Anders Behring Breivik, 32 Jahre, Norweger. Nach den Terroranschlägen in Norwegen in einem Feriencamp und im Osloer Regierungsviertel mit mindestens 91 Toten hat die Polizei einen Tatverdächtigen auf der Insel Utøya festgenommen.
Die Polizei geht nach ersten Ermittlungen davon aus, dass er der Verantwortliche für den schweren Bombenanschlag am Freitagnachmittag in Oslo ist - und der Mann ist, der das blutige Massaker in dem Jugendcamp der norwegischen Jungsozialisten auf der Insel Utøya verursachte. Allerdings schloss die Polizei nicht aus, dass weitere Personen beteiligt waren. Der Polizei sagte, es sei für eine Person nicht unmöglich, die Angriffe alleine durchzuführen. "Er ist offensichtlich eiskalt. Aber so nah an die Regierung heranzukommen, ist einfach. Die Straßen sind in dieser Gegend offen", sagte der Polizist.
Breivik habe sich als Nationalist bezeichnet
Was war das Motiv des Mannes? Internationaler Terrorismus? Rechtsextreme Beweggründe? Am Freitagabend noch gab die Polizei bekannt, sie glaube nicht an internationalen Terrorismus. Wahrscheinlicher sei eine lokale Variante, die sich gegen das derzeitige politische System wende, meldete die norwegische Nachrichtenagentur NTB. Die Polizei kenne das Milieu, in dem sich der Mann aufhalte. Der Verdächtige spreche Osloer Dialekt, berichtete CNN. Der erste Verdacht, islamischer Terrorismus, kann jedenfalls mit großer Sicherheit seit der Festnahme ausgeschlossen werden.
Nun hat die Polizei erste Details veröffentlicht: Breiviks eigene Angaben über sich deuteten auf einen "christlich-fundamentalistischen" Standpunkt hin, sagte Fahndungschef Øystein Mæland auf einer Pressekonferenz im Polizeihauptquartier. Außerdem vertrete er "rechte" politische Überzeugungen. Norwegische Medien hatten bereits über ein rechtsextremes Motiv des Mannes berichtet, den sie als groß, blond und mit blauen Augen beschrieben. Diese Haltungen zeigte auch die Internetseite des Tatverdächtigen, wo er sich selbst als Nationalist und Gegner einer multikulturellen Gesellschaft bezeichnet, berichtete die norwegische Zeitung VG in ihrer Onlineausgabe.
Er soll zwar ein Rechter mit islamfeindlichen Ansichten sein, aber keine Verbindung zur rechtsextremen Szene haben. "Er kam aus dem Nichts", sagte ein Polizist der Nachrichtenagentur AP. Der Verdächtige gehörte nach Polizeierkentnissen keiner der bekannten rechtsextremen Bewegungen Norwegens an und hatte in seiner Polizeiakte nur Einträge wegen kleinerer Vergehen. "Er war nicht auf unserem Radar und wäre er in einer Neo-Nazi-Gruppe in Norwegen aktiv gewesen, hätten wir ihn auf dem Radar gehabt", sagte ein Polizist. Trotzdem könnte es sein, dass er von der rechtsextremen Ideologie inspiriert worden sei. In den 90er-Jahren führten Neo-Nazi-Gruppen in Skandinavien eine Reihe von Morden und Überfällen durch. Doch seitdem verhielten sie sich ruhig. "Sie haben ein Führungsdefizit. Wir haben diese Gruppen ziemlich gut unter Kontrolle", sagte der Polizist.
Als Polizist verkleidet zum Massaker
Kurz vor dem Bombenanschlag im Osloer Regierungsviertel hatten Augenzeugen den Mann vor Ort gesehen, sagte Polizeichef Sveinung Sponheim laut Nachrichtenagentur NTB. Wenige Stunden später soll er dann als Polizist verkleidet auf der Insel Utøya, die in einem See westlich der Hauptstadt liegt, das Feuer auf die Besucher eines sozialdemokratischen Jugendcamps eröffnet und mindestens 84 Menschen getötet haben. Eine halbe Stunde habe er für das Massaker Zeit gehabt, bis eine Sondereinheit der Polizei ihn dort stellen und festnehmen konnte.
Ein Wachmann schilderte, wie es dem Attentäter überhaupt gelungen war, auf die Insel zu gelangen. Der Mann habe sich als Polizist ausgegeben und sei in einem silbergrauen Wagen vorgefahren. "Er steigt aus dem Auto aus und zeigt seinen Ausweis", schilderte Simen Braenden Mortensen die Szene gegenüber VG. "Er sagt, er sei geschickt worden, um die Sicherheit zu überprüfen. Dass das eine reine Routine sei nach dem Terroranschlag in Oslo."
Gegen Mitternacht habe die Polizei die Wohnung des Mannes im Westen Oslos durchsucht, berichtete VG. Bisher ist der Mann nicht im Blickfeld der Polizei gewesen, er soll jedoch bereits vor Jahren im Internet Beiträge mit kontroversem Inhalt veröffentlicht haben, heißt es unter Berufung auf einen Jugendfreund. Sein Facebook-Profil sei deshalb gelöscht worden. Später habe der Verdächtige, der eine Handelsschule in Oslo besucht haben soll, dann ein neues Profil angelegt, dort aber keine kontroversen Meinungen mehr veröffentlicht.
Interneteinträge des Verdächtigen legten nahe, dass er politische Ansichten habe, die nach rechts gingen und islamfeindlich seien, sagte Polizeichef Sveinung Sponheim dem Sender NRK. Ob sich seine Motivation für die ihm zur Last gelegten Taten jedoch daraus gespeist haben, müsse man erst noch sehen. Eine auf den Namen des Verdächtigen registrierte Facebook-Seite wurde am späten Freitagabend aus dem Netz genommen.
Tätig in einem Agrar-Betrieb
Anders Behring Breivik beschrieb sich selbst als "konservativ" und "christlich". Er sei Leiter eines Gemüsehofes, was erklären würde, dass er durch seine Tätigkeit in einem Agrarbetrieb leicht an größere Mengen Düngemittel hätte herankommen können, aus denen sich Sprengstoff herstellen lässt.
Er sei Junggeselle und interessiere sich für die Jagd sowie für Computer-Kriegsspiele wie "World of Warcraft" und "Modern Warfare 2". Zudem habe er legal zwei Waffen besessen, meldete die norwegische Nachrichtenagentur NTB, und habe einem Schützenverein angehört.
Der Verdächtige bewohnte eine Wohnung in einem viergeschossigen Wohnhaus im Westen Oslos. Vor der Tür parkte am Samstag ein Polizeiauto, Polizisten bewachten den Eingang.
Ein unter seinem Namen geführter Twitter-Account weist nur eine einzige Nachricht auf, in der er am 17. Juli den englischen Philosophen John Stuart Mill zitiert: "Eine Person mit Glauben hat so viel Kraft wie 100.000, die nur interessiert sind."
Die Polizei vernahm den Verdächtigen zuerst auf der Insel Utøya und später auf einem Revier in Oslo. "Es ist komisch, dass er sich nicht selbst getötet hat, wie die Kerle, die diese Schulmassaker angerichtet haben", sagte der Polizist. "Es ist gut, dass er es nicht getan hat. So können wir vielleicht ein paar Antworten über seine Motivation erhalten."
Tatsächlich ist man sprachlos angesichts dieser Gewalt. Doch statt zu schweigen, will der 32-Jährige mit den Behörden zusammenarbeiten. Auf der Pressekonferenz erklärte die Polizei, der Tatverdächtige kooperiere mit den Beamten und wolle sich erklären.