Aufstand in Syrien:Assads Truppen rücken an türkische Grenze vor

Mit Panzern und Scharfschützen sollen syrische Truppen ein Dorf direkt an der Grenze zur Türkei besetzt haben. Fernsehbilder zeigen, wie die Dorfbewohner in Panik fliehen. US-Außenministerin Clinton sieht die Gefahr eines Grenzkonflikts.

US-Außenministerin Hillary Clinton hat vor dem Hintergrund der syrischen Militäroperationen im Grenzgebiet zur Türkei vor einer Ausweitung der Krise gewarnt. Die Gefahr potenzieller Zwischenfälle steige, "wenn die syrischen Truppen nicht sofort ihre Angriffe und Provokationen einstellen", sagte Clinton. Sie habe das Thema auch ausführlich mit ihrem türkischen Amtskollegen Ahmet Davutoglu besprochen.

Syria unrest

Auf Aufnahmen des Fernsehsenders al-Arabiya ist zu sehen, wie syrische Truppen mit Panzern in das Grenzdorf Chirbet al-Dschoos vorrücken.

(Foto: dpa)

Syrische Truppen waren nach Angaben von Regierungsgegnern am Donnerstag in das Grenzdorf Chirbet al-Dschoos eingerückt. Hunderte Bewohner flohen daraufhin. Das türkische Fernsehen zeigte, wie Männer, Frauen und Kinder in Panik auf die nahe türkische Grenze zurannten. Panzer seien in das Dorf gerollt und auf einigen Dächern des Dorfes seien Scharfschützen in Stellung gebracht worden, sagten Mitarbeiter eines örtlichen Koordinationskomitees unter Berufung auf Augenzeugen.

Ministerin Clinton sagte, sie sei "sehr besorgt von den Berichten". "Diese aggressive Aktion wird nur die ohnehin instabile Lage der Flüchtlinge in Syrien weiter verschlimmern", sagte sie. Sie zeige außerdem, wie weit das Regime von Präsident Baschar al-Assad gehe, "um das syrische Volk zu unterdrücken".

Schon vor dem Einmarsch der Truppen hätten sich Dutzende Familien aus Chirbet al-Dschoos außerhalb des Dorfes versteckt, weil sie mit einem Angriff gerechnet hätten, sagte ein syrischer Aktivist an der türkischen Grenze. Als die ersten Panzer kamen, seien sie losgelaufen. Auf der türkischen Seite wurden sie nach seinen Angaben erst mit Bussen in eine Kaserne gebracht und dann auf die Flüchtlingslager verteilt. In den türkischen Lagern befinden sich bereits weit mehr als 10.000 Syrer, die vor der Gewalt in ihrer Heimat geflohen sind.

Angesichts dieser Situation haben namhafte Schriftsteller den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, eine Resolution zur Verurteilung Syriens wegen des brutalen Vorgehens gegen Regimegegner zu verabschieden. "In dem pazifistischen Kampf für seine Freiheit ist es für das gepeinigte syrische Volk unerlässlich, dass diese Resolution von Ihnen angenommen wird", schreiben die Unterzeichner, zu denen Umberto Eco, Salman Rushdie und Orhan Pamuk gehören.

In dem Brief, der auf der Internetseite des französischen Philosophen Bernard-Henri Lévy publiziert ist, warnen sie die Mitglieder des Sicherheitsrats davor, eine Resolution zur Verurteilung der Niederschlagung der Oppositionsbewegung durch ein Veto oder Stimmenenthaltungen scheitern zu lassen. Dies wäre moralisch nicht akzeptabel. Die Resolution, die Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Portugal in den UN-Sicherheitsrat eingebracht haben, fordert auch, mögliche Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Sie wird von China und Russland blockiert.

Die Außenminister der Türkei und Syriens führten unterdessen ein Telefongespräch über die Flüchtlingssituation an der gemeinsamen Grenze. Das meldete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Das türkische Außenministerium teilte mit, es habe den syrischen Botschafter in Ankara einbestellt, um "Entwicklungen an der Grenze" sowie die allgemeine Lage in Syrien zu besprechen. Das Vorrücken der syrischen Streitkräfte könnte das Verhältnis zu Ankara weiter belasten. Die türkische Regierung verliert allmählich die Geduld mit Blick auf das Vorgehen des Regimes von Präsident Assad gegen Oppositionelle.

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