Aufklärung der Bamf-Affäre:Sozialdemokraten wollen zeigen, dass sie nichts zu verbergen haben

Sitzung der SPD-Bundestagsfraktion

SPD-Chefin Andrea Nahles hält eines Untersuchungsausschuss in der Bamf-Affäre nicht für notwendig. Doch viele in ihrer Partei sind anderer Ansicht.

(Foto: dpa)
  • Immer mehr führende SPD-Mitglieder sprechen sich dafür aus, die Bamf-Affäre mittels eines Untersuchungssausschusses aufzuklären - und setzen damit Parteichefin Nahles unter Druck.
  • SPD-Vize Kohnen sagte der SZ, dass wohl nur ein solches Gremium eine "grundlegende Aufklärung der Vorgänge im Bamf" leisten könne.
  • Andere Sozialdemokraten wollen vor allem dem Eindruck entgegenwirken, die SPD habe etwas zu verbergen.

Von Mike Szymanski, Berlin

Der Widerstand in der SPD gegen einen Untersuchungsausschuss zur Aufklärung der Affäre um das Asylbundesamt (Bamf) bröckelt. Immer mehr führende Sozialdemokraten sprechen sich mittlerweile offen für die Einsetzung eines solches Gremiums ein, das Parteichefin Andrea Nahles am Sonntag noch als "zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig" bezeichnet hatte. Vor der Fraktionssitzung am Dienstag erneuerte sie ihre Position, ein Untersuchungsausschuss sei zum jetzigen Zeitpunkt "nicht der richtige Weg".

SPD-Bundesvize Natascha Kohnen, Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl im Herbst in Bayern, sagte jedoch der Süddeutschen Zeitung: "Eine grundlegende Aufklärung der Vorgänge im Bamf scheint mir im Grunde nur noch ein Untersuchungsausschuss leisten zu können."

Spitzenpolitiker der SPD befürchten, die Weigerungshaltung könnte der SPD als Versuch ausgelegt werden, kein Interesse an einer vollständigen Aufklärung der Vorgänge im Bamf zu haben.

Im April war bekannt geworden, dass in der Bremer Außenstelle zwischen 2013 und 2016 in mindestens 1200 Fällen positive Asylbescheide erteilt wurden, für die es keine rechtlichen Voraussetzungen gegeben haben soll. Inzwischen gibt es eine breite Diskussion über die Mängel beim Bamf. CSU-Parteichef und Innenminister Horst Seehofer zeigt sich - anders als Nahles - offen für einen Untersuchungsausschuss, was wiederum den Druck auf die SPD erhöht.

"Es darf nicht der Eindruck entstehen, die SPD habe etwas gegen einen Untersuchungsausschuss oder gar etwas zu verbergen", sagte Partei-Vize Ralf Stegner der SZ. Dies gelte, "auch wenn andere Instrumente schneller und sinnvoller sein könnten und die SPD überhaupt nichts mit den Motiven anderer Parteien am Hut hat". Die AfD, die sich wie die FDP für einen Untersuchungsausschuss starkmacht, wolle damit "Anti-Ausländerpolitik" betreiben, die Liberalen "Generalkritik an humanitärer Flüchtlingspolitik".

"Die Kritik an Ausstattung und Management beim Bamf hat die SPD immer wieder vorgebracht", sagte Stegner. Sie betreffe die politische Verantwortung von Kanzlerin Merkel, dem damaligen Flüchtlingskoordinator Peter Altmaier und den Unionsinnenministern seit 2005.

Zuvor hatten bereits die SPD-Spitzenpolitiker Thomas Oppermann und Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius sich offen für einen Untersuchungsausschuss gezeigt. Bundestagsvizepräsident Oppermann sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, wenn die Affäre im Innenausschuss nicht schnell und restlos aufgeklärt werde, sei ein Untersuchungsausschuss "die logische Konsequenz".

Sozialdemokraten weisen Union Verantwortung für Bamf-Affäre zu

Nahezu wortgleich äußerte sich Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel, Spitzenkandidat bei der anstehenden Landtagswahl in Hessen. Er wies die Verantwortung der Union zu: "Das Missmanagement der Union beim Bamf hat ideologische Gründe, CDU und CSU haben seit Jahrzehnten keine grundsätzliche Haltung zu Migrationsfragen. Die Bamf-Misere ist daher ein akutes politisches Versagen von CDU/CSU." Das weitere Vorgehen der SPD hänge "von der Bereitschaft der Union ab, ihre Politikverweigerung in Migrationsfragen aufzuarbeiten".

Boris Pistorius, Mitglied des Parteivorstandes, führte in der Neuen Osnabrücker Zeitung aus, dass bei einer derart wichtigen Behörde wie dem Bamf "so tief wie möglich in die Hintergründe und Ursachen für die entstandenen Fehlentwicklungen eingedrungen" werden müsse - dies könne "wohl nur ein Untersuchungsausschuss leisten".

Mit dem Vorpreschen der Ausschuss-Befürworter gerät Andrea Nahles intern erheblich unter Druck. Im Sommerinterview mit der ARD hatte sie am Sonntag es noch zu ihrer Aufgabe erklärt, dass die SPD wieder zu "Klarheit in ihren Positionen" findet. Aus ihrer Sicht ist das einer der Gründe, worum die SPD nicht aus dem Umfragetief herauskommt.

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