Attentat:Serbisch-kosovarischer Politiker auf offener Straße erschossen

Attentat: Oliver Ivanović im November 2013.

Oliver Ivanović im November 2013.

(Foto: AFP)
  • Einer der wichtigsten serbischen Politiker im Kosovo, Oliver Ivanović, ist in der Stadt Nord-Mitrovica von einem vorbeifahrenden Auto aus erschossen worden.
  • Der serbische Präsident Aleksandar Vučić berief eine Sitzung seiner Sicherheitsberater ein.
  • Ivanović war als Kriegsverbrecher verurteilt, die Haftstrafe aber wieder aufgehoben worden.

Der serbisch-kosovarische Politiker Oliver Ivanović ist am Dienstagmorgen erschossen worden. Das bestätigte sein Anwalt kurz nach der Tat. Der 64-jährige Ivanović wurde demnach bei seinem Eintreffen vor der Parteizentrale im nördlichen, serbisch bevölkerten Teil der Stadt Mitrovica von Kugeln getroffen. Die Schüsse wurden von einem vorbeifahrenden Auto aus abgefeuert.

Das Attentat auf den Vertreter der serbischen Minderheit im Norden Kosovos könnte zu Spannungen zwischen Kosovo und Serbien führen.

Die kosovarische Regierung in Pristina verurteilte den Mord als einen Anschlag auf den Rechtsstaat und die Bemühungen, Recht und Gesetz im gesamten Kosovo durchzusetzen. "Gewalt ist inakzeptabel", hieß es in einer Erklärung.

Die serbische Regierung sprach von einem Terrorakt. Ihr Vertreter verließ aus Protest gegen die Ermordung Ivanovićs in Brüssel die von der EU vermittelten Gespräche über eine Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Ländern. Der serbische Präsident Aleksandar Vučić berief eine Sitzung seiner Sicherheitsberater ein und kündigte eine öffentliche Stellungnahme an.

Wichtiger Ansprechpartner für EU und Nato

Ivanović war einer der wichtigsten serbischen Politiker im Kosovo. Er fungierte mehrere Jahre lang als Staatssekretär in der serbischen Regierung in Belgrad und war ein hochrangiger Vertreter der serbischen Minderheit im Norden der ehemaligen serbischen Provinz Kosovo, die 2008 die Unabhängigkeit erklärt hatte.

In den vergangenen Jahren war Ivanović zunehmend mit Belgrad in Konflikt geraten. Zuletzt war sein Auto von Unbekannten in Brand gesteckt worden. In der von Unruhen geprägten, ethnisch geteilten Stadt Mitrovica galt er als moderater Politiker. Er war einer der wichtigsten Ansprechpartner für die Vertreter der EU, der Nato und der Vereinten Nationen im Kosovo.

Weil er im Unabhängigkeitskrieg von 1998 bis 1999 Kriegsverbrechen an Kosovo-Albanern begangen haben soll, wurde Ivanović 2016 zu neun Jahren Haft verurteilt. Die Strafe sprach ein Gericht aus, dessen Richter die EU-Mission Eulex eingesetzt hatte. Ein Berufungsgericht hob das Urteil im vergangenen Jahr jedoch auf. Ein neuer Prozess lief.

Ob ein politisches Motiv wie Rache hinter dem Attentat steckt, ist noch unklar. Nach den Tätern wird gefahndet. Kosovos Regierung rief die Bevölkerung dazu auf, die Behörden bei der Fahndung zu unterstützen.

Im Norden Kosovos leben etwa 40 000 bis 50 000 Serben. Sie widersetzen sich der Integration in dem vorwiegend von Kosovo-Albanern bewohnten Staat seit dessen Unabhängigkeit von Serbien im Jahr 2008. Die Beziehungen zwischen den beiden Nachbarstaaten sind angespannt. 2013 stimmten beide Seiten aber einem von der EU vermittelten Dialog zur Verbesserung der Beziehungen zu. Die EU verurteilte den Mord und rief beide Seiten auf, Ruhe zu bewahren.

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