Süddeutsche Zeitung

Brände in Australien:Nicht mehr zu retten

Der australische Premier gehört zu jener Garde von Machtmenschen, die mit ihrer kurzsichtigen Politik den ganzen Planeten in Haft genommen haben. Er stellt nationale Ziele über alles.

Kommentar von Thomas Hahn

Australiens Premierminister Scott Morrison ist unbeeindruckt von den Hitzerekorden in seinem Land und den tödlichen Feuern, die im Hinterland ganze Dörfer ausgebrannt haben. Anders kann man seine Ansprache zum Thema Klimawandel gar nicht deuten. Denn er hat dabei glatt abgestritten, dass er mehr Ehrgeiz zeigen müsste beim Umbau der nationalen Energiewirtschaft hin zu mehr erneuerbaren Quellen. "Ich akzeptiere die Annahme nicht, dass Australien nicht seinen Beitrag leisten würde", hat er gesagt und damit sogar Kollegen und Experten von den Vereinten Nationen vor den Kopf gestoßen. Die waren auf dem jüngsten Klimagipfel in Madrid nicht darüber amüsiert, dass die Morrison-Regierung mit Gutschriften aus der Vergangenheit darüber hinwegtäuschte, dass sie nicht wie vereinbart ihre Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 26 Prozent verringert.

War etwas anderes zu erwarten? Scott Morrison gehört zu der Garde rechtskonservativer Machtmenschen, die mit ihrer kurzsichtigen Politik den ganzen Planeten in Haft genommen haben. Er ist wie Donald Trump in den USA oder Jair Bolsonaro in Brasilien. Er stellt nationale Ziele über alles und unterstellt dabei, dass es im nationalen Interesse sei, einfach weiter zu fördern, was immer schon gut gelaufen ist.

Die Kohleindustrie in Australien hat Tradition, sie bringt Arbeitsplätze und Exporteinnahmen. Mit ihr ist es einfacher, den Wohlstand im Land zu sichern, als ohne sie. Deshalb blendet Morrison einfach aus, dass Kohle kein Brennstoff der Zukunft ist, sondern ein Klimakiller. Dass er in seinem Land radikal den Ausbau von Wind- und Sonnenkraft vorantreiben müsste. Er nimmt die Mahnungen der Wissenschaft nicht ernst genug und lässt sich auch nicht davon anfechten, dass eine internationale Gruppe von Klimaexperten Australien im "2020 Climate Change Performance Index" unter 57 Ländern sehr weit hinten führt.

Bei Wahlen hat man mit einfacher Denke Erfolg, das macht die Populisten für die Welt so bedrohlich. Es ist eine Sehnsucht vieler Menschen, sich nicht mit den Gedanken an das Morgen martern zu müssen, sondern einfach immer nur bequem weitermachen zu können. Also schauen sie sich die Statistiken lieber nicht zu genau an, trösten sich damit, dass es ja auch 1946 schon verheerende Brände in Australien gab und freuen sich über einen so zupackenden Kraftredner wie Morrison, der über alle unangenehmen Forschervorhersagen hinwegregiert.

Das ist bedrückend. Es deutet darauf hin, dass es tatsächlich keine Rettung mehr gibt vor der Erderwärmung, deren Folgen man längst deutlich sehen kann: an verschwindenden Gletschern, schmelzendem Polareis, steigendem Meeresspiegel - und eben auch an der verheerenden Trockenheit mit den folgenden Großbränden in Australien. Bürgerinnen und Bürger in den Wohlstandsdemokratien können mit ihrer Stimme Einfluss nehmen auf die Zukunft der Erde. Aber wer Rechtsradikale und Erzkonservative wählt, wählt die Klimakrise.

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