Autos:Hasch am Steuer?

Verkehrsschilder für autonome Fahrzeuge

Ein Verkehrsschild der Zukunft: ein Orientierungspunkt für hochautomatisierte Autos.

(Foto: Matthias Balk/dpa)

Wer haftet bei selbstfahrenden Autos? Sollen Bußgelder erhöht werden? Was der Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar in diesem Jahr alles vom Gesetzgeber verlangt.

Von Marco Völklein, dpa, Goslar

Muss die Haftung nach einem Unfall ganz neu geregelt werden, wenn künftig automatisch fahrende Autos auf den Straßen rollen? Sollten Bußgelder angehoben werden, um die Disziplin der Verkehrsteilnehmer zu verbessern und so die Zahl der Unfallopfer zu senken? Mit solchen Fragen beschäftigte sich drei Tage lang der Verkehrsgerichtstag (VGT) in Goslar, die jährliche Konferenz von Juristen und Experten für Verkehrssicherheit und -technik. Ihre Empfehlungen fließen immer wieder in Gesetze ein.

Höhere Bußgelder

Vor allem Vertreter von Polizeibehörden forderten eine Anhebung der Sätze, um die Zahl der schweren Unfälle zu senken. Der Anwaltverein warnte, das würde als "Abzocke" wahrgenommen. Die Empfehlung des VGT nach langer Debatte: Insbesondere bei "sicherheitsrelevanten Vergehen", etwa Tempo-, Abstands- oder Überholverstößen, sollten die Geldbußen "spürbar" angehoben werden; außerdem sollten Fahrverbote bei diesen Verstößen schneller verhängt werden können. VGT-Präsident Kay Nehm kritisiert, die Polizisten hätten dies in Goslar "durchgedrückt". Zudem forderte der VGT, die Polizei müsse die Verkehrsteilnehmer künftig "effektiver und nachdrücklicher" überwachen, vor allem an gefährlichen Abschnitten und an Stellen, an denen es oft zu Unfällen kommt.

Automatisierte Autos

Viele Autohersteller planen schon bald Großversuche mit automatisierten Autos. Doch aus Sicht der VGT-Juristen sollte der Gesetzgeber vorher noch einige Lücken schließen: So müsse klar geregelt werden, dass der Fahrer bei hochautomatisierten Autos sich zwar mit anderen Dingen beschäftigen darf, aber auch wachsam bleiben muss. Bislang schreibt das Gesetz eine solche Wachsamkeit sogar noch bei vollautomatisch fahrenden Autos vor, also bei solchen, bei denen der Mensch im Grunde nur noch Passagier ist. Bei diesen Autos würden die Juristen ihn gern von allen Pflichten befreien und alle Verantwortung den Herstellern zuweisen.

Generell aber scheinen die Haftungsfragen geklärt zu sein: Verbraucherschützer hatten argumentiert, künftig könnte es an einem Unfallopfer hängen bleiben, zu klären, wer bei einem Unfall mit einem automatisierten Fahrzeug haftet: Fahrer, Halter oder Hersteller? Doch die Versicherer räumten diese Bedenken in Goslar aus: Sie entschädigen auch künftig das Unfallopfer; eventuelle Regressforderungen klären sie hinterher mit den Herstellern ab.

Cannabis im Straßenverkehr

Gelegentliche Cannabis-Konsumenten, die zum ersten Mal im Straßenverkehr auffallen, sollen künftig nicht mehr automatisch den Führerschein verlieren. Stattdessen sollen diese Fahrer zur medizinisch-psychologischen Untersuchung (MPU). Dort können sie nachweisen, dass sie zum Führen von Kraftfahrzeugen weiter geeignet sind. Grundsätzliche Zweifel an der Fahreignung hat der Verkehrsgerichtstag bei Personen, denen Cannabis als Medikament verordnet wurde. Er forderte dennoch kein Fahrverbot für sie. Diese Patienten sollten aber im Interesse der Verkehrssicherheit von qualifizierten Ärzten umfassend über die Beeinträchtigung ihrer Fahreignung und Fahrsicherheit informiert werden. Diese Beratung sei in einem amtlichen Dokument nachzuweisen.

Eine Zukunft in Goslar?

Als sich die Verkehrsjuristen 1963 zum ersten Mal trafen, kamen 200 Teilnehmer nach Goslar, eine Stadt mit 50 000 Einwohnern; mittlerweile hat sich die Teilnehmerzahl fast verzehnfacht. Die Hotels sind voll, Arbeitskreise tagen im Kino oder im Landratsamt. Nun lockt Leipzig den VGT - mit einem modernen Konferenzzentrum und besserer Verkehrsanbindung. 2019 sollen die VGT-Mitglieder entscheiden. Bis dahin preist Goslars OB Oliver Junk seine Fachwerkstadt am Harz an: Die biete kurze Wege und eine besondere Atmosphäre, anderswo "wechseln Sie nur von Vortragsraum 9 zu Seminarraum 14".

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: