Süddeutsche Zeitung

Ausländer - Berlin:Neue Runde im Streit um Polizeirechte bei Abschiebungen

Berlin (dpa/bb) - Der seit Monaten schwelende Streit im Senat um die Rechte der Polizei bei Abschiebungen geht in eine neue Runde. Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) will nun mit einem Rechtsgutachten klären lassen, ob die Beamten Flüchtlingsunterkünfte bei geplanten Abschiebungen ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss betreten dürfen. Sie ist der Auffassung, dass dies nicht möglich ist. Das unterstrich eine Sprecherin am Donnerstag, nachdem die "Berliner Morgenpost" über die neue Entwicklung berichtet hatte.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Berlin (dpa/bb) - Der seit Monaten schwelende Streit im Senat um die Rechte der Polizei bei Abschiebungen geht in eine neue Runde. Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) will nun mit einem Rechtsgutachten klären lassen, ob die Beamten Flüchtlingsunterkünfte bei geplanten Abschiebungen ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluss betreten dürfen. Sie ist der Auffassung, dass dies nicht möglich ist. Das unterstrich eine Sprecherin am Donnerstag, nachdem die "Berliner Morgenpost" über die neue Entwicklung berichtet hatte.

Innensenator Andreas Geisel (SPD) geht vom Gegenteil aus: Er sieht sich darin durch ein nun in Kraft getretenes neues Bundesgesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht von Ausländern bestärkt. "Jetzt herrscht Rechtssicherheit", sagte der Sprecher der Innenverwaltung, Martin Pallgen. "Bundesgesetze gelten auch in Berlin und werden hier auch umgesetzt."

Die Innenverwaltung wies demnach die Polizei an, auch ohne Durchsuchungsbeschluss wieder aus Migrantenheimen abzuschieben. Geisel hatte diese Praxis im Mai - verbunden mit ungewöhnlich heftiger Kritik an Breitenbach - vorläufig gestoppt. Den praktisch war es so, dass Verantwortliche in Ausländerunterkünften Polizisten daran hindern wollten, diese ohne Durchsuchungsbeschluss zu betreten. Mindestens fünf Polizisten wurden wegen Hausfriedensbruchs angezeigt.

Nach Ansicht Breitenbachs hat sich an der Rechtslage nichts geändert. "Es gibt weiter unterschiedliche Rechtsauffassungen", sagte ihre Sprecherin Regina Kneiding. Das Gutachten solle dazu mehr Klarheit bringen. Geisels Sprecher sagte, man sei mit der Integrationsverwaltung im Gespräch. "Wir setzen auf gute Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner."

CDU-Fraktionschef Burkard Dregger kündigte an, den Vorgang am kommenden Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses zu thematisieren. "Es ist unerträglich, wenn zwei sich im Senat streiten und Polizei und Heimleitungen zu Buhmännern gemacht werden", erklärte er. "Das ist krasses Politikversagen." Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) müsse hier eingreifen und für eine Beilegung des Streits sorgen, forderte Dregger.

Der FDP-Innenpolitiker Marcel Luthe nannte das Agieren von Geisel und Breitenbach "verantwortungslos". "Es zeigt die völlige Zerrüttung der Koalition, wenn zwei Senatsverwaltungen durch ihre Uneinigkeit Konflikte zwischen den Mitarbeitern schüren", erklärte er.

Bei dem Streit spielt die Frage eine Rolle, ob es sich um ein Betreten oder eine Durchsuchung der Wohnung handelt, wenn Polizisten einen abgelehnten Asylbewerber in seiner Unterkunft aufsuchen, um seine Abschiebung in Gang zu setzen.

Im nunmehr geänderten Aufenthaltsgesetz heißt es in Paragraf 58: "Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet." Auch eine Wohnungsdurchsuchung ist demnach zu diesem Zweck möglich, wenn ein Richter dies anordnet oder wenn Gefahr in Verzug ist.

Im ersten Halbjahr wurden aus Berlin laut Innenverwaltung 564 abgelehnte Asylbewerber und sonstige ausreisepflichtige Ausländer abgeschoben. 2748 weitere reisten freiwillig aus. Mitte des Jahres galten in Berlin 12 477 Ausländer als ausreisepflichtig. Bei vielen von ihnen ist die Abschiebung aus verschiedenen Gründen vorübergehend ausgesetzt.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-190822-99-564357
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Direkt aus dem dpa-Newskanal