Ausschreitungen:Verletzte bei Kundgebungen in Chemnitz

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Am Abend zünden rechte und linke Demonstranten auch Feuerwerkskörper. (Foto: AFP)
  • Am Montagabend kommt es in Chemnitz zu Zusammenstößen zwischen rechten und linken Demonstranten.
  • Durch Würfe von Feuerwerkskörpern und anderen Gegenständen werden einige Menschen verletzt und müssen im Krankenhaus behandelt werden.
  • Auf dem Stadtfest am Sonntag war ein Mann nach einer Messerstecherei ums Leben gekommen, inzwischen wurde Haftbefehl gegen einen 22-jährigen Iraker und einen 23-jährigen Syrer erlassen. Schon am Sonntag war es zu rechtsextremen Ausschreitungen gekommen.

Einen Tag nach den Übergriffen auf Ausländer ist es am Montagabend in Chemnitz wieder zu Ausschreitungen bei Kundgebungen gekommen. Mehr als tausend Menschen demonstrierten gegen rechte Gewalt. Gleichzeitig fand eine Kundgebung der rechten Szene statt. Schätzungen zufolge sollen mehr als 2000 Teilnehmer dazu erschienen sein, berichtet die Deutsche Presse-Agentur.

Die Polizei versuchte zu verhindern, dass rechte und linke Gruppen aufeinanderprallen. Doch das fiel bei der aufgeheizten Stimmung schwer. Später am Abend flogen Feuerwerkskörper und Flaschen aus beiden Versammlungslagern, einige Verletzte mussten zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht werden. Die Polizei setzte Wasserwerfer als Trennwall zwischen den beiden Gruppierung ein, als sich die Rechten auf ihre Demonstrationsroute begaben. Die Polizei forderte die rechten Demonstranten über Twitter auf, ihre "Vermummung und Gegenstände niederzulegen".

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Nachdem sich die beiden Demonstrationen am Montagabend aufgelöst hatten, räumte ein Polizeisprecher Personalmangel in den eigenen Reihen ein. Man habe mit einigen Hundert Teilnehmern gerechnet und sich entsprechend vorbereitet, aber nicht mit einer solchen Teilnehmerzahl, sagte er auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. "Der Einsatz verlief nicht störungsfrei." Noch am Nachmittag hatte Polizeipräsidentin Sonja Penzel versichert, ausreichend Kräfte angefordert worden. Es werde nicht zugelassen, dass Chaoten die Stadt vereinnahmen, sagte sie.

Am Sonntag hatte es in der Stadt bereits Ausschreitungen gegeben, zu denen Rechtsextreme im Internet aufgerufen hatten. Auslöser war, dass in der Nacht zuvor ein Mann mit deutscher Staatsbürgerschaft ums Leben gekommen war. Die Staatsanwaltschaft hat in diesem Zusammenhang Haftbefehl gegen einen 22-jährigen Iraker und einen 23-jährigen Syrer beantragt, die dringend verdächtig sind, den Mann erstochen zu haben.

Kurz nach einer Kundgebung gegen rechte Gewalt am Montag im Stadtpark von Chemnitz drangen Hunderte Demonstranten in Richtung einer Versammlung der rechten Szene auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Dort skandierten sie Parolen wie "Nationalismus raus aus den Köpfen" und "Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda".

Regierungschef Kretschmer prangert Hetze und Selbstjustiz an

In Sicht- und Hörweite hatte die rechte Szene am Karl-Marx-Monument eine Kundgebung mit einem Aufzug durch die Innenstadt beantragt. Geschätzt 1000 Menschen versammelten sich dort. Am Monument wurde ein Transparent mit dem Spruch "Deitsch un' frei woll'n mer sei" des Dichters Anton Günther (1876-1937) angebracht. Hunderte Beamte der Bereitschaftspolizei hatten die Straße zwischen beiden Kundgebungen gesperrt.

Der sächsische Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) hatte zuvor Hetze und Selbstjustiz angeprangert. "Es ist widerlich, wie Rechtsextreme im Netz Stimmung machen und zur Gewalt aufrufen. Wir lassen nicht zu, dass das Bild unseres Landes durch Chaoten beschädigt wird", schrieb er Montagnachmittag auf Twitter.

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Polizei und Justiz arbeiteten mit Hochdruck an der Aufklärung der tragischen Geschehnisse. "Ein Mensch hat dabei sein Leben verloren. Zwei weitere sind schwer verletzt. Der Sachverhalt muss umfassend aufgeklärt und die Täter zur Verantwortung gezogen werden." Dazu brauche man ein umfassendes Bild von den Geschehnissen und keine Mutmaßungen, Spekulationen und Gerüchte.

Jagdszenen auf Ausländer

Am Sonntag gingen nach Aufrufen in sozialen Netzwerken etwa 800 Demonstranten auf die Straße, darunter viele Rechtsextreme. Dabei soll es auch Jagdszenen auf Ausländer gegeben haben, berichten Augenzeugen. Teilnehmer der Proteste bewarfen zudem die Polizei mit Flaschen.

Sachsen
:Aufgeheizte Stimmung zwischen Linken und Rechten

Kurz nach einer Kundgebung gegen rechte Gewalt im Stadtpark von Chemnitz drängen Hunderte Demonstranten in Richtung einer Demo der Gegenseite. Die Polizei fährt Wasserwerfer vor, um die beiden Lager zu trennen.

Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) sieht in den rechten Ausschreitungen eine "neue Dimension der Eskalation". Das hinterlasse Spuren bei den Beamten, "alle sind angespannt und herausgefordert", sagte Wöller am Montag vor Journalisten in Chemnitz. Viele Polizeibeamte würden mittlerweile bei Einsätzen angegriffen oder angefeindet, manche Menschen meinten auch, selbst Polizei spielen zu müssen.

Nach Angaben der Chemnitzer Polizeipräsidentin Sonja Penzel waren unter den etwa 800 Demonstranten rund 50 gewaltbereite Personen, die "das Sagen hatten". Während der Versammlung soll es auch Jagdszenen auf Ausländer gegeben haben.Konkret sind der Polizei bislang drei Anzeigen von Geschädigten bekannt. So sollen eine 15-jährige Deutsche und ihr 18-jähriger afghanischer Begleiter sowie in einem anderen Fall ein 18-jähriger Syrer geschlagen worden sein. Zudem sei ein 30-jähriger Bulgare festgehalten und bedroht worden.

© SZ.de/dpa/afp/bepe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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