US-Medien ordnen die Bedeutung des Attentates vorwiegend in Bezug zur derzeitigen Spaltung der Gesellschaft, die der US-Wahlkampf widerspiegelt. So stellt der Fernsehsender CNN fest: „Das versuchte Attentat auf Donald Trump, das ein neues, dunkles Kapitel in Amerikas verfluchter Geschichte der politischen Gewalt aufschlägt, hat eine Nation erschüttert, die in einer der angespanntesten Phasen ihrer modernen Geschichte bereits tief entfremdet war.“ Das Attentat auf einen ehemaligen Präsidenten bei einer Wahlkampfveranstaltung nur wenige Tage vor dem Nominierungsparteitag der Republikaner sei „per definitionem ein Angriff auf die Demokratie und das Recht jedes Amerikaners, seine Führungspersönlichkeit zu wählen.“
Die New York Times berichtet: „Nach dem Trump die Menge mit seiner gereckten Faust begeistert hatte und aus eigener Kraft die Bühne verließ, (...) erkannten einige in der Menge schnell die politischen Implikationen. ‚Trump wurde heute gewählt, Leute‘, rief ein Mann. ‚Er ist ein Märtyrer.‘“
„Die Gewalt infiziert und beeinflusst das politische Leben in den USA.“
In einem Kommentar heißt es: „Am Samstag wurde den Amerikanern auf ernüchternde Weise vor Augen geführt, welche Gefahr politische Gewalt für unsere Demokratie darstellt.“ Die Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika müssten sich über die Herausforderungen im Klaren sein, mit denen diese Nation konfrontiert sei. „Die Ereignisse vom Samstag können nicht als Ausreißer abgetan werden. Die Gewalt infiziert und beeinflusst das politische Leben in den USA.“ Die politische Agenda von Herrn Trump könne und dürfe nicht mit Gewalt bekämpft werden. Das Attentat auf Trump sei eine Tragödie, die Amerikaner müssten verhindern, dass es der Beginn einer noch größeren Tragödie werde.
Die Washington Post bemerkt: „Die dunkelsten Stunden der amerikanischen Geschichte, die von politischer Gewalt überschattet waren, erinnern uns daran, dass Aufwiegelung und Hass ständig bekämpft und niemals toleriert werden dürfen.“ In diesem Moment müssten die US-Bürger erkennen, dass alle von der giftigen Politik betroffen seien – unabhängig von den verschiedenen Überzeugungen. Deshalb müssten sich die Amerikaner fragen, ob der Moment gekommen sei, „um innezuhalten und unser besseres Selbst wiederzuentdecken“. In Anlehnung an einen der Gründervater der USA, Benjamin Franklin, stellt die Zeitung fest: „In der Tat gehört diese Republik uns, wenn wir sie bewahren können.“
Dem Wall Street Journal zufolge hätte der schreckliche Moment des Attentates für Amerika noch viel schlimmer ausfallen können. Aber völlig überraschend komme das nicht. Denn „politische Feindseligkeit und hasserfüllte Rhetorik haben eine Lautstärke erreicht, die in der amerikanischen Vergangenheit viel zu oft zu Gewalt und Mordversuchen geführt hat.“ Die Zeitung erinnert an das Jahr 1968, in dem sowohl der schwarze Bürgerrechtler Martin Luther King sowie der Präsidentschaftskandidat der Demokraten Robert Kennedy Opfer von Attentaten wurden.
Die Demokraten verantwortlich zu machen, könnte ein Fehler sein
Für Trump sei der Angriff eine Chance, sich als jemanden zu präsentieren, der das Land vereinen könne. Er würde einen Fehler begehen, wenn er die Demokraten für das Attentat verantwortlich machte und mehr Amerikaner für sich gewinnen, wenn er seinen Anhängern sagte, sie müssten friedlich und innerhalb des Systems kämpfen. Denn das lasse viel Raum für Kritik an den Demokraten und ihrer „gescheiterten Politik“.
Das Land wolle zivile Meinungsverschiedenheiten und Diskurse, aber keinen Bürgerkrieg. „Die Beinahe-Ermordung von Donald Trump könnte ein Moment sein, der mehr Hass und einen noch schlimmeren Zyklus der Gewalt auslöst. Wenn das der Fall ist, dann möge Gott uns beistehen“, beschließt das WSJ den Kommentar.
Das US-Magazin Politico ist sicher: „Trumps erhobene Faust wird Geschichte machen – und seine Kandidatur bestimmen“. Das Attentat „empörte, elektrisierte und ermutigte die Republikaner, die Trumps Geste nach den Schüssen bejubelten, während es die Demokraten ernüchterte, die angesichts der drohenden politischen Gewalt und ihrer schwindenden Aussichten im Herbst bereits nervös waren.“

