Autobahn-Gebühr:Maut-Streit belastet Koalitionsverhandlungen

Stau auf der Autobahn A 8 bei Karlsruhe

Auf der A 8 bei Karlsruhe: Maut für Autofahrer

(Foto: dpa)

Wer muss auf deutschen Autobahnen bald Maut zahlen? Und wie soll die genau aussehen? Die CSU gibt sich selbstbewusst, die SPD bremst. Autofahrerverbände bringen eine ganz andere Lösung ins Spiel.

Von Michael Bauchmüller und Daniela Kuhr, Berlin

Die von der CSU geplante Einführung einer Pkw-Maut wird zu einem ernsten Problem bei den Koalitionsverhandlungen. Die SPD bekräftigte ihre ablehnende Haltung am Freitag. Eine Vignette sei eine "Flatrate fürs Vielfahren und damit ökologisch kontraproduktiv", schrieb Florian Pronold in einem Brief an die SPD-Fraktion. Pronold führt für die SPD die Verhandlungen mit der Union beim Thema Verkehr. Zudem sei zu befürchten, dass Autos wieder vermehrt auf Landstraßen auswichen, die schon jetzt Unfallschwerpunkte seien. Eine Maut für Personenwagen sei auch nicht verursachergerecht. "Ein Lkw schädigt die Straße bis zu 60 000 mal mehr als ein Pkw".

Zuvor war bekannt geworden, dass die EU-Kommission es grundsätzlich für zulässig hält, wenn ein Mitgliedstaat von allen Autofahrern eine Mautgebühr verlangt, die inländischen Fahrer dann aber durch eine Senkung der Kfz-Steuer wieder entlastet, sodass im Ergebnis nur die Ausländer zusätzlich zahlen müssten. Allerdings dürfen Wenigfahrer nicht genauso stark belastet werden wie Vielfahrer. Es muss also eine Art Kurzzeit-Vignetten geben für Autofahrer, die beispielsweise nur einmal kurz durch Deutschland in den Urlaub fahren.

Diese Wertung von EU-Verkehrskommissar Siim Kallas fassen die Parteien sehr unterschiedlich auf. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sieht sich in seinen Maut-Plänen bestätigt; die Grünen kommen jedoch zu dem Ergebnis, nun stehe endgültig fest, dass die CSU-Pläne mit dem EU-Recht nicht vereinbar seien.

Erklären lässt sich diese abweichende Wertung nur damit, dass die Grünen bislang offenbar der Meinung sind, die CSU wolle nur von Ausländern eine Mautgebühr verlangen - während deutsche Autofahrer die Vignette automatisch im Gegenzug für die Zahlung der Kfz-Steuer zugesandt bekämen. Dass diese Vorgehensweise aber eine unzulässige Diskriminierung von Ausländern darstellen würde, war Ramsauer schon lange klar. Auf einen entsprechenden Vorschlag hin hatte er bereits vor einem Jahr seinen Staatssekretär einen Brief schreiben lassen, worin es heißt: Die Anregung, "deutschen Autofahrern im Gegenzug zur Zahlung der Kfz-Steuer eine kostenlose Vignette zukommen zu lassen", sei "aus EU-rechtlichen Gründen kein gangbarer Weg". Faktisch käme das "einer Diskriminierung gleich".

Alle Autofahrer sollen eine Vignette kaufen

Ramsauer präferiert dagegen das Modell, wonach zunächst alle Autofahrer eine Vignette kaufen müssen, die deutschen aber anschließend bei der Kfz-Steuer wieder entlastet werden. In seinem Haus wurden schon vor zwei Jahren detaillierte Berechnungen angestellt, wie viel ein solches Modell bringen könnte - wenn man beispielsweise Vignetten einführen würde, die ein ganzes Jahr, zwei Monate oder auch nur zehn Tage gültig wären. Unterm Strich erhofft Ramsauer sich davon Mehreinnahmen von bis zu 800 Millionen Euro, die gezielt für die Verkehrsinfrastruktur eingesetzt werden sollen.

Doch nicht nur die SPD und Teile der CDU lehnen die Pläne ab - auch der ADAC mit seinen mehr als 18 Millionen Mitgliedern ist skeptisch. Die Vorstellung, 800 Millionen Euro durch eine Maut zu gewinnen, hält der Verband für eine Illusion. ADAC-Präsident Peter Meyer rechnet allenfalls mit 260 Millionen Euro Mehreinnahmen und spricht von "Mautflausen", die CSU-Chef Horst Seehofer in die Welt gesetzt habe. "Wir brauchen jedes Jahr 7,5 Milliarden Euro für die Autobahnen", sagt Meyer, "da sind die 260 Millionen von den Ausländern nur ein Bruchteil." Wer mehr Geld für den Straßenbau wolle, müsse nicht mehr eintreiben, sondern vorhandene Mittel anders verteilen. "Das ist eine Frage des politischen Willens."

Soll lieber die Maut für LKW steigen?

So sieht es auch der konkurrierende Auto-Club Europa (ACE). Die diskutierten Modelle brächten nicht mehr Geld, "sondern nur mehr Bürokratie", sagt ACE-Präsident Wolfgang Rose. "Niedrige Einnahmen werden aufgefressen von hohem Verwaltungsaufwand."

Die Automobil-Clubs schlagen vor, stattdessen die Maut für Lastwagen auszuweiten. Bislang verlangt der Bund nur von schweren Lkw mit mehr als zwölf Tonnen Gewicht Geld - diese Grenze ließe sich leicht senken, auf 7,5 oder gar 3,5 Tonnen. Und über die Autobahnen und mehrspurigen Bundesstraßen hinaus könnte sie künftig auch auf allen Bundesstraßen erhoben werden. Entsprechende Pläne hatte schon eine Verkehrsminister-Kommission unter dem einstigen Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig (SPD) entwickelt. Danach könnte allein die Einbeziehung aller Bundesstraßen 2,3 Milliarden Euro im Jahr bringen, die Ausweitung der Maut auf Lastwagen ab 7,5 Tonnen Gewicht weitere 600 Millionen Euro. Letzteres könnte durchaus seinen Weg in den Koalitionsvertrag finden.

Aber nicht nur die Maut selbst, auch die von er CSU geplante Kompensation bei der Kfz-Steuer stößt auf Kritik. Ausländische Hersteller sind damit alles andere als glücklich. Sie importieren vor allem kleinere Autos nach Deutschland, die meist wenig verbrauchen und entsprechend wenig Kfz-Steuer zu zahlen haben. So seien derzeit auf deutschen Straßen etwa zehn Millionen Autos unterwegs, deren Halter weniger als 100 Euro im Jahr zu zahlen haben, rechnet der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller vor. Kostet eine Vignette 100 Euro und wird gleichzeitig die Kfz-Steuer gestrichen, dann würde es für die Besitzer dieser Autos teurer. "Die Pläne sind völlig unausgegoren", sagt Verbandspräsident Volker Lange, "die Pkw-Maut muss endlich vom Tisch."

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