Ausweitung des ESM:CSU sträubt sich gegen größeren Euro-Rettungsschirm

Die Debatte um die Aufstockung des Euro-Rettungsschirms ESM droht die Koalition zu spalten. Während die Bundeskanzlerin die Bereitstellung weiterer Milliarden in Erwägung zieht, kommt aus den Reihen der CSU massiver Widerstand. Parteichef Seehofer will Merkel im Falle eines Kurswechsels die Unterstützung versagen.

In der CSU gibt es massiven Widerstand gegen eine Aufstockung des permanenten Euro-Rettungsschirms ESM. Parteichef Horst Seehofer stellte klar, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Falle eines Kurswechsels in dieser Frage nicht auf die Unterstützung der CSU vertrauen könne.

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CSU-Chef Horst Seehofer schießt gegen Bundeskanzlerin Merkel: Im Falle eines Kurswechsels beim Euro-Rettungsschirm ESM droht er, die Unterstützung zu versagen.

(Foto: dapd)

Dem Fernsehsender N24 sagte Seehofer: "Ich warte jetzt darauf, bis das Anliegen an uns herangetragen wird, damit man konkret weiß, worum es geht." Dann werde die CSU überlegen, ob man dem Vorschlag zustimmen könne. Der bayerische Ministerpräsident fügte hinzu: "Im Moment wäre ich sehr skeptisch."

Seehofer verwies auf Beschlüsse des CSU-Vorstands und des bayerischen Kabinetts, "die eigentlich ausschließen, dass sich Deutschland stärker in die Haftung und die Garantien begibt". Denkbar sei zwar neben der geplanten Sondersitzung des Kabinetts auch ein Sonderparteitag, den tatsächlichen Nutzen dieses Mittels sehe er aber kritisch: "Wenn man tausend Delegierte zusammenruft, ist es immer schwer vorherzusagen, wie dann die Diskussion läuft und die Entscheidung. Ich möchte für heute nur sagen: Ich sehe da große Probleme."

Die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, sagte der Rheinischen Post: "Die Frage, ob es eine Aufstockung des ESM geben soll, kann erst im Lichte der weiteren Entwicklungen in der Euro-Zone im Laufe des März beurteilt werden." Dann werde man "die Situation neu bewerten, diskutieren und gegebenenfalls den nächsten Schritt beraten".

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sagte: "Mir hat noch keiner eine fachliche Notwendigkeit für eine Aufstockung des ESM nennen können." Zu derartigen Forderungen gebe es "bisher zu Recht fast ausschließlich skeptische Stimmen in der CSU".

Auch der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) sieht keinen Anlass für eine Ausweitung des Rettungsschirms. Im Deutschlandfunk sagte er, es sei falsch, eine neue Aufstockungsdebatte zu führen. "Es gibt eine klare Aussage der CSU, die Beschlüsse des Parteivorstandes, die Beschlüsse des bayerischen Kabinetts", fügte Söder hinzu. Wenn man die Beschlüsse ändern wolle, bräuchte man dafür zunächst die erforderlichen Mehrheiten. Er könne sich aber "nicht vorstellen, dass aus unserer Sicht ein solches weiteres Aufstocken zum einen geboten und zum anderen auch durchsetzbar ist".

ESM soll schneller mit Barkapital ausgestattet werden

Im Gegensatz zur CSU zeigten sich die Liberalen zunehmend gesprächsbereit. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) weichte seine ablehnende Haltung zur Aufstockung des Euro-Rettungsschirmes deutlich auf. Zwar gebe es derzeit keine Notwendigkeit, die Garantiesumme auszuweiten, doch müsse "im Lichte des anstehenden Umtauschs griechischer Staatsanleihen die Entwicklung an den Anleihemärkten" sorgsam betrachtet werden, sagte er dem Handelsblatt.

Auf die Frage, ob er damit eine Addition der Rettungsschirme EFSF und ESM von 500 auf 750 Milliarden Euro ausschließe, sagte Rösler: "Das steht jetzt nicht zur Debatte." Gleichzeitig schlug Rösler einen "Aufbaukommissar" für Griechenland und die anderen Länder unter den Rettungsschirmen vor. "Diese Aufgabe sollte ein amtierender EU-Kommissar übernehmen, der sich um Wachstum in den Programmländern kümmert", sagte er. "Ich verstehe nicht, dass sich die griechische Seite gegen diesen Vorschlag wehrt. Manchmal drängt sich mir der Eindruck auf, das griechische Volk ist sich der notwendigen Opfer bewusst, aber die griechischen Eliten wollen nicht auf ihre Privilegien verzichten."

Rösler äußerte sich enttäuscht über die griechische Regierung. Sie habe zu wenig getan beim Abbau von Investitionshemmnissen, beim Aufbau einer Förderbank und bei der Lösung von Streitfällen mit der deutschen Industrie.

Aufstockung des Rettungsschirms bleibt ungewiss

Die Bundeskanzlerin selbst hat sich auch nach dem Abschluss des EU-Gipfels an diesem Freitag nicht zur Aufstockung des dauerhaften Rettungsschirms ESM geäußert. Lediglich die schnellere Ausstattung des Schirms mit Barkapital gilt als beschlossen. Die ersten von fünf geplanten Tranchen für den Kapitalstock von insgesamt 80 Milliarden Euro sollen demnach bereits in diesem Jahr eingezahlt werden. Bislang war die Streckung der Tranchen auf fünf Jahre vorgesehen.

Deutschland schultert 27,15 Prozent und damit knapp 22 Milliarden Euro der Barmittel. Bei zwei Tranchen würden in diesem Jahr 8,78 Milliarden Euro fällig. Die Ausleihsumme des ESM ist auf 500 Milliarden Euro begrenzt.

Die Situation der Euro-Zone betrachtet Bundeskanzlerin Merkel ungeachtet der leichten Beruhigung der Finanzmärkte mit Sorge. "Wir sind nach wie vor in einer fragilen Situation", sagte Merkel nach dem Ende des zweitägigen EU-Frühjahrsgipfels in Brüssel. "Wir haben Fortschritte erzielt, aber zu sagen, es ist jetzt Entwarnung, das wäre jetzt viel zu früh." Von einem "völlig normalen Zustand" sei man noch entfernt. Merkel kündigte an, es würden weitere Schritte zur Stabilisierung der Euro-Zone notwendig sein.

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