Süddeutsche Zeitung

Außenminister besucht Israel:Steinmeier hofft auf Neuanfang

Bewegung im Nahost-Konflikt: Außenminister Steinmeier wirbt in Israel für die Zwei-Staaten-Lösung - und ist optimistisch. Israels Konflikt mit Iran schwelt indes weiter - mit neuen Drohungen und Spekulationen.

In den Nahost-Konflikt kommt nach Einschätzung von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier Bewegung: Präsident Schimon Peres habe die "Bereitschaft Israels unterstrichen, den Weg einer Zwei-Staaten-Lösung zu verfolgen", sagte Steinmeier nach seinem Gespräch mit ihm in Jerusalem. Peres selbst sagte, es gebe "eine realistische Chance, die Differenzen zu überbrücken".

Steinmeier traf Peres zum Auftakt seiner zweitägigen Nahost-Reise. Es ist bereits der vierzehnte Besuch in der Region während seiner Amtszeit. Ziel ist nach Steinmeiers Worten, bei Israel und den Palästinensern nachdrücklich dafür zu "werben, den Weg zur Zwei-Staaten-Lösung konsequent zu verfolgen". Auch die Nachbarn Syrien und Libanon wolle er auffordern, an den Bemühungen konstruktiv teilzunehmen. "Gelingt das, ist das von Vorteil für alle."

Steinmeier zeigte sich zufrieden über die Bereitschaft von Peres, die "Dynamik der gegenwärtigen Situation" zu nutzen. Der israelische Präsident wisse auch um die Erwartungen von US-Präsident Barack Obama, den Nahost-Friedensprozess jetzt zu einem Abschluss zu bringen.

Peres wies seinerseits darauf hin, dass Israel im Westjordanland bereits Kontrollpunkte abgebaut und in einigen Städten die Sicherheitsbefugnisse wieder in die Hände der Palästinenser gelegt habe. "Ich hoffe, wir stehen jetzt vor einem Neuanfang", sagte Steinmeier. Gegenüber Peres machte Steinmeier auch klar, dass es keine Fortschritte geben werde, ohne dass Israel den Siedlungsbau in den Palästinensergebieten stoppe.

Am Vormittag besuchte Steinmeier zunächst die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem und legte dort einen Kranz für die sechs Millionen jüdischen Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik nieder. Am Nachmittag wollte der Minister in Jerusalem mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, dem Außenminister Avigdor Lieberman und der Oppositionsführerin Tzipi Livni zusammentreffen. Auch ein Gespräch mit der palästinensischen Führung stand auf dem Programm.

Bewegung im Friedensprozess ist nach Einschätzung Steinmeiers nicht nur durch das Engagement Obamas, sondern auch durch die Normalisierung der Beziehungen zwischen Libanon und Syrien zustandegekommen. Deutschland stützt dabei den von den USA verfolgten "regionalen Ansatz" für die Beilegung des Kernkonflikts zwischen Israel und den Palästinensern.

Iran droht Israel mit Vergeltung

Weiter verschärft hat sich unterdessen der Ton zwischen Israel und Iran. Teheran hat für den Fall eines israelischen Angriffs auf seine Atomanlagen mit Vergeltung gedroht. "Sowohl die USA als auch Israel sollten sich den Folgen einer falschen Entscheidung bewusst sein", sagte der Vorsitzende des Parlamentsausschuss für Nationale Sicherheit und Außenpolitik, Alaeddin Brudscherdi, während eines Besuchs in Tokio. "Ich denke, unsere Antwort wäre effektiv und entschlossen."

Brudscherdi reagierte damit auf Äußerungen von US-Vizepräsident Joe Biden, wonach die USA einen israelischen Militärschlag gegen das iranische Atomprogramm nicht verhindern würden. Die USA könnten "einem anderen souveränen Staat nicht vorschreiben, was er zu tun hat", sagte Biden am Sonntag.

Israel kommentierte Bidens Äußerungen bislang nicht offiziell. Der Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sagte, man wolle keine Erklärung dazu abgeben. Zu israelischen Spekulationen, Biden habe damit grünes Licht für einen Angriff auf Iran gegeben, sagte Mark Regev: "Ich will dazu keinerlei Interpretation liefern."

"Optionen, die Israel in der Iran-Frage hat"

Die Zeitung Israel Hajom schrieb unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten Regierungsvertreter in Jerusalem, es gebe "geheime Absprachen zwischen und der US-Regierung über die Optionen, die Israel in der Iran-Frage hat". Bidens Äußerungen seien ein Anzeichen dafür, dass die US-Regierung angesichts der iranischen Raketentests sowie der iranischen Versuche, einem Dialog auszuweichen, die Geduld verliere. "Die Worte Bidens zu diesem Zeitpunkt sollen den Iranern signalisieren, dass die US-Regierung die Nase voll hat und dass sie nicht ewig auf sie warten will."

Die israelische Zeitung Haaretz schrieb, angesichts der Unruhen in Iran habe Israel der US-Regierung scharfe Warnungen übermittelt, dass man sich bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf das Scheitern des Dialogs zwischen Iran und dem Westen gefasst machen müsse. Israel habe in diesem Zusammenhang einen alternativen Plan gefordert, der ein Paket "lähmender Sanktionen" gegen Iran enthalte, schrieb das Blatt.

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