AfrikaOstkongo hofft auf Frieden, Donald Trump hofft auf Rohstoffe

Lesezeit: 3 Min.

Menschen auf der Flucht vor der Gewalt im Ostkongo: Ein neues Abkommen soll Frieden bringen.
Menschen auf der Flucht vor der Gewalt im Ostkongo: Ein neues Abkommen soll Frieden bringen. (Foto: TONY KARUMBA/AFP)

Vermittelt von den USA leiten die verfeindeten Nachbarn Kongo und Ruanda einen Friedensprozess ein. Der soll Stabilität und Wachstum ermöglichen – und gute Geschäfte mit Washington.

Von Paul Munzinger, Kapstadt

Der Ukraine hat Donald Trump bislang keinen Frieden gebracht, doch in Afrika kann die US-Diplomatie einen Erfolg vorweisen. Die verfeindeten Nachbarstaaten Ruanda und Demokratische Republik Kongo, seit Jahren in einen komplexen Konflikt verwickelt, unterzeichneten am Freitag ein Abkommen. Es soll den Auftakt eines Friedensprozesses bilden und wurde von den USA vermittelt. Die Unterzeichnung fand in Washington im Beisein von US-Außenminister Marco Rubio statt.

Die kongolesische Armee führt im Osten des Landes  – 1500 Kilometer von der Hauptstadt Kinshasa entfernt – Krieg gegen die Rebellengruppe M23, die seit 2021 große Gebiete unter ihre Kontrolle gebracht hat, darunter die Millionenstadt Goma am Nordufer des Kivu-Sees. Tausende Menschen wurden bei ihrem Vormarsch getötet, Hunderttausende vertrieben. Kongo beschuldigt Ruanda, die Rebellen mit Geld, Waffen und sogar mit Soldaten zu unterstützen. Ruanda bestreitet den Vorwurf, doch die Vereinten Nationen ebenso wie zahlreiche unabhängige Experten stützen die Version Kinshasas.

Kongos Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner mit US-Außenminister Marco Rubio und dem ruandischen Amtskollegen Olivier Nduhungirehe am Freitag bei der Unterzeichnung in Washington.
Kongos Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner mit US-Außenminister Marco Rubio und dem ruandischen Amtskollegen Olivier Nduhungirehe am Freitag bei der Unterzeichnung in Washington. (Foto: Jacquelyn Martin/AP)

Anfang Mai soll ein Entwurf des Friedensvertrages stehen

Bereits am Mittwoch hatte die kongolesische Regierung in direkten Gesprächen eine Waffenruhe mit der M23 vereinbart. Das Abkommen mit Ruanda soll nun der nächste Schritt auf dem Weg zu einem Ende des Krieges sein. Beide Staaten erklären dort, die territoriale Integrität des jeweils anderen anzuerkennen und nicht-staatlichen bewaffneten Gruppen keine militärische Unterstützung zu leisten. Bis spätestens zum 2. Mai sollen Ruanda und Kongo dem Abkommen zufolge einen Entwurf für einen Friedensvertrag vorlegen.

Der Krieg im Ostkongo hat seine Wurzeln im Völkermord in Ruanda im Jahr 1994. Damals töteten Angehörige der Hutu-Mehrheit in nur 100 Tagen bis zu eine Million Menschen, vor allem Tutsi. Nach dem Ende des Völkermords flohen Hunderttausende Hutu über die Grenze nach Kongo. Unter ihnen waren Täter des Völkermords, die sich in Kongo zur Miliz FDLR zusammenschlossen und die Rückeroberung Ruandas als Ziel ausgaben. Heute kämpft die FDLR auf Seiten der kongolesischen Regierung in Kinshasa gegen die Rebellen der M23, die wiederum vor allem aus kongolesischen Tutsi besteht – und Unterstützung aus Ruanda erhält, das sich als Schutzmacht der Tutsi versteht.

Das nun geschlossene Abkommen nennt zwar keine der bewaffneten Gruppen beim Namen, auf deren Unterstützung Ruanda und Kongo nun verzichten sollen. Es ist aber davon auszugehen, dass die M23 und die FDLR gemeint sind.

Hoffnung auf gute Geschäfte mit Kobalt und Coltan

Dass sich beide Seiten zumindest auf dem Papier zu diesem Schritt bereit erklären, dürfte maßgeblich an einer Hoffnung liegen, die auch explizit im Abkommen ausformuliert ist: die Hoffnung auf gute Geschäfte mit den USA. „Die Unterzeichner erwarten“, heißt es im Abkommen, „den Beginn oder die Ausweitung bedeutender Investitionen“ unter anderem von der US-Regierung und dem amerikanischen Privatsektor. Diese sollten „auf die Umgestaltung der regionalen Wirtschaft zum Nutzen aller teilnehmenden Länder abzielen“.

Konkret dürfte es dabei vor allem um Bodenschätze gehen. Kongo verfügt über große Vorkommen sogenannter kritischer Mineralien, darunter Kobalt und Coltan, die für die Herstellung von Smartphones und Batterien benötigt werden. Was den Zugriff auf diese Rohstoffe angeht, hinken die USA China bislang weit hinterher. In Zentralafrika sieht Washington nun eine Chance, die Lücke zu verringern. Außenminister Rubio sprach von einem „Win-Win für alle Beteiligten“.

Angesichts der offensichtlichen Unterlegenheit der kongolesischen Armee hatte sich die Regierung in Kinshasa spätestens seit Februar intensiv um einen Deal mit Washington bemüht, wie er Trump auch für die Ukraine vorschwebte: Sicherheit gegen Rohstoffe. Kongos Präsident Félix Tshisekedi hatte unter anderem in einem Brief an Trump und in einem Interview beim US-Fernsehsender Fox um eine Partnerschaft geworben. Den Wert der kongolesischen Bodenschätze bezifferte Fox in dem Beitrag auf 24 Billionen US-Dollar.

Kongo ließ drei zum Tode verurteilte US-Bürger frei

Das Werben hatte offenbar Erfolg: Trumps Afrika-Beauftragter Massad Boulos – der auch der Schwiegervater von Trumps Tochter Tiffany ist – reiste Anfang April nach Kongo. Hinterher berichtete er, mehrere US-Firmen seien bereit, im Land zu investieren, wenn die Sicherheit gewährleistet sei. Wenig später entließ Kongo drei US-Staatsbürger, die 2024 wegen eines angeblichen Putschversuchs zum Tode verurteilt worden waren, aus der Haft und flog sie in die USA aus.

Das nun unterzeichnete Abkommen zwischen Kongo und Ruanda ist der vorläufige Abschluss dieser diplomatischen Annäherung. Dass sich auch Ruanda darauf einließ, dürfte nicht zuletzt daran liegen, dass sich Washington auch mit Ruanda in Gesprächen über einen Rohstoff-Deal befindet.

Ob das Abkommen wirklich den Auftakt eines Friedensprozesses bedeutet oder lediglich den Beginn einer Geschäftsbeziehung, von der die Zivilbevölkerung ebensowenig profitiert wie von der Ausbeutung kongolesischer Minen durch chinesische Firmen, muss sich zeigen. Kongos Außenministerin Thérèse Kayikwamba Wagner zeigte sich bei der Unterzeichnung in Washington wesentlich zurückhaltender als ihre Amtskollegen aus Ruanda und den USA. Es gebe Hoffnung auf Frieden, sagte sie. Doch Frieden müsse verdient werden und erfordere auf allen Seiten Ernsthaftigkeit, Transparenz und Aufrichtigkeit.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Ostkongo
:Ein Land als Selbstbedienungsladen

Alltag, das heißt in Ostkongo, von Männern mit Gewehren durchs Leben geschubst zu werden. Wer Freund ist und wer Feind, weiß hier kaum noch jemand. Über ein Land, das von der Welt ignoriert wird – es sei denn, es geht um seine Bodenschätze.

SZ PlusVon Paul Munzinger

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: