Aufstand in Syrien:Menschenrechtler befürchten mehr als 750 Tote

Syrien im Chaos: Mehrere hundert Menschen sollen seit Beginn der Unruhen ums Leben gekommen sein, Tausende sind in Haft. Das Assad-Regime soll einem UN-Team die Einreise nach Deraa verweigert haben.

Bei den seit fast zwei Monaten anhaltenden Protesten in Syrien gegen Staatspräsident Baschir el-Assad sind nach Angaben von Menschenrechtlern mindestens 757 Menschen getötet worden. Der Vorsitzende der Nationalen Organisation für Menschenrechte in Syrien, Ammar Kurabi, erklärte, seine Gruppe habe Listen mit den Namen der Opfer, dem Umstand ihres Todes und dem Ort, wo sie getötet worden seien.

Syrians protest in front of the French embassy in Damascus

Die Archivaufnahme zeigt Demonstranten in Damaskus.

(Foto: dpa)

Tausende Menschen seien zudem in den vergangenen beiden Monaten festgenommen worden, davon seien noch mindestens 9000 in Haft.

Auch am Dienstag ließ Assad wieder mit Panzern und Soldaten gegen die Demonstranten vorgehen. Augenzeugen berichteten, dass auch Schüsse gefallen seien, als die Soldaten mit Panzern kurz nach Mitternacht in die Ortschaften Inkhil, Dael, Dschassem, Sanamein und Nawa einrückten, berichtete ein Augenzeuge. Ob es Opfer gab, war aber unklar.

In dem seit Tagen abgeschotteten Maadamije - einem Vorort der Hauptstadt Damaskus - wurden Telefonverbindungen unterbrochen. Kontrollposten verhinderten, dass Menschen ihre Viertel betreten oder verlassen könnten, sagte der Menschenrechtsaktivist Mustafa Osso. Maadamije sei von der Außenwelt abgeschnitten. Die Streitkräfte seien außerdem in der Küstenstadt Banias, der Stadt Homs und in Deir el Sor im Norden des Landes aktiv, sagte Osso. "Die Regierung schickt Soldaten in jeden Ort, in dem es Demonstrationen gab."

In Syriens Nachbarland Jordanien berichtete ein freigelassener Taxifahrer von Misshandlungen durch syrische Sicherheitskräfte während seiner drei Wochen dauernden Gefangenschaft.

UN: Syrien verweigert Hilfstransporte

Einreiseverbot gegen Assads Bruder

Offenbar verweigert das syrische Regime Hilfstransporte in die ebenfalls von Unruhen erschütterte Stadt Deraa. Erkundungsteams, die die humanitäre Situation in der südsyrischen Stadt erfassen sollten, sei die Fahrt verwehrt worden, sagte ein UN-Sprecher n New York. Die Vereinten Nationen habe von Präsident Assad eine Stellungnahme gefordert, weil der Machthaber in Damaskus noch vor einer Woche solch einer Mission zugestimmt hatte.

Aufstand in Syrien: Das Bild aus dem Jahr 2000 zeigt den syrischen Präsidenten Baschar el-Assad (re.) mit seinem jüngeren Bruder Maher.

Das Bild aus dem Jahr 2000 zeigt den syrischen Präsidenten Baschar el-Assad (re.) mit seinem jüngeren Bruder Maher.

(Foto: AFP)

Wegen der Repressionen der Regierung hat die EU Sanktionen gegen Syrien verhängt, die an diesem Dienstag nun in Kraft traten. Unter anderem verhängte die EU ein Einreiseverbot gegen den Bruder des syrischen Präsidenten, Maher Assad, und zwölf weitere Führungspersonen des Regimes. Auch Assads Cousin Rami Makluf steht auf der Liste.

Maher Assad kommandiert die Republikanische Garde und gilt als zweitmächtigster Mann Syriens. Makluf besitzt Syriens größtes Mobiltelefon-Unternehmen Syriatel und mehrere Bau- und Ölfirmen. Er gehört zu den einflussreichsten Personen des Landes und finanziert nach Darstellung der EU die Unterdrückung der Opposition.

"Die Sanktionen sind ein unmissverständliches Signal Europas an die syrische Führung, dass die brutalen Übergriffe auf Demonstranten und die willkürlichen Verhaftungen von Oppositionellen unverzüglich enden müssen", erklärte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP). Zu den Sanktionen zählt auch ein Waffenembargo.

Westerwelle bezeichnete die EU-Sanktionen als "ersten Schritt" und drohte mit weiteren Maßnahmen. "Wenn Damaskus weiter auf Repression setzt, werden wir den Druck verstärken und die Sanktionen verschärfen."

Die USA haben ebenfalls den Druck auf Assad erhöht und Sanktionen gegen drei ranghohe Regierungsmitglieder sowie gegen den Geheimdienst und die iranischen Revolutionsgarden - einem der wichtigsten Verbündeten der syrischen Regierung - erlassen.

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