Attentat in Teheran:Iranischer Wissenschaftler bei Bombenanschlag getötet

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In Teheran ist ein junger Nuklearwissenschaftler durch eine Autobombe getötet worden - genau zwei Jahre nach einem Attentat auf einen anderen Atomforscher. Für Iran ist klar, wer dahinter steckt: Israel und die USA.

Bei einer Bombenexplosion in der iranischen Hauptstadt Teheran ist ein Nuklearwissenschaftler ums Leben gekommen. Ein Motorradfahrer habe eine Haftbombe an dem Fahrzeug des Professors Mostafa Ahmadi Roshan befestigt, berichtete die halbamtliche iranische Nachrichtenagentur Fars unter Berufung auf Augenzeugen. Zwei weitere Menschen wurden bei dem Anschlag verletzt, einer von ihnen erlag später im Krankenhaus seinen Verletzungen.

Ein Sprecher der Sharif-Universität sagte, Mostafa Ahmadi Roshan sei Chemiker gewesen und habe an wissenschaftlichen Projekten gearbeitet. Die Fars berichtete, der 32-jährige Roshan sei Vizeleiter der Handelsabteilung der Urananreicherungsanlage in Natans im Zentraliran gewesen. Dies wurde von amtlicher Seite zunächst nicht bestätigt.

Ein Offizieller des Innenministeriums verglich den jüngsten Anschlag mit den Mordversuchen an drei anderen iranischen Wissenschaftlern. Auch diese Forscher hätten an Atomprojekten gearbeitet. Der Sprecher warf israelischen Agenten vor, in den jüngsten Anschlag verwickelt zu sein. Auch Regierung und Parlament in Teheran verurteilten das Attentat und warfen "imperialistischen Mächten", namentlich Israel und den USA, vor, darin verwickelt zu sein. "Die Methode gleicht denen, die bei anderen Anschlägen auf iranische Wissenschaftler angewendet wurden", sagte Teherans stellvertretender Gouverneur Safar Ali Bratloo laut einem Bericht des iranischen Fernsehens al-Alam.

Iran beschuldigt USA und Israel

Bereits in den Jahren 2010 und 2011 wurden drei iranische Wissenschaftler bei Autobombenanschlägen getötet. Vor genau zwei Jahren, am 11. Januar 2010, war in Teheran ein Physikprofessor getötet worden, als neben seinem Auto ein Motorrad mit einer Bombe explodierte. Im November 2010 wurde bei einem Anschlag in der iranischen Hauptstadt ein Atomwissenschaftler getötet, ein weiterer wurde bei einem zweiten Anschlag verletzt. Der Überlebende, Fereidun Abbasi, wurde später zum Leiter der iranischen Atomenergiebehörde ernannt. Im Juli 2011 töteten Bewaffnete auf einem Motorrad einen Elektronikstudenten. Andere Berichte bezeichneten ihn als Wissenschaftler, der an der mutmaßlich angestrebten Entwicklung einer Atombombe beteiligt gewesen sei.

Teheran beschuldigt Israel und die USA, für die Attentate verantwortlich zu sein. Statt einen konventionellen Krieg zu führen, scheine sich der Westen auf verdeckte Kriegstaktiken zu stützen, um Fortschritte beim iranischen Atomprogramm zu stören, sagt Theodore Karasik, Sicherheitsexperte am Institut für militärische Analyse im Nahen Osten und am Golf (INEGMA) mit Sitz in Dubai. Israel und die USA weisen die Vorwürfe jedoch von sich.

Debatte über Urananreicherung in Iran

Seit bekannt wurde, dass Iran mit der Herstellung von angereichertem Uran begonnen habe, hat sich das Verhältnis zu den USA weiter verschlechtert. Die Entscheidung verletze iranischen Verpflichtungen im Rahmen der UN-Vereinbarungen, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton am Dienstag in Washington. "Es gibt keine Begründung für die Produktion." Der Schritt bringe den Iran näher an die Herstellung waffentauglichen Materials.

Clinton forderte Teheran auf, die Produktion angereicherten Urans sofort zu beenden. Das Land müsse seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen. "Wir fordern Iran auch auf, zu Verhandlungen mit der 5+1-Gruppe zurückzukehren", fügte Clinton hinzu. Sie betonte, die USA seien an einer Verhandlungslösung interessiert.

Auch Russland reagierte mit Sorge. Teheran ignoriere weiterhin die Forderungen der internationalen Gemeinschaft, teilte das russische Außenministerium am Dienstagabend auf seiner Internetseite mit. Zugleich forderte Moskau alle Seiten im Konflikt um das iranische Atomprogramm auf, "hastige und drastische Schritte" zu vermeiden, die den Dialog im Rahmen der 5+1-Gruppe (UN-Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien sowie Deutschland) unterminieren könnten. "Wir hoffen, dass der Iran auf unsere Ansicht der Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde Rücksicht nimmt", hieß es aus dem Außenministerium in Moskau. Zugleich erneuerte Russland seine Forderung, dass der Konflikt durch Dialog gelöst werden müsse.

Russland und China gegen Sanktionen

Moskau lehnt neue Sanktionen gegen Teheran im Weltsicherheitsrat ab. Russland ist ein enger Handelspartner des Irans und hatte vor kurzem das erste iranische Atomkraftwerk in Buschehr fertiggestellt.

China stellt sich ebenfalls gegen weitere Strafmaßnahmen. US-Finanzminister Timothy Geithner stieß am Mittwoch bei Gesprächen in Peking mit den Plänen auf Widerstand, im Atomstreit mit Teheran den Druck zu erhöhen. Er warb für Sanktionen gegen die iranische Zentralbank, die alle Ölgeschäfte abwickelt. Am zweiten Tag seines Besuches traf Geithner mit Regierungschef Wen Jiabao und Vizepräsident Xi Jinping zusammen, der als künftiger Staats- und Parteichef gilt.

Nach der Aufnahme der Urananreicherung durch den Iran rief das chinesische Außenministerium nur zu neuen Verhandlungen mit Teheran auf. Die diplomatischen Bemühungen und eine Wiederaufnahme des Dialogs müssten Vorrang bei der Lösung des Atomstreits haben, sagte der Sprecher Liu Weimin vor Journalisten.

Der Westen verdächtigt den Iran, unter dem Deckmantel eines zivilen Atomprogramms an der Entwicklung von Nuklearwaffen zu arbeiten. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) hatte am Montag bestätigt, dass der Iran die unterirdische Anreicherungsanlage Fordo in Betrieb genommen hat. Der Iran könne eine Anreicherung von 20 Prozent erreichen. Das reicht für die Stromerzeugung und die Medizintechnik, aber nicht für Atomwaffen.

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