Süddeutsche Zeitung

Ausschreitungen in Chemnitz:Seehofer bietet Sachsens Polizei Hilfe an

  • Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich erstmals zu den Ausschreitungen in Chemnitz geäußert.
  • Die Polizei ermittelt gegen zehn Demonstranten, weil sie den Hitlergruß gezeigt haben sollen.
  • Außenminister Maas hat zu einer Verteidigung demokratischer Werte in Chemnitz und der ganzen Welt aufgerufen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat sich erstmals zu den Ausschreitungen in Chemnitz geäußert. Die sächsische Polizei könne, falls gewünscht, vom Bund Hilfe erhalten, sagte Seehofer. Sie sei in einer schwierigen Situation. "Sofern von dort angefordert, steht der Bund mit polizeilichen Unterstützungsmaßnahmen zur Verfügung."

Er habe kein Verständnis für Gewalt auf den Straßen der sächsischen Stadt, so Seehofer weiter. Nachdem ein Mann nach einer Messerstecherei auf dem Chemnitzer Stadtfest ums Leben gekommen war, sei die Betroffenheit in der Bevölkerung zwar verständlich. Dies rechtfertige aber "unter keinen Umständen den Aufruf zu Gewalt oder gewalttätige Ausschreitungen". Dafür sei in einem Rechtsstaat kein Platz.

Ähnlich äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). In einem Rechtsstaat sei kein Platz für Hetzjagden auf Ausländer, sagte Merkel. "Wir haben Videoaufnahmen darüber, dass es Hetzjagden gab, dass es Zusammenrottungen gab, dass es Hass auf der Straße gab, und das hat mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun." Sie fügte hinzu: "Es darf auf keinem Platz und keiner Straße zu solchen Ausschreitungen kommen."

Vertreter mehrerer Parteien hatten Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) zuletzt kritisiert, weil er sich mehrere Tage nicht zu Wort gemeldet hatte. Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz nannte dessen Umgang mit den Vorfällen in Chemnitz skandalös. Er kritisierte, dass Seehofer dazu seit Tagen geschwiegen habe. "Der Bundesinnenminister muss sich fragen lassen, ob das Amt für ihn noch das richtige ist", sagte der Innenpolitiker dem Nachrichtenportal t-online.

Der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, erklärte: "Als Bundesinnenminister ist es Seehofers Pflicht zu erklären, welche Konsequenzen er aus den Ausschreitungen in Chemnitz ziehen will." Jan Korte, Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken-Fraktion, forderte ebenfalls eine Reaktion. Am Montag hatte das bereits SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil getan.

Sechs Menschen wurden am Montagabend verletzt

Bei Protesten rechter und linker Demonstranten in der Chemnitzer Innenstadt waren am Montagabend mindestens sechs Menschen verletzt worden. Auslöser dafür war, dass ein 35 Jahre alter Deutscher durch Messerstiche getötet worden war, gegen einen Syrer und einen Iraker ergingen Haftbefehle.

Die Polizei ermittelt nach eigenen Angaben mittlerweile gegen zehn Personen, die bei den Kundgebungen den Hitlergruß gezeigt haben sollen. Ihnen wird das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen, teilte die Polizei mit.

Außenminister Heiko Maas (SPD) rief zur Verteidigung demokratischer Werte in der sächsischen Stadt und weltweit auf. "Rechtsextremismus ist nicht nur eine Bedrohung von Menschen anderer Herkunft, sondern eine Gefährdung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaften", sagte der SPD-Politiker in Berlin. "Wir müssen alles tun, um Menschenwürde, Demokratie und Freiheit zu verteidigen, nicht nur in Chemnitz, sondern überall auf der Welt."

Genau vor 55 Jahren habe der amerikanischen Bürgerrechtler Martin Luther King seine berühmte Rede über den Traum von Gleichberechtigung aller Menschen gehalten, sagte Maas. "Solange radikale Hetzjagden veranstaltet werden, haben wir noch viel zu tun, damit der Traum von Gleichberechtigung Wirklichkeit wird."

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