Ausbildung:Immer seltener Bafög

Der Staat unterstützt immer weniger Studierende, Schüler und Schülerinnen mit Bafög, und dies bereits seit Jahren. Um rund 180 000 ist die Zahl der Empfänger von 2014 bis 2017 gesunken. Die Grünen kritisieren die geplante Reform der Ausbildungsförderung.

Von Susanne Klein

Der Staat unterstützt immer weniger Studierende, Schüler und Schülerinnen mit Bafög, und dies bereits seit Jahren. Um 180 000 ist die Zahl der Empfänger von 2014 bis 2017 gesunken - damit sind in jedem Jahr durchschnittlich 45 000 junge Menschen aus der Ausbildungsförderung des Bundes herausgefallen. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Auch die geplante 26. Bafög-Novelle, die noch in dieser Woche im Kabinett beschlossen werden könnte, vermöge den Negativtrend nicht zu stoppen, sagte der grüne Bundestagsabgeordnete Kai Gehring am Montag. Das Deutsche Studentenwerk sowie Vertreter von Studierenden haben den Gesetzentwurf ebenfalls kritisiert.

Die Regierung begründet den Rückgang bei den Bafög-Empfängern in ihrer Antwort mit der "außergewöhnlich positiven Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung". Damit ist gemeint, dass Studierende und Schüler kein Geld vom Bund erhalten, weil ihre Eltern wegen der guten Beschäftigungslage und gestiegener Gehälter nach Bafög-Maßstäben zu viel verdienen. Die letzte Bafög-Novelle war 2014 beschlossen, aber erst im Herbst 2016 wirksam geworden, seither gab es keine Anpassungen mehr. Daher haben die Bemessungsgrenzen beim Elterneinkommen nicht mit der realen Lohnentwicklung Schritt gehalten. Die Bundesregierung räumt einen Nachholbedarf ein. Laut Antwort auf die Kleine Anfrage "erscheint eine erneute Ausweitung des BAföG-Berechtigtenkreises ganz besonders mit Blick auf Familien geboten, die jetzt knapp über den einkommensbezogenen Anspruchsgrenzen liegen".

Das Deutsche Studentenwerk stuft die Erhöhungen als deutlich zu niedrig ein

Ein Gesetzentwurf von Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) soll das Bafög nun wieder stärken - als Instrument "von Chancengerechtigkeit in der Bildung". Die Novelle sieht vor, den Einkommensfreibetrag der Eltern in drei Schritten bis 2021 um insgesamt 16 Prozent anzuheben. Die Grünen sprechen indes von einem "enttäuschenden und unzureichenden Entwurf". Aus der Antwort der Regierung gehe hervor, dass sie mit nur 35 000 zusätzlichen Geförderten rechne, so Bildungsexperte Gehring. Bei der vorherigen Novelle habe sie noch 110 000 angestrebt, stattdessen sei die Quote dann aber weiter abgestürzt. Auch die Bundesstudierendenvertretung "Freier Zusammenschluss von Student*innenschaften" (FZS) kritisierte die geplante Reform angesichts stark gestiegener Studierendenzahlen als "verpasste Trendwende". Studieren sei heute ein Armutsrisiko.

Karliczeks Gesetzentwurf sieht vor, das Bafög-Geld für den Grundbedarf zum kommenden Wintersemester um fünf Prozent auf 420 Euro und zum Wintersemester 2020/21 um weitere zwei Prozent im Monat zu erhöhen. Die Wohnpauschale soll auf 325 Euro monatlich steigen. Das Deutsche Studentenwerk stuft die Erhöhungen als zu niedrig ein und stützt sich dabei auf eine Studie des Forschungsinstituts für Bildungs- und Sozialökonomie (Fibs) in Berlin. Die Forscher haben die Lebenshaltungskosten von Studierenden im Zeitraum 2012 bis 2016 analysiert und herausgefunden, dass deren Ausgaben für Miete, Gesundheit und Verkehr überproportional stark gestiegen sind. Die Studierenden versuchten deshalb bei Kleidung, Freizeit und Essen zu sparen, berichtete Fibs-Direktor Dieter Dohmen: "Die Ausgaben für Ernährung sind oft so niedrig, dass sie unterhalb des physiologischen Existenzminimums liegen dürften."

Der Wissenschaftler hält aktuell einen Bafög-Basissatz von 500 bis 550 Euro für angemessen. Die Grünen fordern zudem, das Wohngeld regional zu staffeln. Auch Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) sprach sich für Wohnzuschläge in teuren Städten aus.

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