Außenpolitik:Die, die alles weiß

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Antje Leendertse ist neue Staatssekretärin im Auswärtigen Amt. Ihr Chef lobt sie als "wirklich unverwüstlich hartnäckig".

Von Daniel Brössler, Berlin

Da ist die Sache mit Sergej Lawrow. Der erste Besuch damals beim russischen Außenminister ist glimpflich ausgegangen, und wenn man Heiko Maas im Weltsaal des Auswärtigen Amtes so reden hört, dann ahnt man warum. Antje Leendertse, die den Außenminister als Politische Direktorin ein Jahr lang fast überallhin begleitet hat, sei so etwas wie "Diplopedia", sagt Maas. Sie wisse alles. Zum Beispiel, welcher Oligarch in der Ukraine gerade an welcher Strippe ziehe und auch, welche Whiskymarke Lawrow bevorzuge. Leendertse, 56, löst Walter Lindner, 63, als Staatssekretärin im Auswärtigen Amt ab - und ist damit nach der derzeitigen USA-Botschafterin Emily Haber die zweite Frau auf diesem Posten. Sie verfüge über ein "messerscharfes diplomatisches Urteil" und sei "wirklich unverwüstlich hartnäckig", sagt Maas am Freitag bei der Übergabezeremonie. Bewiesen habe sie das im "schier endlosen" Kampf um das Atomabkommen mit Iran, den Minsker Friedensprozess oder den INF-Abrüstungsvertrag.

Eine ausgeprägte Abneigung gegen zeremonielles Gehabe und Wichtigtuerei gilt als Markenzeichen der neuen Staatssekretärin. Sie sei, sagt Maas, "geradeheraus". Zusammen mit dem verbleibenden Staatssekretär Andreas Michaelis ist Leendertse ab April für die Leitung der 14 000 Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes zuständig. "Es kann uns nicht kaltlassen, wenn sich in unserem Land eine Kluft auftut zwischen immer massiveren außenpolitischen Gestaltungsaufgaben einerseits und einem Lebensgefühl in Teilen unserer Gesellschaft andererseits, das ins nationale oder auch nationalistische Schneckenhaus zurück will", formuliert sie ihr Credo.

Anfang der Neunzigerjahre war Leendertse im Einsatz an der Botschaft in Moskau, unter dem grünen Außenminister Joschka Fischer fungierte sie als stellvertretende Sprecherin. Sprecher war damals Lindner, der nun als Botschafter nach Indien geht und auch als Diplomat immer Jazzmusiker geblieben ist. Als er vor 31 Jahren im diplomatischen Dienst angefangen habe, sei es noch "ziemlich blaublütig" und "sehr steif" zugegangen, sagt Linder zum Abschied. Sein Rat an junge Diplomaten sei: "Bleibt authentisch."

© SZ vom 23.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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