Attentat von Detroit:Jasper Schuringa, der Held im Airbus

Lesezeit: 3 min

Die Niederlande feiern ihren Helden: Der Werbefilmer Jasper Schuringa hat fast alleine den Flugzeugattentäter von Detroit überwältigt. Das Feuer konnte gelöscht werden.

Die Angst vor dem eigenen Tod hat ihn mutig werden lassen. Die Angst davor, dass ein junger Mann aus Nigeria nicht nur sich selbst anzündet, sondern das ganze Flugzeug ansteckt, in dem er selbst saß und eine Menge anderer Fluggäste. Seine Angst hat ihm die Kraft gegeben, den jungen Mann aus Nigeria, der vor Detroit einen Terroranschlag auf ein amerikanisches Passagierflugzeug verüben wollte, zu überwältigen.

Im amerikanischen Fernsehen und in den niederländischen Zeitungen muss Jasper Schuringa immer wieder erzählen, wie er den Flugzeugattentäter von Detroit überwältigt hat. (Foto: Foto: AFP)

Der Retter ist 32 Jahre alt, heißt Jasper Schuringa und kommt aus den Niederlanden. Jetzt ist man dort erkennbar stolz auf seinen neuen Nationalhelden: "Holländer überwältigt Terroristen!", lautet die allgegenwärtige Schlagzeile. Dass ein 32-jähriger Amsterdamer Werbefilmer am ersten Weihnachtstag fast allein einen verheerenden Terroranschlag auf ein amerikanisches Passagierflugzeug verhindert haben soll, macht die Menschen stolz.

Ein Land feiert seinen Helden

Über jede Einzelheit des dramatischen Geschehens an Bord des Airbus A330 in der letzten Phase des Fluges 253 von Amsterdam nach Detroit wird in den niederländischen Medien wieder und wieder berichtet, oft in den Worten des Helden selbst: "Als ich den Verdächtigen sah, wie er Feuer fing, da bin ich natürlich fast ausgeflippt", sagt Schuringa: "Ich dachte nur noch: 'Oh verdammt, der versucht, unser Flugzeug zu sprengen.'"

Andere Passagiere bestätigten Schuringas Berichte weitgehend. Und Hollywood-Drehbuchautoren dürften sich eifrig Notizen gemacht haben.

Danach saß der 23-jährige Nigerianer Umar Faruk Abdulmutallab in einem Gangplatz der Reihe 19 auf der rechten Seite des A330, nicht weit weg vom Fenster und der Tragfläche, wo eine Explosion größten Schaden angerichtet und die Maschine vermutlich zum Absturz gebracht hätte.

Unter seiner Decke habe der Mann herumgefummelt, und plötzlich sei ein Knall zu hören gewesen, berichteten Zeugen. Schuringa - er saß einige Plätze entfernt schräg hinter dem Nigerianer - erinnerte das Geräusch an einen Silvesterknaller. "Jeder ringsum geriet in Panik", berichtete der Niederländer. Ohne zu zögern sei er in Windeseile über Sitzplätze und Fluggäste hinweg zu dem Mann geklettert; mit bloßen Händen habe er begonnen, die Flammen zu löschen.

Jasper Schuringa ist bescheiden, er lässt sich nicht zum alleinigen Helden machen: "Andere Passagiere halfen mir. Und ich schrie immer: 'Wasser, Wasser!', denn Feuer in einem Flugzeug ist natürlich nichts Gutes." Sofort seien Crewmitglieder mit Wasserflaschen und Feuerlöschern gekommen. "Ich versuchte, den Körper des Mannes nach Sprengstoff abzusuchen, dann habe ich so ein Ding von ihm weggerissen, das rauchte und schon schmolz. Ich versuchte es auszudrücken, während ich ihn bändigte."

Bis die Flammen gelöscht waren, so berichtete die Zeitung De Telegraaf, habe Schuringa den Attentäter trotz Brandwunden an den Händen "in blinder Wut" im Würgegriff gehalten. Rasch sei der Nigerianer dann mit Hilfe von Crew-Mitgliedern und anderen Passagieren gefesselt und in die Erste Klasse geschleift worden.

Stolze und erleichterte Eltern

In Amsterdam ist die Aufregung den Eltern des Helden, Bob und Ingrid Schuringa, auch zwei Tage nach dem dramatischen Geschehen noch anzumerken. "Wir haben mit ihm telefoniert und er hat uns berichtet, wie er über die Sitze geflogen ist, als er sah, was der Bursche da anfing." Erleichtert seien sie, sagt der Vater, und natürlich "unendlich stolz". Zugleich aber seien sie immer noch geschockt "bei der Vorstellung, dass innerhalb einer Minute alles hätte anders kommen können".

Amerikaner und Niederländer fragen sich nun, woher Schuringa so viel Zivilcourage genommen hat - um nicht zu sagen Todesmut. Amsterdamer Bekannte und Kollegen verweisen dabei auch darauf, dass Schuringa ein welterfahrener Vielflieger sei.

"Jasper wurde auf den Niederländischen Antillen geboren, genauer auf Curaçao", berichtet sein Freund Kasem Challiou. Er habe einige Jahre in Oman gewohnt, mit seinen Eltern, die für den Shell-Konzern arbeiteten. Auch in Westafrika habe die Familie gelebt, wo Schuringa einmal mit Hilfe der französischen Fremdenlegion vor einem Bürgerkrieg geflohen sei.

In Amsterdam betreibt Schuringa, der mehrere Jahre an der Filmakademie in Miami (Florida) studierte, ein Videostudio, das Firmen- und Werbefilme für Unternehmen in vielen Ländern anfertigt. Der Firmenname "Go with the Flow Productions" will freilich nicht recht zum spontanen Heldenmut des Mitbesitzers passen - denn "mit dem Strom schwimmen", war es ja gerade nicht, was Schuringa an Bord des Airbus getan hat.

Bei der für den 8. Januar geplanten Rückkehr nach Amsterdam erwartet den vielfliegenden Holländer nun wohl ein Heldenempfang. Im Namen der Regierung dankte ihm der amtierende Ministerpräsident Wouter Bos schon mal telefonisch. Viele Politiker sind dafür, dass Königin Beatrix Schuringa einen Orden verleiht.

In der allgemeinen Hochstimmung stört nicht einmal mehr, dass der Vorschlag zuerst von dem islamfeindlichen Rechtspopulisten Geert Wilders gemacht wurde.

© sueddeutsche.de/dpa/abis - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: