AußenpolitikEin ruhiger Start sieht anders aus

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Außenminister Johann Wadephul stellt sich erstmals einer Regierungsbefragung im Bundestag.
Außenminister Johann Wadephul stellt sich erstmals einer Regierungsbefragung im Bundestag. (Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP)

Johann Wadephul ist der erste CDU-Außenminister seit 1966. Von Kanzler Merz hat er den Auftrag, an einer „Außenpolitik aus einem Guss“ mitzuwirken. Das erweist sich als gar nicht so einfach.

Von Daniel Brössler, Berlin

Auf die Frage dürfte der „geehrte Außenminister“ vorbereitet gewesen sein. Auf das Geschrei, das kurz danach losbricht, eher nicht. Was er denn nun Konkretes zu tun gedenke, nachdem er „bislang sehr tatenlos diese grauenerregende menschen- und völkerrechtswidrige Lage in Gaza“ nur beklagt habe, will die Linken-Abgeordnete Katrin Fey von Johann Wadephul wissen.

Er hätte sich da doch eine „Nebenbemerkung Ihrerseits zum Terror der Hamas in diesem Kontext“ gewünscht, beginnt Wadephul, als plötzlich Gebrüll von der Tribüne zu hören ist. Eine sich heftig wehrende und laut schreiende Palästina-Unterstützerin wird von einem Ordner zur Tür gezerrt. Erstmals muss sich der CDU-Politiker Wadephul einer Regierungsbefragung im Bundestag stellen – und nicht erst der Zwischenfall zeigt: Ein ruhiger Start sieht anders aus.

Die SPD fühlte sich überrumpelt

Wadephul ist der erste CDU-Außenminister seit 1966. Von Bundeskanzler Friedrich Merz hat er den Auftrag, an einer „Außenpolitik aus einem Guss“ mitzuwirken. Anders als etwa zwischen dem SPD-Kanzler Olaf Scholz und der grünen Außenministerin Annalena Baerbock soll es möglichst keine Reibungsverluste und keine widersprüchlichen Signale an Freund und Feind in der Welt geben. Trotz der ungewöhnlichen Konstellation mit einem Kanzler und einem Außenminister aus derselben Partei erweist sich das, wie sich schon nach den ersten Wochen zeigt, als nicht ganz einfach. So preschte Wadephul mit der Festlegung vor, Deutschland unterstütze den Plan, dass die Nato-Staaten künftig fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für die Verteidigung ausgeben sollen. Die SPD fühlte sich überrumpelt. Und wiewohl inhaltlich einverstanden, war auch Merz nicht glücklich.

Wadephuls größtes Problem erwies sich als eines, das ihn auch später beim Thema Nahost einholen sollte. Sein Vorstoß für das Fünf-Prozent-Ziel der Nato hatte vor allem einen Adressaten: Donald Trump. Der US-Präsident wünscht sich, dass beim Nato-Gipfel in Den Haag Ende Juni diese Zahl herauskommt. Seit Monaten arbeitet Nato-Generalsekretär Mark Rutte deshalb an einer Formel: 3,5 Prozent der Wirtschaftskraft für Verteidigung bis 2032 plus 1,5 Prozent für auch militärisch genutzte Infrastruktur, zusammen also fünf Prozent. In der Bundesregierung gibt es darüber eigentlich keinen Dissens, aber Merz und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) hätten es der deutschen Bevölkerung gerne schonender beigebracht.

Ärger handelte sich Wadephul auch ein, als er seine Kritik an der israelischen Kriegsführung im Gazastreifen in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung bekräftigte. Eigentlich bewegte sich der Außenminister dabei zunächst auf der Linie des Kanzlers, der zuvor bekannt hatte, er verstehe bei aller Solidarität das Ziel der israelischen Militäraktion nicht mehr. Im SZ-Interview beklagte Wadephul, „dass die ankommenden Lieferungen nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind“. Dabei gehe es um die Gewährung grundlegender Menschenrechte. „Die Kranken und die Schwachen und die Kinder sterben als Erste. Als Konsequenz haben wir unsere Sprache verändert und werden im nächsten Schritt wahrscheinlich auch das politische Handeln ändern.“

Linke und Grüne fragen nach, wie die Bundesregierung denn Druck auf die israelische Regierung ausüben wolle

Das war auch als Wink in Richtung der Regierung in Jerusalem gedacht, dass man es mit der Kritik ernst meine. An der Frage, „ob das, was im Gazastreifen geschieht, mit dem humanitären Völkerrecht in Einklang zu bringen ist“ werde man die Prüfung bestimmter Waffenlieferungen ausrichten. Damit kam Wadephul zwar Erwartungen in der SPD entgegen, sorgte aber für Irritationen in den eigenen Reihen. In einem Gespräch mit der Fraktionsführung der Union musste er versichern, dass die Sicherheit Israels als Teil deutscher Staatsräson unangetastet bleibe. In der Regierungsbefragung sind es dann allerdings nicht nur Linke, sondern auch Grüne, die wissen wollen, was denn die Bundesregierung nun konkret plane, um Druck auf die israelische Regierung auszuüben.

Wadephul verweist auf den Bundessicherheitsrat, der über die Genehmigung von Rüstungsexporten entscheidet. Dieser tage nun einmal geheim. Das sei „gut und richtig so“. In der schwarz-roten Koalition herrsche in der Frage im Übrigen „vollständige Geschlossenheit“. Man stehe an der Seite Israels, werde das Land auch weiter mit Waffen zum Schutz etwa vor Iran beliefern, scheue aber auch nicht vor Kritik zurück.

Was er denn konkret tun werde, „um die rechtsextremen Minister im Kabinett von Herrn Netanjahu unter Druck zu setzen“, wird Wadephul gefragt. Der Außenminister sieht darin eine Gelegenheit, sich von seiner Vorgängerin abzusetzen. Bei aller Kritik entspreche es nicht seinem Amtsverständnis, sich in die Innenpolitik anderer Staaten einzumischen. „Das verbitten wir uns bei uns, und das tue ich bei anderen auch nicht“, sagt er. Das sei dann „vielleicht auch ein Unterschied, den es gibt im Amtsverständnis, und dafür können Sie mich gerne kritisieren“.

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