Auslandsreise des Republikaners:Romneys Ausflug in die weite Welt

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Präsidentschaftskandidat Mitt Romney will es den Amerikanern zeigen: Im Ausland glänzen, das ist ein Ritual des Wahlkampfs. Doch der Republikaner hat eine außergewöhnliche Route geplant. Er will Amerikas enge Freunde besuchen, anders als Obama.

Christian Wernicke, Washington

Der Ausflug in die weite Welt ist ein Ritual aller neuzeitlichen US-Wahlkämpfe. Amerikas Präsidenten in spe müssen dem Wahlvolk daheim beweisen, dass sie auch auf internationalem Parkett eine gute Figur abgeben. Nun bricht Mitt Romney auf, von Mittwoch an bereist er in sechs Tagen drei Länder: Großbritannien, Israel, Polen. Der Kandidat, so erklärt seine Kampagne, wolle demütig "lernen und zuhören". Und der Trip folge einem roten Faden. Alle drei Nationen seien "Säulen der Freiheit" und treueste Verbündete.

Mitt Romney, mal staatsmännisch: Ein Kurztrip ins Ausland führt ihn zu den "Säulen der Freiheit", nach Großbritannien, Israel und Polen. (Foto: AP)

Außenpolitische Experten wundern sich dennoch. Romney folge "einer sonderbaren Reiseroute", spottet Michael O'Hanlon von der Brookings Institution. "Das ist reinster Stimmenfang." Romneys Berater wollten katholische und jüdische Wähler umgarnen - und von unterwegs eine bekannte Kernbotschaft nach Amerika schicken: "Sie wollen das Argument unterstreichen, Obama habe sich zu sehr um Amerikas Feinde gekümmert - und zeigen, dass Romney vor allem Amerikas Freunde und Alliierte unterstützen werde."

Nur so sei zu erklären, warum Romney, anders als Kandidat Barack Obama 2008, weder die US-Truppen in Afghanistan besuche noch in Deutschland vorbeischaue, "der in der Euro-Krise einflussreichsten Macht". Außenpolitik als Fortsetzung der Innenpolitik mit anderen Mitteln - dieses Muster lässt sich auf Romneys Stationen erkennen.

Großbritannien, Spendenschecks von Bankern

Beispiel eins, Großbritannien. Die Kritik, Präsident Obama habe Amerikas engsten Weltkriegsverbündeten verprellt, hob bereits in den ersten Tagen von dessen Amtszeit an. Da wurde bekannt, der schwarze Präsident habe die Büste von Winston Churchill aus dem Oval Office entfernen lassen. Der legendäre britische Premier hatte sich wiederholt abfällig über Afrikaner und Asiaten geäußert und durchblicken lassen, dass er die weiße Rasse für berufen halte, die Welt zu lenken. Obama, immerhin Sohn eines kenianischen Anti-Kolonialisten, nahm dies Churchill übel.

Im republikanischen Vorwahlkampf kündigte Romney unter dem Jubel seiner Anhänger an, er werde die Marmorbüste an ihren angestammten Platz zurückbringen. London offeriert Romney viel Geld und telegene Momente. Seine Kampagne lädt amerikanische Banker und Börsianer aus der City zum Dinner - und zum Ausstellen möglichst fünfstelliger Spendenschecks. Und der Republikaner wird am Donnerstag Premier David Cameron ebenso treffen wie Labour-Führer Ed Miliband. Zudem gelang es, in London noch eine Begegnung mit Irlands Regierungschef Enda Kenny zu arrangieren: Millionen Amerikaner sind stolz auf ihre irischen Wurzeln.

Am wichtigsten ist Romneys PR-Beratern der Termin am Freitagabend. Da wird Romney allerlei US-Olympioniken treffen, und er wird an der Eröffnung der Olympischen Spiele teilnehmen. Der Augenblick soll das Publikum daheim daran erinnern, mit welchem Geschick dieser Krisenmanager einst die Winterspiele in Salt Lake City (2002) vor einem Fiasko bewahrte.

Israel, Amerikas engster Verbündeter

Beispiel zwei, Israel. Romneys Nahost-Passage ist der wichtigste Teil der Reise. Nicht nur, weil daheim jüdische Wähler im umkämpften Swing State Florida die Wahl entscheiden könnten. Wiederholt hat der Republikaner Israel als Amerikas engsten Verbündeten (noch vor den Nato-Alliierten) gelobt.

Konservative Außenpolitiker wie auch Amerikas evangelikale Rechte halten dem Demokraten Obama vor, dass er mit seinen Bemühungen zur Wiederbelebung des Friedensprozesses gescheitert sei. Sie empört aber auch, dass Obama überhaupt zwischen Israelis und Palästinensern hatte vermitteln wollen, statt in Treue fest zum jüdischen Staat zu stehen.

Premier Benjamin Netanjahu, mit dem Romney seit Mitte der siebziger Jahre nach ihrer Zeit bei einer Consultingfirma in Boston befreundet ist, diente den Republikanern mehrfach als Kronzeuge dieser Kritik: Während einer Rede vor dem US-Kongress, in der Netanjahu sich ungewöhnlich offen gegen Obamas Nahost-Politik verwahrte, erntete der Israeli frenetischen Beifall.

Romney hat versprochen, als Präsident seine erste Auslandsreise nach Israel zu unternehmen. Unter Romneys Redenschreibern und Beratern finden sich etliche neokonservative Vordenker, die in der ersten Amtszeit von George W. Bush Einfluss hatten. Bei einem Vortrag in Jerusalem dürfte Romney erneut fordern, Amerika müsse "mit mehr Härte" und notfalls mit militärischer Gewalt Iran daran hindern, sein Atomprogramm fortzusetzen. Im Wahlkampf sagte Romney: "Falls wir Barack Obama wiederwählen, wird Iran die Nuklearwaffe bekommen. Wenn wir Mitt Romney wählen, kriegt Iran sie nicht."

Polen, Heimat vieler Wähler

Beispiel drei, Polen. In Warschau wird Romney politische Prominenz samt Präsident und Premier treffen - aber wichtiger fürs heimische Publikum ist Danzig: Dort wartet Lech Walesa auf den Republikaner, der Solidarnosc-Mitbegründer und Nobelpreisträger, der voriges Jahr eine Begegnung mit Obama abgelehnt hatte. Polen ist Heimat vieler Wähler im wichtigen Bundesstaat Michigan. Das Land blickt zudem ähnlich skeptisch nach Russland wie Romney. Die Bemerkung, Moskau sei Amerikas "geopolitischer Feind Nummer eins" trifft seit der Wiederwahl Wladimir Putins die Stimmung daheim.

© SZ vom 25.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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