Australien:Gastarbeiter für die Truppe gesucht

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Australische, neuseeländische und französische Soldaten bei einer gemeinsamen Militärübung 2023. (Foto: Nicole Dorrett/Australian Department of Defence/AFP)

Die Regierung in Canberra will ihre Streitkräfte ausbauen, doch es mangelt an Bewerbern. Jetzt sollen Ausländer die Lücken füllen – wenn sie aus bestimmten Ländern kommen.

Von Jan Bielicki

Dringend gesucht: Fluggerätmechaniker. Geboten werden ein Jahresgehalt von umgerechnet mindestens 52 000 Euro, eine großzügige betriebliche Altersversorgung und andere Boni mehr. Und der Arbeitgeber ist seriös: Es ist die Königlich Australische Marine, die im Internet um Fachkräfte buhlt.

Allerdings mit mäßigem Erfolg. Sei es, weil die umworbenen Techniker zum Beispiel beim australischen Ableger des europäischen Rüstungskonzerns Airbus deutlich mehr Geld damit verdienen können, an militärischem Fluggerät zu schrauben. Oder sei es, weil es auf Australiens nahezu leer gefegtem Arbeitsmarkt ohnehin immer weniger Leute zur Truppe zieht. 4400 Stellen sind in den australischen Streitkräften derzeit unbesetzt.

Gesucht werden Neuseeländer, später auch Briten, Kanadier und US-Amerikaner

Darum beginnt nun ein neuer Versuch, die vakanten Arbeitsplätze zu füllen. Weil sich nicht genug Australier zum Dienst melden, sollen jetzt auch Ausländer die Uniform der Australian Defence Force tragen dürfen, wie Verteidigungsminister Richard Marles vergangene Woche angekündigte.

Schon von Juli an sollen sich Neuseeländer bewerben können, Anfang nächsten Jahres will sich die Truppe dann auch Bürgern anderer Staaten öffnen, jedoch längst nicht aller Staaten, wie Marles eine anfängliche Falschinformation seines zuständigen Juniorministers schnell korrigierte. Offen steht eine Karriere in Australiens Streitkräften zunächst nur Briten, Kanadiern und US-Amerikanern, die seit mindestens einem Jahr im Land leben. Es sind also Bürger jener Staaten, die mit Australien und Neuseeland das Bündnis der „Five Eyes“ bilden und im Pazifikraum sicherheitspolitisch eng zusammenarbeiten.

Sehr viel größer wird der Bewerber-Pool damit aber kaum werden: Zwar leben immerhin 1,2 Millionen Briten down under, die allermeisten von ihnen haben aber längst auch einen australischen Pass. Allerdings: Dass später auch Bürger anderer Staaten in australische Uniformen schlüpfen können, hat die Regierung ausdrücklich nicht ausgeschlossen.

Es müssen neue Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe bemannt und gewartet werden

Hauptgrund für die neue Rekrutierungsstrategie ist die Lage in der Region. Alarmiert von Chinas zunehmend offensivem Auftreten, rüstet Australiens sozialdemokratische Regierung derzeit erheblich auf, hat neue Kampfflugzeuge, U-Boote und andere Kriegsschiffe bestellt. Nur muss das neue Gerät halt auch bemannt, bedient und gewartet werden. Schon Marles’ Vorgänger Peter Dutton, heute Führer der nationalliberalen Opposition, hatte vor zwei Jahren einen Plan vorgelegt, die Mannschaftsstärke der Truppe bis 2040 von heute knapp 60 000 auf 80 000 Uniformierte zu erhöhen.

Tatsächlich aber dienen derzeit etwa 2000 Frauen und Männer weniger in den Streitkräften als noch vor zwei Jahren. Das könnte auch daran liegen, dass die traditionell sehr geschätzte Armee zuletzt an Ansehen verloren hat, nachdem hochdekorierte Soldaten einer Eliteeinheit unter dem Verdacht stehen, bei Einsätzen in Afghanistan schwere Kriegsverbrechen begangen zu haben.

Mit der Hoffnung, Lücken in den Reihen der eigenen Streitkräfte mit Ausländern füllen zu können, steht Australien nicht allein da. Die Armeen seiner „Five Eyes“-Verbündeten stehen – bestimmten – Bürgern anderer Staaten längst offen.

Zwar gibt es dort nirgendwo eine Truppe wie die französische Fremdenlegion, in der 9000 Soldaten aus mehr als 150 Nationen dienen. Aber auch Neuseelands Streitkräfte nehmen beispielsweise Bürger ihrer vier Alliierten auf. In den USA können sich Ausländer, die mit einer Niederlassungserlaubnis im Land leben, für Jobs in den Streitkräften bewerben, Gleiches gilt seit 2022 in Kanada. Großbritannien lässt auch Bürger der Commonwealth-Staaten sowie Irlands in seine Truppe – vorausgesetzt sie leben bereits legal im Land. Zudem unterhält die britische Armee eine Brigade von 4000 sogenannten Gurkhas, Soldaten, die sie in Nepal rekrutiert.

Auch Deutschlands Verteidigungsminister ist offen für die Idee

Auch in Deutschland gibt es seit Jahren Vorschläge, die Bundeswehr für bestimmte Ausländer zu öffnen – womöglich ähnlich wie in anderen europäischen Staaten wie Belgien, Dänemark, Luxemburg oder Island, in denen EU-Bürger bereits dienen dürfen. Verteidigungsminister Boris Pistorius hat sich Anfang des Jahres offen für die Prüfung solcher Modelle gezeigt, sein am Mittwoch vorgestellter Fragebogen-Plan richtet sich allerdings nur an deutsche Staatsbürger.

Ein solches Modell, nach schwedischem Vorbild junge Leute aufzufordern, Auskunft zu ihrer Bereitschaft und Eignung zum Dienst in der Truppe zu geben, ist auch am anderen Ende der Welt längst im Gespräch.

Die vom Verteidigungsministerium in Canberra finanzierte Denkfabrik Australian Strategic Policy Institute hat vorgeschlagen, allen Schülern der elften und zwölften Klassen einen „Australischen Dienst-Fragebogen“ zur verpflichtenden Antwort vorzulegen.

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