Atomwaffen:Was die Bombe stoppt

Atomanlage Iran

Das Atomkraftwerk Buschehr im Süden Irans: Die Anlage ist im Zusammenhang mit dem Vorwurf, Teheran betreibe ein geheimes Kernwaffenprogramm, wiederholt im Blickpunkt internationaler Medien.

(Foto: Abedin Taherkenareh/dpa)

US-Präsident Trump mag glauben, dass seine Holzhammermethode auch in Iran und Nordkorea funktioniert. Doch nur Rüstungskontrolle und Verträge garantieren, dass diese Staaten nicht zu dauerhaften Nuklearmächten werden.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

Iran hat die Welt belogen über die militärischen Ziele seines Atomprogramms. Das ist der Kern der spektakulär inszenierten Präsentation des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu. Er hat völlig recht - allerdings nicht mit der Schlussfolgerung, dass deswegen das Nuklearabkommen hinfällig sei. Das Abkommen wurde ja genau aus diesem Grund geschlossen: Weder US-Präsident Barack Obama noch die Europäer glaubten je den treuherzigen Versicherungen aus Teheran, dass Iran nie an der Bombe gebastelt habe. Auch sie kannten das geheime Nuklearprojekt Amad und General Fakhrizadeh, der es geleitet haben soll.

Die US-Geheimdienste kamen 2007 zur Einschätzung, Iran habe Atomsprengköpfe entwickeln und in ein Waffensystem integrieren wollen. Das Vorhaben sei 2003 gestoppt worden. Allerdings setzte Iran die Urananreicherung fort und forschte weiter für den Bau von Atomwaffen. Europas Geheimdienste sagen, manche Aktivitäten wurden bis 2009 fortgesetzt. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA kam intern zum Schluss, Iran besitze das Wissen, um einen Sprengkopf bauen zu können - Wissen, das laut Netanjahu in einem geheimen Lager bewahrt wird und jederzeit wieder genutzt werden könnte.

All das ist weitgehend bekannt. In den Verhandlungen mit Iran wurde deshalb die Frage gestellt, wie sich verhindern lässt, dass Teheran tatsächlich nach der Bombe greift, so wie es Nordkoreas Diktator Kim Jong-un getan hat. Wenn Iran es versteht, die gewaltige Zerstörungskraft der Kernspaltung zu entfesseln, muss also verhindert werden, dass es das spaltbare Material für eine Bombe produziert - hochangereichertes Uran oder Plutonium. Hier setzt das Abkommen an.

Das Abkommen hat Schwachpunkte, ohne Frage. Der wichtigste ist die begrenzte Laufzeit. Außerdem werden Iran bei den Trägersystemen, also bei ballistischen Raketen, keine Grenzen auferlegt. Und immer schon problematisch war das Zugeständnis der USA, dass Iran bei der IAEA keine vollständige Beichte ablegen musste. Obama half Iran bei der Wahrung des Gesichts. Dafür bekam er einen Deal, der auf absehbare Zeit die atomare Bedrohung durch Iran unter Kontrolle bringt.

Zum Atomabkommen gab es keine Alternativen

Netanjahu sagt, das Abkommen hätte nie geschlossen werden sollen. Doch die Frage muss lauten, welche Alternativen es gab. Selbst Israels Generalstabschef Gadi Eisenkot räumt ein, das Abkommen verzögere Irans Ambitionen um zehn bis 15 Jahre. Das ist nicht die Ewigkeitsgarantie, die Präsident Donald Trump und Netanjahu fordern. Aber auch das US-Militär konnte nicht garantieren, dass etwa ein Angriff auf Irans Atomanlagen das Programm für einen längeren Zeitraum zurückgeworfen hätte. Die schlechteste Variante ist immer noch, den Deal zu kippen und alle Begrenzungen und Kontrollen zu verlieren.

Die Europäer haben den richtigen Weg aufgezeigt: Sie wollen mit Sanktionen darauf reagieren, dass Iran sein Raketenprogramm vorantreibt. Sie wollen Irans aggressivem Vorgehen in der Region stärker entgegentreten. Der Schattenkrieg zwischen Iran und Israel in Syrien droht in einen offenen Konflikt zu eskalieren. Nun sollten die Europäer auf eine unabhängige Untersuchung der israelischen Informationen durch die IAEA dringen. Nur so lässt sich feststellen, ob Iran gegen den Deal verstößt. Nicht mal Trumps Außenminister will das momentan behaupten.

Das Nuklearabkommen und Irans Verpflichtungen gegenüber der IAEA machen Kontrollen möglich. Strikte Kontrollen auch über das Ablaufdatum des Vertrags hinaus sind die beste Garantie, dass Iran nicht heimlich wieder an der Bombe baut. Der Atomwaffensperrvertrag und das Teststopp-Abkommen CTBT, das weder Iran noch Nordkorea ratifiziert haben, bieten die Instrumente, um einem Atomprogramm wirksam Fesseln anzulegen

Es wird also nicht reichen, wenn Trump per Handschlag mit Kim Jong-un vereinbart, dass der seine Bomben oder das ohnehin durch die letzte Explosion zerstörte Testgelände aufgibt. Die Abrüstung Nordkoreas muss detailliert geregelt werden. Sie wird wie der Iran-Deal in einer Abfolge von Schritten vollzogen werden, bei der Kim eine Gegenleistung erhält für jeden Fortschritt bei der Denuklearisierung.

Trump mag glauben, dass er auch Iran mit der Holzhammermethode ein Abkommen nach seinen Vorstellungen abringen kann. Seine Hintersassen mögen hoffen, dass das ihnen zutiefst verhasste Regime in Teheran vor dem 40. Jahrestag der Islamischen Revolution kollabiert, wenn man nur maximalen Druck ausübt.

Das könnte sich aber ebenso als Illusion erweisen wie der Irrglaube von 2003, der Sturz Saddam Husseins im Irak werde die ganze arabische Welt in Demokratien verwandeln. Entschiedene Vertreter dieser kruden These waren übrigens Netanjahu und Trumps Sicherheitsberater John Bolton. Für den Nahen Osten lässt das wenig Gutes erwarten. In Korea übrigens hat Trump noch nichts Greifbares erreicht, außer dass Kim nun behaupten kann, auf Augenhöhe mit Amerika zu verhandeln.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikel hieß es: "Der Atomwaffensperrvertrag und das Teststopp-Abkommen bieten die Instrumente, um einem Atomprogrammen wirksam Fesseln anzulegen. Weder Iran noch Nordkorea haben diese Abkommen ratifiziert." Richtig ist: Iran gehört dem Atomwaffensperrvertrag an, Nordkorea ist 2003 ausgetreten. Beide Staaten haben das Teststopp-Abkommen CTBT nicht ratifiziert.

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