Süddeutsche Zeitung

Aus für Transrapid:Ende schlecht, alles gut

Schluss mit Transrapid: Das Prestigeprojekt der Christsozialen ist gescheitert. Warum die CSU eher erleichtert ist.

Kassian Stroh

Wie gut für Erwin Huber, dass ihn da einmal keiner beim Wort genommen hat. Er sei bereit, "bis an den Rand meines Existenzminimums" zu wetten, dass dereinst in München der Transrapid fahren werde, sagte er Anfang August 2007 vor Journalisten.

Damals war Huber noch Verkehrs- und Wirtschaftsminister sowie CSU-Chef im Wartestand. Dieser Tage nun ist er im Ski-Urlaub und verfolgt aus der Ferne, wie das Projekt zu Grabe getragen wird.

Vielleicht ist Huber auch froh, dass er nicht selbst mit der schlechten Nachricht vor die Presse treten musste. Schließlich hatte er sich wie kaum einer in der CSU dem Transrapid verschrieben.

Viel mehr zumindest als der bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein, der nie ein großer Befürworter des Transrapids war und der am Tag vor Hubers Wettangebot bei einer Pressekonferenz ganz nebenbei eine Bemerkung fallen ließ, die man als Distanzierung ebenso lesen konnte wie als Hintertür, die er sich offen lassen wollte. Er wolle den Transrapid, sagte er da, "aber nicht um jeden Preis". Diese Hintertür hat Beckstein nun am Donnerstag genommen.

"Da brauchst ned diskutieren"

Das Thema Transrapid könnte zur Zerreißprobe des CSU-Führungsduos werden, prophezeiten schon im Herbst CSU-Spitzenpolitiker. Dass es dazu nun offenbar doch nicht gekommen ist, liegt an der exorbitanten Kostensteigerung, die wohl auch Huber nicht mehr mittragen konnte oder wollte. Hätte die Prognose bei 2,1 Milliarden Euro gelegen, "das wäre eine Debatte geworden", schwante am Donnerstag einem der führenden CSUler.

Aber bei Kosten von 3,4 Milliarden? "Da brauchst ned diskutieren." In der CSU-Spitze, die sich einhellig völlig überrascht von der Kostenexplosion gab, herrscht die Meinung vor, dass man sich schon mit den ursprünglich geplanten 1,85 Milliarden "an der Grenze der Akzeptanz" bewegt habe.

So zeigte sich Beckstein am Donnerstag denn auch erstaunlich locker, fast gelöst - was zwar ganz im Gegensatz stand zu seinen Worten vom "schlechten Tag für den Technologie-Standort Deutschland". Aber schließlich räumte er selbst ein, wie unpopulär der Transrapid in Bayern ist. In der CSU gibt es jedoch nach wie vor Unmut über Becksteins Kurs.

"Dem Ministerpräsidenten dürften die neuen Zahlen sehr gelegen gekommen sein", sagte der Berliner CSU-Statthalter Peter Ramsauer. Schon ihm Dezember hieß es in der Landtagsfraktion, man müsse Beckstein zum Jagen tragen. "Ein bisschen schwanger gibt es nicht", soll ihm CSU-Generalsekretärin Christine Haderthauer damals vorgeworfen haben.

Nun gibt es in der CSU Stimmen, die die 3,4 Milliarden Euro als "bestellte Zahl" bezeichen. Sie sei politisch gewollt - von der Industrie wie von Beckstein, um aussteigen zu können. Auch wird dem Regierungschef angekreidet, sein Versprechen gebrochen zu haben, dass es ein plötzliches Aus wie seinerzeit bei der Wiederaufarbeitungsanlage in Wackersdorf nicht noch einmal geben werde.

Der Ministerpräsident will nun offenbar mit der Ankündigung gut Wetter machen, binnen kurzem festzulegen, für welche anderen Projekte in Bayern man die für den Transrapid eingeplanten 490 Millionen Euro verwenden werde. Darüber dürfte eine muntere Debatte in der CSU entbrennen. Schon meldete am Donnerstag mit den Schwaben der erste CSU-Bezirksverband Forderungen nach weiteren Nahverkehrsprojekten im Land an.

"Wir haben keinen Plan B"

Was die konkrete Verkehrsanbindung des Münchner Flughafens betrifft, leistete Beckstein den Offenbarungseid: "Wir haben keinen Plan B." Verkehrsministerin Emilia Müller assistierte: "Wir landen wieder bei null." Alles hatte die CSU auf die Karte Transrapid gesetzt. Anfangs, als um die Jahrtausendwende die Pläne erstmals diskutiert wurden, war die CSU noch skeptisch. Sie wurde aber nicht zuletzt von Müllers Vorvorgänger Otto Wiesheu auf Transrapid-Kurs gebracht. Der sitzt heute - interessante Beinote - im Vorstand der Deutschen Bahn.

Wiesheu gewann auch seinen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Und der wollte am Ende seiner Karriere das Projekt auf jeden Fall durchboxen. Weshalb er eine Woche vor seinem Rücktritt, am 24. September 2007, eine Festpreisvereinbarung mit der Industrie erreichte. Damals ließ er Champagner auffahren, was bei Stoiber eine beispiellose Eruption von Feierlaune darstellte.

Er verkündete den "endgültigen Durchbruch", nachdem die CSU in den Wochen zuvor mehrmals den "Durchbruch" verkündet hatte - damals jagte eine Verhandlungsrunde die nächste. Das Aus für den Transrapid ist das Aus für Stoibers Prestigeobjekt. Selbst bei Kostensteigerungen, sagte er damals, sei der Entschluss, die Strecke zu bauen, nicht mehr rückgängig zu machen. Da strafte ihn sein Nachfolger Lügen.

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SZ vom 28.03.2008/plin
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