Aufstand in Syrien:Rebellen präsentieren Gefangenen-Video

Ist das der Beginn der Eskalation in Aleppo? Syrische Rebellen haben nach eigenen Angaben in der umkämpften Metropole etwa einhundert Soldaten und regierungstreue Milizionäre gefangen genommen. Die internationale Gemeinschaft befürchtet neue Massaker in den umkämpften Gebieten.

Die syrischen Rebellen haben nach Informationen der oppositionellen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zahlreiche Offiziere und Soldaten sowie regierungstreue Milizionäre gefangengenommen. Ein von den Aufständischen ins Internet gestelltes Video soll Gefangene zeigen, die in vier Gruppen auf einem Schulhof stehen. Eine Stimme im Hintergrund sagt, die Männer seien in Aleppo, der größten Stadt Syriens, festgenommen worden. Bei einigen der Gefangenen waren Blutergüsse im Gesicht und geschwollene Augen zu sehen.

Einer sagte in dem Video, er sei Oberst, ein anderer nannte Major als seinen Dienstgrad. Andere wurden als Angehörige einer paramilitärischen Miliz präsentiert, die loyal zu Präsident Baschar al-Assad stehe. Einer der Aufständischen von Aleppo sagte am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters, die Gefangenen lebten und seien sicher. Sie seien zu einem geheimen Ort nahe Aleppo gebracht worden.

Die syrische Metropole ist inzwischen zur Frontstadt geworden. Die Aufständischen rüsteten sich am Freitag für die "Mutter aller Schlachten" gegen das angreifende Militär. Die USA trauten den Regierungstruppen zu, ein Massaker anzurichten. "Es sieht so aus, als ob das Regime sich dafür in Stellung bringt", sagte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland. Mit Hubschrauber- und Artillerieangriffen bereiteten die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad vom Stadtrand aus eine Bodenoffensive vor.

Der Syrische Rote Halbmond zog seine Mitarbeiter aus Aleppo ab. Der örtliche Rebellenkommandeur Abu Omar al-Halebi sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass zu den 2500 Kämpfern in der Stadt noch einmal 3000 aus anderen Landesteilen zur Verstärkung angerückt seien.

Rotes Kreuz zieht sich zurück

Um die wichtigste Stadt im Norden kämpfen Militär und bewaffnete Oppositionelle seit vergangenem Wochenende. Auch das Regime von Präsident Baschar al-Assad verlegt seit Mittwoch Tausende Soldaten in die Region. Nach Rebellenberichten ist die Stadt voller Flüchtlinge. "Wir sind in höchstem Maße besorgt, was sie in Aleppo zu tun in der Lage sind", sagte US-Außenamtssprecherin Nuland mit Blick auf das Militär. Die Stadt sei sehr dicht besiedelt. Sie befürchte einen "weiteren Verzweiflungsakt eines Regimes im Niedergang, um die Kontrolle aufrechtzuerhalten".

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, drängte Regierung wie Rebellen, die Zivilbevölkerung zu verschonen und die Menschenrechte zu achten. Syrische Menschenrechtsbeobachter berichteten auch von Kämpfen in den Provinzen Idlib und Daraa, in der nordöstlichen Stadt Deir as-Saur und im Damaszener Außenbezirk Al Hadschar al-Aswad. In der Kleinstadt Maarat al-Noaman (Provinz Idlib) sollen Aufständische das Rathaus mit Gewehren und Panzerfäusten angegriffen haben. Bis zum Nachmittag seien landesweit mindestens 40 Menschen getötet worden.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zog wegen der unsicheren Lage die meisten seiner ausländischen Mitarbeiter aus Damaskus ab. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte, es sei offensichtlich, dass ein "Erosionsprozess" auch im Regime von Assad begonnen habe: "Wir sehen zunehmend Kräfte innerhalb des Militärs, die Assad den Rücken kehren." Er kündigte an, dass Deutschland seine humanitäre Hilfe für syrische Flüchtlinge um drei auf elf Millionen Euro aufstockt.

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