im Vordergrund stehen, sondern etwa politische, wissenschaftliche oder künstlerische Ziele. Dass der Kurs des Springer-Verlages mit KKR in eine andere Richtung gehen dürfte, ließ sich bereits aus dem Angebotspapier herauslesen: Man wolle die Welt-Gruppe "unter der Voraussetzung einer angemessenen Steuerung der jährlichen Ergebnissituation" fortführen. Der Verlag hatte eilig eine Bestandsgarantie nachgeschoben, die womöglich noch ein paar Jahre gilt. Aber schon in der Vergangenheit war man bei Springer nicht zimperlich mit der eigenen Tradition und hat sich einiger Presseerzeugnisse entledigt.

Dabei hat der Begründer dieser Tradition, der Verlagsgründer Axel Cäsar Springer, seinem Vermächtnis eine Art Beipackzettel verpasst: Ein Verlag, sagte er, sei kein reines Erwerbsunternehmen wie eine Mantelfabrik oder eine Großmetzgerei. Dieser Beipackzettel bleibt gültig - bis heute, 34 Jahre nach seinem Tod.

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SZ vom 08.08.2019/luch
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