Augenzeugenbericht:Der nordkoreanische Gulag

Ein Dokument des Grauens: Die Nordkoreanerin Soon Ok Lee wurde wegen "mangelnden Vertrauens in die Mutterpartei" in ein Straflager gesteckt. Später berichtete sie über ihren Alltag als Gefangene im Lager von Kaechon.

Zu zwölf Jahren Umerziehung verurteilte ein nordkoreanisches Gericht die beiden US-Journalistinnen Euna Lee und Laura Ling vergangene Woche. Der Begriff lässt kaum ahnen, welches Grauen die beiden Frauen erwartet. Nur wenig ist über das Lagersystem in Nordkorea bekannt, weil es nur wenige überleben. Soon Ok Lee überlebte nicht nur, sie konnte fliehen und lebt heute in Seoul. Ihre Aussage vor dem Justizausschuss des amerikanischen Senats am 21. Juni 2002 ist ein eindringliches Dokument von der Lage in nordkoreanischen Straflagern. Wir zeigen es hier in einer gekürzten Fassung. (Übersetzung: Annette Meyer-Prien)

Augenzeugenbericht: Auf dem Plakat - es stammt aus dem Band "North Korean Posters" (Prestel Verlag 2008) von David Heather und Koen De Ceuster - steht: "Verteidigt die rote Flagge der Revolution bis zum bitteren Ende!"

Auf dem Plakat - es stammt aus dem Band "North Korean Posters" (Prestel Verlag 2008) von David Heather und Koen De Ceuster - steht: "Verteidigt die rote Flagge der Revolution bis zum bitteren Ende!"

(Foto: Foto: Prestel Verlag)

Ich war eine ganz normale Bürgerin Nordkoreas, dem Führer und der Partei treu ergeben, und ich glaubte, Nordkorea sei ein Paradies des Volkes. Seit 14 Jahren war ich Direktorin des Versorgungsamts der Regierung für Parteikader, als ich 1984 unter der falschen Anschuldigung, Regierungseigentum unterschlagen zu haben, verhaftet wurde.

Während einer vierzehn Monate dauernden Voruntersuchung wurde ich gefoltert und am Ende gezwungen, die falschen Anschuldigungen zuzugeben. Ein Schnellgericht verurteilte mich schließlich zu einer Gefängnisstrafe von dreizehn Jahren. Nach fünf Jahren kam ich 1992 durch eine überraschende Amnestie frei.

Während der ersten sechs Monate im Gefängnis hatte ich kurz in allen Betrieben des Gefängnisses gearbeitet, bevor mir aufgrund meiner betriebswirtschaftlichen Ausbildung eine Arbeit in der Buchhaltung zugewiesen wurde. Ich überlebte die jahrelangen Qualen, weil ich eine relativ leichte Büroarbeit als Buchhalterin für die Gefängnisleitung hatte. Neben den offiziellen Vollzugsanstalten für politische Gefangene gibt es noch zwei oder drei geheime politische Gefängnisse. Gefangene, die gegen die Parteirichtlinien verstoßen haben sollen, werden von einen Schnellgericht dorthin geschickt.

Ich war Insassin eines dieser politischen Gefängnisse Nordkoreas. Ein Gefangener an diesem Ort darf weder reden noch lachen, er darf nicht singen und er darf nicht in den Spiegel sehen. Wenn sie von einem Wärter aufgerufen werden, müssen sich die Gefangenen auf den Boden knien und den Kopf tief gesenkt halten. Sie dürfen nichts sagen, nur auf Fragen antworten. Die Babys internierter Frauen werden sofort nach der Geburt getötet. Die Gefangenen müssen 18 Stunden täglich Sklavenarbeiten verrichten. Wer mehr als einmal sein Arbeitspensum nicht schafft, kommt für eine Woche in die Strafzelle.

Die Vorverhandlung sollte um zehn Uhr in meinem früheren Büro stattfinden, in dem ich jahrelang als loyales Parteimitglied gearbeitet hatte. Ich fragte, ob es möglich sei, vor der Hauptverhandlung meinen Mann zu sehen. "Ihr Mann ist nicht hier. Versuchen Sie nie, sich mit einer anderen Person zu treffen, verstanden!", war die Antwort. Meinem Anwalt begegnete ich zum ersten Mal im Gerichtssaal. Das Gericht bestand aus einem Richter, einem Staatsanwalt, dem Anwalt und einer "Jury" aus zwei Geschworenen. Der Mann, der mich verhört hatte, war auch da. Der Richter sagte ein paar Sätze zu den Anschuldigungen gegen mich und fragte, ob ich mich zu der Anklage bekenne.

Vorher, beim Verhör, hatte ich versprochen, mich schuldig zu bekennen, aber in dem Moment konnte ich mich einfach nicht zusammennehmen. "Euer Ehren", sagte ich, "ich habe niemals staatliches Eigentum unterschlagen oder gegen irgendeine Parteirichtlinie verstoßen. Niemals! Ich bin unschuldig. Bitte ermöglichen Sie eine faire Untersuchung in meinem Fall." Die zwei Wärter an meiner Seite schrieen los: "Du bist wohl verrückt geworden!", und fingen an, mir in die Kniekehlen zu treten. In dem Moment erklärte der Richter die Voruntersuchung für abgeschlossen.

"Bekennen Sie sich schuldig"

Nach dieser Voruntersuchung, die keine 15 Minuten gedauert hatte, wurde ich bis zur Hauptverhandlung um 17 Uhr am selben Nachmittag in einer Polizeizelle festgehalten. Man gab mir weder Wasser noch etwas zu essen. Meine Befrager quälten mich die ganze Zeit über mit derselben Drohung: "Was ist mit deinem Mann und deinem Sohn? Wenn du dich vor Gericht schuldig bekennst, wird ihnen nichts geschehen. Wenn nicht, weißt du ja, was mit ihnen passieren wird."

Als mich der Richter bei der Verhandlung am Nachmittag fragte: "Bekennen Sie sich schuldig im Sinne der Anklage?", musste ich ja sagen. Es wurden keine Beweise vorgelegt, und es sagte auch niemand gegen mich aus. Der Richter kümmerte sich nicht darum, dass Beweise fehlten und keine Zeugen erschienen und verurteilte mich wegen Verstoßes gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung und Unterschlagung von Staatseigentum zu 13 Jahren Gefängnis. Der Anwalt blieb während der gesamten Verhandlung stumm. Meine Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe stand von vornherein fest, das Gerichtsverfahren war reine Formalität.

Zum Frauengefängnis von Kaechon gehören folgende elf Arbeitsbereiche: ein Herstellungsbetrieb für verschiedenste Waren, einer für Exportwaren, eine Schuhfabrik, eine Leder- und Gummi-Fabrik, eine Fabrik zur Herstellung von Kleidung, eine Stoffzuschneiderei, eine Arbeitsvorbereitungseinheit, eine Wartungseinheit, eine Strafeinheit, eine Landbauabteilung und eine Küchenabteilung. Die Häftlinge müssen bei der Arbeit stets die Köpfe gesenkt halten und jede Bewegung außer den für ihre Arbeit nötigen vermeiden. Über die Hälfte der weiblichen Häftlinge hat einen Buckel, Beulen am Kopf oder im Schulterbereich oder ist auf eine andere Art verkrüppelt. Die Frauen in der Schuhfabrik sind fast alle kahl.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie die Frauen untergebracht sind.

Schlafräume völler Flöhe

In allen Einheiten gibt es Glaskästen, in denen die Wärter sitzen und die Gefangenen bei der Arbeit beaufsichtigen. Die Regel lautet, dass eine Gefangene zum Aufseher laufen und sich mit gesenktem Kopf vor ihm auf die Knie fallen muss, sobald sie aufgerufen wird. Natürlich darf sie nichts sagen, sondern nur Fragen beantworten. Wer nicht schnell genug antwortet oder sich bewegt, dem wird ins Gesicht oder vor die Brust getreten. Wer den Kopf hebt oder die Glieder streckt, wird schwer bestraft.

Mahlzeiten für die Gefangenen: Salzsuppe. Volle Mahlzeit: 100 Gramm Maisbrei. Reduzierte Mahlzeit (als Strafmaßnahme): 80 Gramm Maisbrei. Reduzierte Mahlzeit (als weitere Strafe): 60 Gramm Maisbrei.

In einem etwa fünf mal sechs Meter großen Raum voller Flöhe schlafen jeweils zwischen 80 und 90 Gefangene. Etwa 80 Prozent von ihnen sind Hausfrauen. Die Räume sind so vollgestopft, dass das Schlafen an sich schon Folter ist. Man liegt so eng nebeneinander, dass man die stinkenden Füße der Mitgefangenen direkt unter der Nase hat. Als Kopfkissen dient die zusammengerollte Kleidung.

Die Strafzelle ist für alle Gefangenen eine der gefürchtetsten Bestrafungen. Diese Zellen sind üblicherweise 60 Zentimeter breit und 110 Zentimeter hoch. Deshalb können die Gefangenen sich weder aufrichten noch ihre Gliedmaßen ausstrecken oder liegen. Sie können sich noch nicht einmal an die Wand lehnen, weil sie so eingezwängt sind. Es gibt 20 dieser Zellen für weibliche Gefangene und 58 für die Männer. Die übliche Strafe beträgt zwischen sieben und zehn Tagen für Vergehen wie einen Ölfleck auf der Kleidung, dass man die Neujahrsansprache des Präsidenten nicht auswendig kann oder zum wiederholten Mal sein Arbeitspensum nicht geschafft hat.

Wenn die Gefangenen wieder herausgelassen werden, sind ihre Beine ganz verbogen. Im Winter haben sie Frostbeulen und können kaum noch laufen. Viele der Opfer waren für immer verkrüppelt, weil sie sich so lange nicht bewegen konnten, oder starben bald darauf, weil sie sofort nach ihrer Freilassung wieder arbeiten mussten. Die Gefangenen nennen die Strafzelle die "Chilsong-Kammer", das heißt: Todeskammer eines schwarzen Engels.

Im November 1989 wurde ich eine Woche lang in die Strafzelle gesperrt, weil ich versucht hatte, ein fehlerhaftes Hemd zu verbergen, das ein zwanzigjähriges Mädchen hergestellt hatte. Das Mädchen wurde in die Folterkammer gebracht und danach nie mehr gesehen.

Nicht zuletzt der eiskalte Luftzug, der aus dem Toilettenloch aufstieg, machte meinen Aufenthalt zu einer extrem unangenehmen Erfahrung. Im Sommer haben die Gefangenen ihre Not, Tausende von Maden und Käfern ins Toilettenloch zurückzudrücken.

Nachdem ich wieder herausgelassen worden war, hatte ich fünfzehn Tage lang Beschwerden beim Gehen, aber ich erholte mich wieder, weil ich durch meine Arbeit die willkommene Möglichkeit bekam, mit Arbeitsaufträgen in sämtliche Ecken des Lagers zu laufen.

Lesen Sie auf der folgenden Seite, wieso die Lagerinsassen Ratten fangen müssen.

Rohes Rattenfleisch

Augenzeugenbericht: Auf diesem nordkoreanischen Propagandaplakat ist zu lesen: "Zeigt uns den Geist der revolutionären Paektusan-Armee!"

Auf diesem nordkoreanischen Propagandaplakat ist zu lesen: "Zeigt uns den Geist der revolutionären Paektusan-Armee!"

(Foto: Foto: Prestel Verlag)

Es gilt als Glückstag, wenn einem aus dem Toilettenloch eine Ratte entgegen gekrochen kommt. Dann fangen sie die Gefängnisinsassen mit bloßen Händen und verschlingen sie roh, denn Ratten sind im Gefängnis die einzige Fleischquelle.

Es heißt, der wundervolle Geschmack einer rohen Ratte sei unvergesslich. Wenn man aber beim Essen einer Ratte erwischt wird, gibt es eine besonders lange Strafe. Die Gefangenen müssen also sehr vorsichtig sein, wenn sie eine Ratte fangen und aufessen.

Hun Sik Kim war die Leiterin der Hochschule für Elektroingenieurwesen von Pjöngjang. Sie wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie vorgeschlagen hatte, die Pflichtarbeitszeiten ihrer Studenten zu verkürzen, damit sie mehr Zeit zum Lernen hätten.

Im Gefängnis bekam sie die Aufgabe zugewiesen, Stoff für die Herstellung von Jacken zuzuschneiden, die am Präsidentengeburtstag an Arbeiter als Geschenk verteilt werden sollten. Einmal verrechnete sie sich mit dem importierten Nylon-Stoff, korrigierte den Fehler aber sofort, sodass es keinen Verschnitt gab. Trotzdem wurde sie wegen "Sabotageversuchs" für zehn Tage in die Strafzelle gesperrt. Als sie wieder herausgelassen wurde, war sie verkrüppelt und teilweise gelähmt. Zwei Mitgefangene mussten sie stützen, damit sie zu ihrem Arbeitsplatz und wieder zurück gehen konnte. Die Lagerbeamten behaupteten, sie würde eine Verletzung vortäuschen und schrieen sie an:"Du Schlampe! Wem glaubst du hier, was vormachen zu können?"

Sie wurde von den Wärtern herumgestoßen und getreten wie ein Fußball, aber sie ertrug etwa einen Monat lang alle Beleidigungen und Schläge. Trotz der Verletzungen am ganzen Körper raffte sie sich immer wieder auf. Die Wunden entzündeten sich und begannen heftig zu eitern. Sie wurde oft ohnmächtig. Sie wurde ins Krankenzimmer eingeliefert, musste dort aber weiterarbeiten. Ich war im selben Zimmer mit ihr, weil ich Paratyphus hatte.

Eines Tages im August verbrannten sie die Lagerärzte mit glühenden Steinen, um zu sehen, ob sie Schmerz fühlen konnte. Ich konnte das verbrannte Fleisch riechen und war kurz davor, mich zu übergeben und ohnmächtig zu werden. Ich dachte daran, was der Lagerbeamte gesagt hatte, als ich im Camp eingetroffen war. "Hier hast du keine Rechte als menschliches Wesen mehr!"

Hun Sik Kim fühlte nichts, als ihr Fleisch verbrannte. Von diesem Tag an konnte sie ihre Blase und ihren Darm nicht mehr kontrollieren. Ich hatte selbst hohes Fieber, aber ich tat mein Bestes, mit dem dreckigen Lumpen, den mir die Ärzte gegeben hatten, ihre Wunden zu versorgen. Sie sagte mit schwacher Stimme und Tränen in den Augen: "Ich will den blauen Himmel sehen. Weißt du, meine Kinder warten auf mich."

In den darauffolgenden Tagen ging es mir selbst sehr schlecht. Ich war bewusstlos und konnte mich nicht um sie kümmern, als sie weiter stöhnte.

"Sir, hier drin ist jemand gestorben"

Ein paar Tage später kam ich wieder zu mir und kroch zu ihr. Als ich das Tuch von ihrer Wunde nahm, sah ich voller Entsetzen, dass sie von Maden wimmelte! Sie starb in derselben Nacht. Durch das kleine Loch in der Tür rief ich einem Aufseher zu: "Sir, hier drin ist jemand gestorben." Die Antwort war: "Na und? Du Schlampe! Reg dich nicht auf. Warte bis morgen früh!"

Am nächsten Morgen war der ganze Boden voller Maden. Ich musste sie mit den bloßen Händen zusammenfegen und in einer Plastiktüte sammeln. Ich sagte mir: "So darfst du nicht sterben. Du musst überleben und der ganzen Welt davon erzählen."

Offiziell dient das Gefängnis der ideologischen Umerziehung der Insassen. Der wirkliche Zweck aber ist nur die Ausbeutung, die Sklavenarbeit. Die Gefangenen arbeiten 16 bis 18 Stunden am Tag, ohne Bezahlung. An den Wänden hängen Peitschen aus Rindsleder stets griffbereit, und die Frauen werden täglich ohne jeden Grund ausgepeitscht, getreten oder geschlagen.

Die Lagerbeamten und Aufseher tragen ständig Masken, weil sie den Gestank der Häftlinge nicht ertragen. Die Gefangenen urinieren oder verrichten ihre Notdurft oft während der Arbeit, weil sie nicht länger warten können.

Gefängnisinsassen dürfen nur zweimal im Jahr duschen. Deshalb stinken natürlich alle. Das ganze Gefängnis ist erfüllt von einem grauenvollen Schweiß-Gestank, er steigt einem in die Lunge, sobald man das Gefängnis betritt. Die Lagerbeamten und Aufseher haben ihre Posten auf Lebenszeit. Aus Angst, dass Informationen über ihre Verbrechen nach außen durchsickern könnten, versetzt die nordkoreanische Führung sie nie woanders hin.

Lesen Sie auf der folgenden Seite, welche Foltermethoden Soon Ok Lee über sich ergehen lassen musste.

"Ist sie tot?"

Augenzeugenbericht: Kaum ein Bereich des öffentlichen Lebens wird nicht von der Propaganda berührt: "Schutz und Sicherheit: Perfektioniert Präventivmaßnahmen gegen Viehseuchen!"

Kaum ein Bereich des öffentlichen Lebens wird nicht von der Propaganda berührt: "Schutz und Sicherheit: Perfektioniert Präventivmaßnahmen gegen Viehseuchen!"

(Foto: Foto: Prestel Verlag)

Um die Termine für den Export einzuhalten, arbeiteten die Gefangenen oft bis ein Uhr nachts oder schliefen monatelang nur zwei bis vier Stunden gleich am Arbeitsplatz. Sie aßen, arbeiteten und schliefen an derselben Stelle. Die üblichen Exportartikel waren Jahr für Jahr Kleidung und verschiedene Arten von Bürsten. Sie wurden nach Europa, Japan und Hongkong verkauft.

In einer Hauruck-Aktion mussten die Häftlinge einmal künstliche Rosen in verschiedenen Farben herstellen, jede Frau 60 Stück pro Stunde beziehungsweise 1000 am Tag, bestimmt für den Export nach Frankreich (September 1990 bis Februar 1991). Sie produzierten an die 900.000 Büstenhalter für die Ausfuhr nach Russland zum Preis von 2 Dollar pro Stück (Mai bis November 1988), außerdem zahllose Pullover für Japan (Februar bis August 1991). Viele Gefangene starben durch die harte Arbeit, die schlechte Behandlung, die Schläge. Die Leichen wurden häufig unter den Obstbäumen im Gefängnisgarten vergraben.

Die Früchte (Äpfel, Birnen, Pfirsiche und Pflaumen) aus dem Obstgarten von Kaechon sind berühmt für ihre Größe und den süßen Geschmack. Sie sind hohen Partei- und Polizeikadern vorbehalten. Einmal wurden 150 Leichen in Strohmatten eingerollt und unter den Obstbäumen begraben. Die Familien wurden nie benachrichtigt, und die Leichen können nicht mehr identifiziert werden. Ich kann mich an einige der Opfer erinnern, die unter den Bäumen verschwanden.

Dem Ersticken nahe

Kwang Ok Cho, eine 62-jährige Hausfrau aus Shinuiju, die verhaftet worden war, weil sie versucht hatte, auf dem Schwarzmarkt eine Decke als Hochzeitsgeschenk für ihre Tochter zu bekommen. In Suk Kim, eine Hausfrau mittleren Alters, deren Mann bei einem Minenunglück ums Leben gekommen war, und die oft im Traum die Namen ihrer drei Kinder rief, die sie zu Hause zurückgelassen hatte. Dok Sun Kim, eine Hausfrau mittleren Alters aus Chongjin, die sich schreckliche Sorgen um ihre alten Eltern machte. Sa Won Kim, eine Hausfrau aus Kosong Kun, deren behinderter Mann sie dringend brauchte. Jong Shim Lee, ein 19-jähriges Mädchen.

Eines Tages, es war Anfang März 1987, wurde ich in eine Folterkammer geführt, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Ich sah einen großen Wasserkessel auf einem kleinen Tisch und einen niedrigen Holztisch mit Fesseln, etwa zwanzig Zentimeter hoch. Völlig überraschend brachte mich einer der beiden Vollzugsbeamten mit dem ausgestreckten Bein zu Fall. Sie banden mich auf dem Tisch fest und zwängten mir die Tülle des Wasserkessels in den Mund.

Sie war so geformt, dass sie meinen Mund weit aufsperrte und ich nichts dagegen tun konnte, dass das Wasser in mich hinein lief. Dem Ersticken nahe, musste ich durch die Nase atmen. Mein Mund war voller Wasser, das mir in die Nase stieg. Als ich durch den Schmerz und die Atemnot das Bewusstsein zu verlieren begann, konnte ich nichts mehr sehen, aber ich hatte ein Gefühl, als würde ich in der Luft schweben.

"Warum wacht die Schlampe nicht auf?"

Ich hatte schon alle möglichen Folterungen durchgemacht, Peitschenhiebe, Schläge mit Gummiriemen oder harten Stöcken. Mir waren auch schon Holzstöcke zwischen alle zehn Finger gesteckt und dann die Hände zusammenquetscht worden, aber das hier war schlimmer als alles andere.

Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, aber als ich aufwachte, spürte ich, wie zwei Beamte auf einem Brett herumsprangen, das auf meinem geschwollenen Bauch lag, um das Wasser wieder aus meinem Leib herauszupressen. Plötzlich musste ich mich übergeben und spuckte unter furchtbaren Schmerzen immer weiter. Ich hatte keine Ahnung, wie viel Wasser in meinen Körper gelaufen war, aber es fühlte sich an, als ob jede einzelne Zelle randvoll mit Wasser war, und das Wasser lief mir aus Mund und Nase, Darm und Scheide.

Von Ferne hörte ich jemanden sagen: "Warum wacht die Schlampe nicht auf? Ist sie tot?" Ich konnte nicht aufstehen, also wurde ich in meine Zelle zurück geschleift. Von dem Tag an hatte ich hohes Fieber und wurde oft ohnmächtig. Mein ganzer Körper war so aufgedunsen, dass ich nicht einmal die Augen öffnen konnte. Beim Urinieren konnte ich nur ein paar milchige, mit Blut vermischte Tropfen von mir geben und hatte starke Schmerzen in der Blase. Nach etwa zwei Wochen konnte ich wieder aufstehen und gehen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite mehr über das Leid in der Krankenstation.

Das Leid in der Krankenstation

Augenzeugenbericht: Ein Aufruf zur Ordnung: "Verschönert unser Pjöngjang im großen Stil passend zum neuen Jahrhundert."

Ein Aufruf zur Ordnung: "Verschönert unser Pjöngjang im großen Stil passend zum neuen Jahrhundert."

(Foto: Foto: Prestel Verlag)

Als ich 1989 wie durch ein Wunder den Paratyphus überlebte, wurde ich zum Berichterstatten auf die Krankenstation gerufen. Als ich dort ankam, bemerkte ich sechs Frauen kurz vor der Niederkunft. Man befahl mir zu warten, bis mein Aufseher kam und mich übernahm. Während ich dort war, brachten drei Frauen ohne irgendeine Decke ihre Babys auf dem Zementboden zur Welt. Es war schrecklich, dabei zuzusehen, wie der Gefängnisarzt die Frauen mit seinen Stiefeln trat. Als ein Baby geboren war, rief der Arzt: "Bringt es um. Schnell. Eine Kriminelle in einem Gefängnis kann ja wohl nicht erwarten, dass sie ein Baby haben darf! Bringt es um."

Die Frauen schlugen die Hände vors Gesicht und weinten. Obwohl die Geburten mit Injektionen zwangseingeleitet worden waren, lebten die Kinder bei der Geburt noch. Die Krankenschwestern, ebenfalls Gefangene, drückten ihnen mit zitternden Händen den Hals zu, um sie zu töten. Wenn sie tot waren, wurden die Babys in ein schmutziges Tuch gewickelt, in einen Eimer gesteckt und durch eine Hintertür hinausgetragen. Ich war so schockiert, dass ich bis heute in meinen Alpträumen die Mütter um ihre Kinder weinen sehe. Ich habe während meiner Zeit im Gefängnis zweimal gesehen, wie Babys getötet wurden.

Als ich ein paar Tage später wieder in die Krankenstation kam, traf ich Shin Ok Kim und Mi Ok Cho, die beiden Krankenschwestern, die dort arbeiteten, und eine sagte schluchzend zu mir: "Buchhalterin, wir sind schlimmere Teufel als Tiere. Sie sagen, die toten Babys werden benutzt, um neue Medikamente zum Experimentieren herzustellen." Ich bekam solche Angst, dass ich ihr den Mund zuhielt und sagte: "Ich habe nie gehört, was du gesagt hast." Ich beeilte mich, von ihnen fort zu kommen.

Als ich 1992 eine Rippenfellentzündung überstanden hatte, wurde ich wieder zur Krankenstation geschickt. Dieses Mal befanden sich etwa zehn schwangere Frauen in dem kleinen Behandlungszimmer. Sie hatten alle eine einleitende Spritze bekommen und litten seit Stunden unter Schmerzen. Eine Frau war so unterernährt und schwach, dass sie die Niederkunft nicht überstand und noch während der Wehen starb. Die Krankenschwester flüsterte mir zu, dass es schwieriger sei, ein totes Baby zur Welt zu bringen als ein lebendiges.

Drei Schüsse auf die Brust

Öffentliche Hinrichtungen sind in Nordkorea sowohl in den Gefängnissen als auch außerhalb die Regel. 1988 wurden im Kaechon-Gefängnis sieben Männer und eine Frau ohne Gerichtsverfahren öffentlich exekutiert. Bei jeder Hinrichtung werden sämtliche Gefangenen (an die 6000, 4000 Männer und 1800 Frauen) in den Gefängnishof gepfercht, um dabei zuzusehen.

Die Opfer sind jedes Mal geknebelt, damit sie nicht protestieren können. Sie werden an drei Stellen an einen Pfosten gebunden: an Brust, Hüfte und Knien. Sechs Wachen feuern jeweils drei Schüsse auf die Brust ab, also insgesamt 18 Kugeln. Wenn der Strick über der Brust von den Kugeln durchtrennt wurde, hängt der Oberkörper blutend herunter wie ein durchgefaulter Balken, während der Rest immer noch von den anderen Stricken gehalten wird. Dann müssen alle Gefangenen um den Toten herumgehen und ihn sich ansehen.

Zu den Hinrichtungsopfern gehören auch jene, die bei der Folter um den Tod gefleht, Essen gestohlen haben oder einfach um das Schicksal von zwei allein zurückgelassenen Kindern weinen mussten. Die Anklage lautet dann "Mangelndes Vertrauen in die Mutterpartei". Es gehören auch solche dazu, die als "der Partei feindliche Elemente" oder "Reaktionäre" gebrandmarkt wurden.

Der öffentliche Hinrichtungsplatz ist so vollgestopft mit Gefangenen, dass die Frauen vorne dem Töten aus einer Entfernung von nur etwa einem Meter zusehen und oft Blutspritzer abkriegen. Einige weibliche Gefangene sind so schockiert, dass sie sich übergeben, ohnmächtig zusammensinken oder psychisch krank werden (zum Beispiel singen sie plötzlich los oder lachen hysterisch). Dann werden sie wegen "Ideologieschwäche" oder "offenkundiger Sympathie für den Volksfeind" in die Strafzelle geschickt. Die, die ganz verrückt werden, verschwinden einfach, und niemand weiß, was mit weiter mit ihnen geschieht.

Hi Suk Choi und Young Ok Choi, Hausfrauen aus Kimchaek, wurden bestraft, weil sie auf dem Hinrichtungsplatz gesungen hatten, und starben später bei der Folter mit Elektroschocks. Das Gefängnis von Kaechon hat zwanzig Strafzellen, die an Hinrichtungstagen immer mit "ideologieschwachen" Gefangenen gefüllt sind.

Das vollständige englische Dokument finden Sie im Netz unter: http://judiciary.senate.gov/hearings/testimony.cfm?id=292&wit_id=665

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