Deutsche Dschihadisten arbeiten beim Geheimdienst der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und foltern dort offenbar. Das ergibt sich nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR aus den Aussagen des IS-Rückkehrers Nils D., der von Oktober 2013 bis November 2014 in Syrien war.
Acht dieser dreizehn Monate verbrachte der Rückkehrer nach seinen eigenen Angaben in einer Einheit, die sich "Sturmtrupp" nannte und für die Festnahme von Deserteuren und sogenannten Abweichlern zuständig war. Zudem arbeitete er in einem IS-Gefängnis. In der Einheit, so die Angaben von Nils D., waren noch weitere Deutsche aktiv. Der Generalbundesanwalt bezeichnet sie als "Abteilung Innere Sicherheit" des IS.
Folterungen seien an der Tagesordnung gewesen
Nach den Aussagen von Nils D., der aus der berüchtigten Salafisten-Szene im nordrhein-westfälischen Dinslaken-Lohberg stammt, war er in der syrischen Stadt Manbij eingesetzt und an zehn bis fünfzehn Festnahmen beteiligt. Folterungen seien an der Tagesordnung gewesen, im Gefängnis von Manbij sei es regelmäßig dazu gekommen. Gefangene seien so lange gequält worden, bis sie gestanden. Auch habe es einen regelrechten "Hinrichtungsmarktplatz" gegeben, auf dem Erschießungen und Enthauptungen stattgefunden hätten. Zudem habe er eine Kreuzigung gesehen. Einmal sei vor seinen Augen ein IS-Kommandeur exekutiert worden, um ein "Exempel" zu statuieren.
Die mehr als 20 Vernehmungen zeichnen ein umfassendes Bild der Repression im Islamischen Staat. D.s Schilderungen fügen sich ein in die Berichte anderer IS-Rückkehrer und syrischer Menschenrechtsorganisationen. Bereits vor Monaten hatte eine freigelassene deutsche Geisel berichtet, dass sich deutsche Islamisten unter den Folterern des IS befänden.
Foto zeigt D. mit Waffe
Nils D. bestreitet, selbst an Hinrichtungen oder Folterungen beteiligt gewesen zu sein. Er habe bei den Festnahmen nur den jeweiligen Denunzianten bewacht. Im Gefängnis habe er gekocht und die Putztrupps der Gefangenen bewacht. Ein Foto von seinem Handy allerdings zeigt Nils D., wie er einem Gefangenen eine Waffe an den Hinterkopf hält.
Der "Sturmtrupp" sei stets maskiert aufgetreten, mit besserer Bezahlung und Boni sei die Truppe bei Laune gehalten worden. Nach Eroberung der irakischen Stadt Mossul sei zudem Beute verteilt worden. Nur aufgrund besonderer Empfehlung, so Nils D., sei man zum IS-Geheimdienst versetzt worden. Er kehrte Ende 2014 nach Dinslaken zurück und berichtete einem Glaubensbruder über seine Zeit beim IS. Er habe direkt für den "Emir" gearbeitet. Die Polizei hörte das in einem Auto geführte Gespräch ab, Nils D. wurde verhaftet.
Im Januar soll der Prozess gegen Nils D. vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht beginnen. Weil er umfangreich über deutsche IS-Kämpfer aussagte, soll er in anderen Verfahren als Zeuge auftreten - so vor dem Oberlandesgericht in Celle, wo zwei Wolfsburger Syrien-Reisenden der Prozess gemacht wird.