Aufruhr in Syrien:Ban verurteilt Gewalt gegen Demonstranten

Mit scharfen Worten hat UN-Generalsekretär Ban Damaskus für sein Vorgehen gegen die Demonstranten kritisiert. Eine Militärintervention in Syrien schließt die internationale Gemeinschaft aber aus - und auch über Sanktionen gegen das Assad-Regime ist man uneins.

Harsche Kritik, aber keine Konsequenzen: UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat die anhaltende Gewalt in Syrien gegen friedliche Demonstranten erneut aufs Schärfste verurteilt. Vor Journalisten geißelte Ban am Dienstagabend in New York besonders den Einsatz von Panzern und Scharfschützen, "die Hunderte von Menschen getötet und verletzt haben".

Aufruhr in Syrien: Als Zeichen seiner Verachtung für das Assad-Regime schlägt dieser syrische Demonstrant mit einem Schuh auf ein Foto des Präsidenten ein.

Als Zeichen seiner Verachtung für das Assad-Regime schlägt dieser syrische Demonstrant mit einem Schuh auf ein Foto des Präsidenten ein.

(Foto: AP)

Zuvor hatte der UN-Chef mit dem Sicherheitsrat über die Lage in Syrien und mögliche Maßnahmen gegen Präsident Baschar al-Assad beraten. Das höchste Entscheidungsgremium der Vereinten Nationen konnte sich am Dienstagabend aber nicht auf eine gemeinsame Linie in der Syrien-Frage einigen. Die Beratungen sollten am Mittwoch fortgesetzt werden. Ob sich der Rat anschließend auf eine gemeinsame Erklärung an die Adresse al-Assads einigen kann, war vorerst nicht abzusehen.

Absage an eine militärische Intervention

Russland, China und der Libanon äußerten sich am Dienstag noch skeptisch zu weiterem Druck auf Damaskus. In einem in New York kursierenden Entwurf für eine Syrien-Erklärung des UN-Sicherheitsrates ist Diplomaten zufolge von Strafen gegen das Assad-Regime keine Rede. Vielmehr wird darin die Gewalt verurteilt und Damaskus zum Stopp des brutalen Vorgehens gehen Demonstranten aufgerufen. Das von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Portugal eingebrachte Papier werde nicht von allen Ländern im Rat befürwortet, hieß es.

Einem militärischen Eingreifen in Syrien nach dem Vorbild des Libyen-Einsatzes haben die Verteidigungsminister der USA und Großbritanniens eine klare Absage erteilt. "Wir können nicht alles zu jeder Zeit tun. Wir müssen einsehen, dass es praktische Grenzen für das gibt, was unsere Länder leisten können", sagte der britische Ressortchef Liam Fox auf die Frage, warum der Westen in Syrien nicht eingreife.

Sein amerikanischer Kollege Robert Gates räumte ein, dass die USA nicht in jedem Fall gleich reagieren würden. Das Vorgehen müsse auf das jeweilige Land und die dortigen Umstände zugeschnitten werden, sagte er nach einem Gespräch mit Fox in Washington.

Die internationale Allianz will Assad deshalb weiter auf diplomatischem Wege zur Einsicht bewegen. Der britische Außenminister William Hague sagte in London: "Großbritannien arbeitet mit seinen internationalen Partnern intensiv daran, Syrien davon zu überzeugen, die Gewalt zu stoppen und die grundsätzlichen Menschenrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu respektieren."

In Paris hieß es, die syrische Führung müsse gezwungen werden, die Gewalt gegen die Bevölkerung zu beenden. Eine Intervention in Syrien ohne UN-Resolution schloss aber auch Staatspräsident Nicolas Sarkozy aus. Eine solche Resolution, wie es sie für Libyen gegeben hat, sei nicht leicht zu bekommen, fügte Sarkozy nach einem Treffen mit Italiens Regierungschef Berlusconi in Rom hinzu.

Unterdessen zeigen sich selbst Assad freundschaftlich gesinnte Politiker wie der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan über das Vorgehen des Regimes gegen die Demonstranten beunruhigt. Am Dienstag erklärte Erdogan, er rate Assad zu einem raschen Demokratisierungsprozess. Noch in dieser Woche wolle er einen Gesandten nach Damaskus schicken, der dem syrischen Präsidenten einige Ideen unterbreiten solle.

Mit Panzern gegen Demonstranten

Unbeeindruckt von der internationalen Kritik geht Machthaber Assad weiter mit aller Härte gegen die Protestbewegung vor. Die Bundesregierung und die USA rieten ihren Staatsbürgern deshalb, aus Syrien auszureisen.

Nach Angaben von Aktivisten nahm die Armee am Dienstag nach der Rebellenhochburg Deraa die Küstenstadt Baniyas ins Visier. Rund um die Stadt seien Panzer in Stellung gegangen, um ähnlich wie am Vortag in Deraa einzurücken. Dort waren nach Angaben von Oppositionellen Tausende von Soldaten und Angehörigen der Spezialeinheiten mit Panzern und Scharfschützen eingedrungen und hatten Berichten zufolge Dutzende Menschen getötet. Auch am Dienstag waren dort Schüsse zu hören.

Die von den Aufständen in anderen arabischen Ländern inspirierte Protestbewegung hatte zunächst demokratische Reformen gefordert. Nach den ersten tödlichen Schüssen auf Demonstranten rief sie jedoch zum Sturz des Regimes auf. Niemand weiß genau, wie viele Demonstranten bislang starben. Die Opposition zählt mehr als 350 Opfer. Alleine am vergangenen Freitag sollen 112 Aktivisten getötet worden sein.

Nach der US-Regierung erwägt nun auch die Europäische Union Sanktionen gegen das Regime in Damaskus. Die Mitgliedsstaaten wollten rasch darüber beraten, wie eine Sprecherin der EU-Kommission am Dienstag in Brüssel sagte.

Außenminister Guido Westerwelle verurteilte das brutale Vorgehen und drohte Assad Konsequenzen an. "Klar ist: Wenn seine Regierung am bisherigen Kurs festhält, wird dies Konsequenzen nach sich ziehen müssen", sagte Westerwelle, ohne dazu weitere Details zu nennen.

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